1613/AB XX.GP

 

Beantwortung

der Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Kollegen, .

betreffend die Veränderung der Altersstruktur der österreichi-

schen Bevölkerung, Nr. 1703/J; '

Zu der gegenständlichen Anfrage führe ich folgendes aus:

Zu Frage 1:

Die in der Anfragebegründung zitierte Bevölkerungsprognose des Österreichischen

Statistischen Zentralamtes stellt nur eine aus einer Vielzahl von nationalen und

internationalen Bevölkerungsprognosen dar, die in der jüngeren Vergangenheit

erstellt und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Diese Progno-

sen mögen sich zwar hinsichtlich der getroffenen Annahmen bezüglich der Progno-

separameter Fertilität, Mortalität und insbesondere Migration unterscheiden, es

bleibt aber die Tatsache bestehen, daß nahezu alle Länder Europas, also auch

Österreich, einem mehr oder minder gleich starken demographischen Alterungs-

prozeß - gemessen an der Altenbelastungsquote - unterliegen.

Für den Bestand unseres Sozialsystems und damit auch für die Wahrung des sozia-

len Friedens in unserem Land ist aber nicht, oder nur zum Teil, das demographische

Verhältnis von Jung und Alt - gemessen etwa an der Altenbelastungsquote -, son-

dern die Entwicklung der Volkswirtschaft der entscheidende Faktor. Zentrale Para-

meter der Finanzierung der sozialen Sicherheit wie Erwerbsquote, Arbeitslosigkeit,

Pensionsniveau, Pensionsantrittsalter und vor allem die Faktoren Produktivitäts- und

Einkommensentwicklung sowie das Wirtschaftswachstum können seriöserweise

langfristig nicht vorhergesagt werden. Die bisher durchgeführten Reformmaßnah-

men mit nachhaltigen Effekten werden ebenso wie die bestehenden politischen

Gestaltungsspieläume in der Diskussion vernachlässigt.

Die zentrale Aufgabe für die Politik besteht daher darin, sicherzustellen, daß - wie in

der Vergangenheit - auch in der Zukunft Wachstum, Beschäftigung und Wettbe-

werbsfähigkeit gewährleistet sind.

Die Bundesregierung hat sich darüber hinaus zum Ziel gesetzt, das effektive Pensi-

onsantrittsalter an das gesetzliche anzunähern. Maßnahmen, um dieses Ziel zu

erreichen, wie aber auch eine Vielzahl anderer Maßnahmen zur Sicherstellung der

Finanzierung der Pensionen finden sich bereits in der 51. Novelle zum ASVG und in

den Strukturanpassungsgesetzen 1995 und 1996. Besonders hervorzuheben ist

dabei die sehr langfristig wirksame Einführung der Nettoanpassung. Allerdings muß

die Frage des Pensionsantrittsalters auch vor dem Hintergrund der Situation auf dem

Arbeitsmarkt (z.B. Jugendarbeitslosigkeit) und im Zusammenhang mit der Beschäfti-

gungspolitik gesehen werden. Längerfristig müssen auch neue Modelle einer flexi-

bleren Gestaltung der Lebensarbeitszeit ausgearbeitet werden.

Zu Frage 2:

Das Problem der zukünftigen Finanzierbarkeit der Sozialversicherung wird keines-

wegs vor sich hergeschoben. Da wir in einer dynamischen Gesellschaft leben und

somit die Rahmenbedingungen für das Pensionssystem einem permanenten Wandel

unterzogen sind, führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales immer wieder

Studien über die Finanzierung der Pensionsversicherung durch beziehungsweise

gibt solche in Auftrag. So wurde beispielsweise ein Angebot des Ludwig Boltzmann

Instituts für Wachstumsforschung, eine aktuelle tiefgreifende Studie über die länger-

fristigen Aspekte der Finanzierung des Pensionssystems zu erstellen, aufgegriffen

und entsprechende Forschungsaufträge vergeben: Dabei sollen unter besonderer

Berücksichtigung der engen lnterdependenzen zwischen der Pensionsversicherung

und dem Arbeitsmarkt Handlungsspielräume und -optionen aufgezeigt und bezüglich

ihrer Vor- und Nachteile finanziell bewertet werden. Die Ergebnisse dieser Studie

sollen im Laufe dieses Jahres vorliegen.

