1684/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Schuster und Kollegen haben am
13. Dezember 1996 unter der Nr. 1708/J an meine Amtsvorgängerin
eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
Vorsorgeuntersuchungen gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
"1. Im Arbeitsübereinkommen der Bundesregierung vom 11. März
1996 wurde vereinbart, daß die Bundesregierung und die
Sozialversicherungsträger verstärktes Augenmerk auf
Gesundheitsförderungs- und Vorsorgeprogramme legen soll.
Was haben Sie seit Unterzeichnung des Koalitionsabkommens
unternommen, um Gesundheitsförderungs- und
Vorsorgeprogramme zu schaffen bzw. zu fördern?
2. Wie erklären Sie sich die geringe Teilnahme (8%) der
Bevölkerung an den Gesundheitsvorsorgeprogrammen?
3. Was werden Sie gegen die Ursachen dieser geringen
Beteiligung unternehmen?
4. Wie stehen Sie zum Diskussionsvorsschlag einer
verpflichtenden und regelmäßigen Vorsorgeuntersuchung?
5. Unter welchen Voraussetzungen konnten Sie sich eine
verpflichtende Vorsorgeuntersuchung
vorstellen?
6. Was wären die jährlichen Kosten einer verpflichtenden
Vorsorgeuntersuchung?
7. Wie beurteilen Sie den volkswirtschaftlichen Nutzen, der
aus einer solchen Maßnahme entspringen könnte?
8. Ab welchem Zeitpunkt würde sich eine verpflichtende und
somit flächendeckende Vorsorge auf die Kosten im
Gesundheitsbereich positiv auswirken?
9. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Bevölkerung zu
motivieren, die Vorsorgeuntersuchung in Anspruch zu
nehmen?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Das Gesundheitsressort hat bereits seit mehreren Jahren
Aktivitäten zur Intensivierung der Gesundheitsförderung
gesetzt, die fortgeführt werden.
Seit März 1996 wurden folgende Maßnahmen vorgenommen: für die
wichtige Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen konnte die
Pilotphase des "Österreichischen Netzwerks
gesundheitsfördernder Schulen" erfolgreich abgeschlossen
werden. Im Herbst 1996 startete der Transfer dieses
international anerkannten Konzepts in die Bundesländer. Zur
betrieblichen Gesundheitsförderung wurde - gemäß den Vorgaben
der Europäischen Union im Aktionsprogramm Gesundheitsförderung
- eine Kontaktstelle in Österreich eingerichtet, die im Oktober
1996 ihre Arbeit aufgenommen hat. Im Ernährungsbereich wird
derzeit die Möglichkeit zur Verbesserung der
Gemeinschaftsverpflegung in Betrieben erprobt. Weiters konnte
ein "Österreichisches Netzwerk gesundheitsfördernder
Krankenhäuser" eingerichtet werden.
Diese Strukturentwicklung folgt den Vorgaben der Europäischen
Union und der Weltgesundheitsorganisation. Sie ist eine
notwendige Grundlage für die künftige nachhaltige Arbeit zur
Gesundheitsförderung in
Österreich.
Weiters hat das Gesundheitsressort im Jahr 1996 die Arbeit im
Rahmen der EU-Aktionsprogramme "Gesundheitsförderung“, „Krebs"
und "AIDS" aufgenommen sowie mit Vorarbeiten zum
" Drogen " -Programm der EU begonnen .
Auch auf dem Gebiet der "Vorsorgeuntersuchungen", d.h. des
Screenings auf Krankheiten in einem möglichst frühen Stadium,
wurde eine grundlegend neue Vorgangsweise im Bereiche der
Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen erprobt . Eine multidisziplinare
Arbeitsgruppe des Obersten Sanitätsrates prüft die sowohl schon
im Mutter-Kind-Programm vorgesehenen Untersuchungen als auch
von Fachgesellschaften vorgeschlagene zusätzliche
Untersuchungen auf ihre Effizienz. Um einen rationellen Einsatz
der Ressourcen sicherzustellen, wurde für die neuen
Untersuchungen bereits eine Prioritätenliste erstellt.