Gerade in Zeiten eines rapide vor sich gehenden wirtschaftlichen und gesellschaftli-

chen Umbruches ist es notwendig, auch andere Möglichkeiten zu diskutieren. Im

Weißbuch der Europäischen Union über "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und

Beschäftigung" wurde daher unter anderem das Thema behandelt, wie diese Ziele

nachhaltig erreicht werden sollen, ohne gleichzeitig die Finanzierung des Sozialstaa-

tes in Frage zu stellen.

Obwohl die Diskussion darüber erst am Beginn steht und auch im internationalen

Kontext betrachtet werden muß, wird es in Hinkunft vermehrt notwendig sein, alter-

native Finanzierungskonzepte wie etwa Ökosteuern zu diskutieren und auf ihre Vor-

und Nachteile hin zu untersuchen. Dies nicht nur vor dem Hintergrund der Finanzie-

rung des Pensionssystems, sondern aus aktuellen Bezügen auch Vor dem Hinter-

grund der Lohnnebenkostendiskussion.

Auch in Zukunft wird die Pensionsversicherung durch maßvolle Adaptierungsschritte

an die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung anzupassen sein. Der große

Vorteil unseres Systems ist die Flexibilität der Bestimmungen, die eine fließende

Anpassung ermöglicht.

Zu Frage 3:

Nein, nicht im Zusammenhang mit der Finanzierung der gesetzlichen Pensionsversi-

cherung. Denn keine Lösung zur langfristigen Sicherung der Pensionsfinanzierung

ist der (insbesondere von der Privatversicherung geforderte) Umstieg auf ein Mehr-

säulenmodell mit wesentlicher Abdeckung durch ein Kapitaldeckungsverfahren. Zum

einen sind kapitalgedeckte Pensionssysteme, wie jüngste Studien zeigen, genauso

wenig demographieresistent wie ein Umlagesystem, da auch die Zinsentwicklung

von den demographischen Verhältnissen mitbeeinflußt wird, zum anderen würde bei

einem derartigen Umstieg eine Generation doppelt betroffen.

Gegen eine verstärkte Eigenvorsorge für die Zeit nach der Erwerbsphase in Ergän-

zung zum System der gesetzlichen Pensionsversicherung habe ich nichts einzuwen-

den, sie setzt allerdings entsprechende finanzielle Mittel der betroffenen Personen

voraus.

Zu Frage 4:

Von der im Jahr 1993 verbesserten Anrechnung der Kindererziehungszeiten in der

Pensionsversicherung, die einerseits für viele Frauen durch das Schließen von Ver-

sicherungslücken überhaupt erst zum Erreichen eines Pensionsanspruchs führt und

andererseits die Höhe der Frauenpensionen positiv beeinflußt, profitieren vor allem

auch Mehrkindfamilien. Maßnahmen, die hauptsächlich familienpolitischen Zielen

dienen, betreffen jedoch primär den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für

Umwelt, Jugend und Familie.

Zu Frage 5:

Die beiden größten Hindernisse, die sich bei der Wiederaufnahme einer Berufstätig-

keit nach der Geburt eines Kindes für Frauen ergeben, sind die Betreuung des

Kindes und das Qualifikationsniveau der Berufsrückkehrerin. Das Qualifikations-

niveau ist vor allem dann relevant, wenn die Mutter nicht unmittelbar nach der

Geburt des Kindes, sondern geraume Zeit später in den Beruf zurückkehren will, und

die Qualifikation nicht mehr den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes angepaßt ist.

Zu den Maßnahmen, die 1996 gesetzt wurden, um das Qualifikationsniveau zu

heben, zählen:

* Ausbildungsangebote in Kursform (z.B. im kaufmännischen und Sekretariatsbe-

reich, Tagesmutterausbildung, Vorbereitung auf die Lehrabschlußprüfung)

* Förderung der betrieblichen Lehrausbildung

* Entwicklung neuer Ausbildungsmöglichkeiten (z.B. Vorbereitung einer Ausbildung

im Bereich Telearbeit, in Gesundheits- und Sozialberufen)

* Ausbau von Beschäftigungsprojekten

Des weiteren wurden 1996 Maßnahmen gesetzt, die der allgemeinen Orientierung in

der Berufs- und Arbeitswelt dienen. Es sind dies:

* Berufsorientierungskurse

* Aktivgruppen und Unterstützung bei der Bewerbung

* Förderung der betrieblichen Eingliederung

* Förderung von stiftungsähnlichen Maßnahmen

* Unterstützung von Wiedereinsteigerinnen, die sich selbständig machen wollen

* Ausbau von arbeitsmarktpolitischen Beratungsstellen für Frauen mit Schwerpunkt

Wiedereinstieg.

Zum oben erwähnten Hindernis des Wiedereinstiegs aufgrund von Kinderbetreu-

ungspflichten sei generell angemerkt, daß die Schaffung von Einrichtungen zur Kin-

derbetreuung Aufgabe der Länder und nicht des Bundes ist. Dennoch trachtet mein

Ressort aus arbeitsmarktpolitischen Gründen danach, Versorgungslücken zu schlie-

ßen. Dies geschieht sowohl mit Hilfe von Kinderbetreuungsbeihilfen als auch durch

Förderungsmaßnahmen für Kinderbetreuungseinrichtungen.

Die Kinderbetreuungsbeihilfe wurde 1995 in knapp 8.700 Fällen gewährt, gegenüber

dem Vorjahr stieg die Zahl der Förderfälle um 150%. Ca. 20% der Förderfälle bei der

Aktion 8000 entfielen auf den Bereich der Kinderbetreuung (das sind rund 800 För-

derfälle). Darüber hinaus wurden 130 Betreuungskräfte im Rahmen von arbeits-

marktpolitischen Beratungs- und Betreuungseinrichtungen gefördert. 1995 wurden

weiters 25 arbeitsmarktpolitische Beratungsstellen für Frauen mitfinanziert.


 

Zu den informationsunterstützenden Maßnahmen zählen unter anderem:

* die Broschüre "Zurück in den Beruf" mit lnformationen für Wiedereinsteigerinnen

über die Unterstützungsmöglichkeiten des Arbeitsmarktservice

* der Folder "Kinderbetreuungsbeihilfe" und

* die Verteilung des dazugehörenden Plakats "Kinderbetreuungsbeihilfe".

Weiters ist die Vom Ausbildungs- und Beschäftigungszentrum Meidling entwickelte

Wanderausstellung "Berufswege von Frauen" im Einsatz. Durch die beispielhafte

Darstellung von Lebensbiographien, strukturellen Problemlagen und Lösungsvor-

schlägen soll die Auseinandersetzung mit dem Thema Wiedereinstieg von Frauen in

den Beruf in der Öffentlichkeit gefördert werden.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist die Wiedereingliederung von Frauen nach der Geburt

eines Kindes bereits gesichert. So ist der Arbeitgeber nach der eindeutigen höchst-

gerichtlichen Judikatur nach dem Ende des Karenzurlaubes verpflichtet, die Arbeit-

nehmerin in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie seinerzeit

vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war. Die Art der

Tätigkeit ist in der vom Arbeitgeber auszuhändigen schriftlichen Aufzeichnung über

die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag anzuführen. Darüber

hinaus besteht bis zum Ablauf von vier Wochen nach Beendigung des Karenzurlau-

bes der Kündigungs- und Entlassungsschutz nach den §§ 1O und 12 des Mutter-

schutzgesetzes.