Zu Frage 2:
Es gibt wahrscheinlich mehrere Gründe dafür, daß
Vorsorgeuntersuchungen nicht in einem höheren Ausmaß in
Anspruch genommen werden. Zum einen besteht für Österreich eine
gute gesundheitliche Grundversorgung der Bevölkerung. 80% der
Personen im Alter von 15 bis 74 Jahren suchen mindestens einmal
pro Jahr einen Arzt auf (Mikrozensus 1991) . Die Zielpopulation
von Vorsorgeuntersuchungen ist jene Personengruppe, die sich
als gesund einstuft. Wie Forschungsergebnisse zeigen, ist diese
Personengruppe - eben gerade wegen der für sie oft nicht
erkennbaren Symptome - nur gering motiviert, einen Arzt
aufzusuchen bzw. sich einer Vorsorgeuntersuchung zu
unterziehen .
Zu den Fragen 3 und 9:
Maßnahmen, die eine höhere Beteiligung an der
Vorsorgeuntersuchung zum Ziel haben, müssen mit den regionalen
Angeboten abgestimmt werden. Solche Maßnahmen wurden und werden
von den Bundesländern gesetzt. Die Beteiligung an der
Vorsorgeuntersuchung zeigt in letzten Jahren auch bereits einen
stetig steigenden Trend.
Darüber hinaus werden die Bemühungen zur Evaluierung der
Untersuchungsprogramme verstärkt werden, da nur vom Nutzen
einer Untersuchung überzeugte Ärzte eine erfolgreiche
Motivationsarbeit leisten können.
Zu den Fragen 4 und 5:
Vorsorgemedizinische Maßnahmen entstehen auch in engem
Zusammenhang mit der persönlichen Einstellung jedes Menschen zu
seiner eigenen Gesundheit und dem Ziel, im persönlichen
Verhalten (Lebensstil, Ernährungs- und Trinkgewohnheiten, etc. )
darauf Bedacht zu nehmen, das Gut der eigenen Gesundheit nicht
unnötigen Risiken auszusetzen. Die Teilnahme an
Vorsorgeuntersuchungen ist daher eine Frage des persönlichen
Entschlusses eines jeden Menschen.
Ich glaube nicht, daß die Verpflichtung zur Teilnahme, etwa
durch Rechtsvorschriften, tatsächlich ein geeigneter Weg ist,
im Zusammenhang mit der Einstellung jedes einzelnen zu seiner
Gesundheit eine nachhaltige positive Einstellung zu erwirken.
Dies kann vielmehr nur durch ständige Überzeugungsarbeit, die
insbesondere auch seitens der Medizin kommen muß, geschehen.
Ist diese Überzeugung jedoch erst einmal gegeben, bedarf es
keiner weiteren Pflichten, um Menschen dazu zu bewegen, vom
Angebot der Vorsorgemedizin Gebrauch zu
machen.
Zu Frage 6:
Die jährlichen Kosten einer verpflichtenden
Vorsorgeuntersuchung werden mit rund 6, 7 Milliarden Schilling,
die Folgekosten mit rund 9, 7 Milliarden Schilling geschätzt.
Zu den Frage 7 und 8:
Zu bedenken ist, daß Screenings Diagnoseverfahren zum möglichst
frühen Erkennen von Krankheiten sind. Der eigentliche Nutzen
erwächst erst aus den Maßnahmen die zur Abwehr dieser
Krankheiten ergriffen werden.
Auf die oft negative Auswirkung gesetzlicher Verpflichtung auf
die Motivation wurde bereits in der Antwort zu den Fragen 4 und
5 eingegangen.
Wichtig für das weitere Vorgehen erscheint mir neben einer
sorgfältigen Evaluierung der vielfältigen angebotenen
Vorsorgeuntersuchungen auch eine verstärkte Zuwendung zu einer
nachhaltigen primärpräventiven und gesundheitsförderlichen
Intervention, der auch international verstärkte Bedeutung
zugemessen wird .