1687/AB XX.GP

 

Beantwortung

der Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Partner und

Partnerinnen, betreffend die Praxis für die Vergabe von Werk-

verträgen und freien Dienstverträgen im ressortinternen

Bereich sowie im Bereich der dem Ressort nachgeordneten

Dienststellen, Nr. 1657/J;

Zu diesen Fragen führe ich folgendes aus:

Zu den Fragen 1 bis 4:

Die maßgeblichen Bestimmungen (das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr.

201/96, das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996, BGBl.Nr. 411/96 beziehungsweise

BGBl.Nr. 600/96) sind mit 1. Juli 1996, zum Teil erst später, in Kraft getreten. Da auf

Verträge, die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, diese gesetzlichen

Bestimmungen nicht anzuwenden waren, wurden die in § 4 Abs. 4 und 5 ASVG

angeführten Kriterien nicht erhoben. Mir stehen daher keine Informationen zur Ver-

fügung, ob etwa die damaligen Vertragspartner auch mit Bundesdienststellen außer-

halb meines Ressort Verträge abgeschlossen haben, ob die Betroffenen wirtschaft-

lich unselbständig waren oder ob sie aufgrund dieser Tätigkeit einer Versiche-

rungspflicht nach anderen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen unterla-

gen. Da diese Angaben aber für die Ermittlung einer fiktiven Versicherungspflicht

erforderlich sind, ist mir eine Beantwortung der Fragen 1 bis 4 nicht möglich.

Zu Frage 5:

Einleitend wird festgestellt, daß der Begriff Ressort die Zentralstelle und die nachge-

ordneten Dienststellen umfaßt, die selbständigen Rechtsträger (die Sozialversiche-

rungsträger und das Arbeitsmarktservice) jedoch keine nachgeordneten Dienststel-

len sind und somit deren Vertragsabschlüsse in die Beantwortung nicht einbezogen

werden. Vom 1. Juli 1996 bis zum Stichtag 1. Jänner 1997 wurden gemäß § 4 Abs. 4

und 5 ASVG drei sozialversicherungspflichtige Verträge mit einem Auftragsvolumen

von insgesamt 1 689 246,40 Schilling abgeschlossen.

Zu Frage 6:

Die der Sozialversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 und 5 ASVG unterliegenden

Verträge wurden alle mit privaten Auftragnehmern mit Wohnsitz in Österreich abge-

schlossen.

Aufträge an juristische Personen, Angehörige freier Berufe sowie an Inhaber von

Gewerbeberechtigungen fallen nicht unter die Legaldefinition des § 4 Abs. 4 und 5

ASVG.

Zu Frage 7:

Für Verträge gemäß § 5 Abs. 4 und 5 ASVG wird es frühestens ab 1. Jänner 1998

eigene Budgetansätze geben.

Zu Frage 8:

Weder besteht eine Absicht, anstelle der Vergabe von Werkverträgen oder freien

Dienstverträgen künftig auf andere Beschäftigungsverhältnisse beziehungsweise mit

Auftragsvergaben ins Ausland auszuweichen, noch besteht eine diesbezügliche

Weisung oder Richtlinie.

Zu Frage 9:

Das Arbeitsmarktservice hat für den Bereich des Arbeitsmarktservice mit 4. Novem-

ber 1996 eine "Richtlinie über den Abschluß von Werkverträgen" in Kraft gesetzt.

Bundesminister a.D. Hums wurde über die Erlassung diese Richtlinie nicht informiert.

Dazu ist festzustellen, daß die Erlassung derartiger Richtlinien alleine dem Arbeits-

marktservice obliegt, ohne daß eine Einschaltung des jeweiligen Bundesministers

erforderlich wäre.

Zu Frage 10:

Mit dem Arbeitsmarktservicegesetz wurde das Arbeitsmarktservice als öffentliche

Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit geschaffen. Mit ein Grund für die Aus-

gliederung der ehemaligen Arbeitsmarktverwaltung aus der Bundesverwaltung war

es, dem Arbeitsmarktservice die Möglichkeit zu geben, weitestmöglich außerhalb

bürokratischer Strukturen und mit Methoden privatwirtschaftlichen Managements

seine Aufgaben zu erfüllen. Ein wichtiges Element dessen ist, den Zukauf von Sach-

und Dienstleistungen weitgehend selbständig zu gestalten. Ebenso zählen die Ver-


 

gabe von Aufträgen sowie die Konzeption von Vertragsmodalitäten zur unmittelbaren

Managementfunktion der verantwortlichen Organe des Arbeitsmarktservice.

Mir als Bundesministerin kommt eine Aufsichtsfunktion gegenüber dem Arbeits-

marktservice zu. Aus diesem Titel sind allerdings Eingriffe in die Gebarung des

Arbeitsmarktservice nur möglich, wenn Gesetze verletzt oder arbeitsmarktpolitische

Vorgaben nicht eingehalten werden. Eine solche Gesetzesverletzung liegt aber nach

meinem Wissenstand nicht vor.

Zu Frage 11:

Die Einbeziehung der im Rahmen eines freien Dienstvertrages tätigen Personen und

der dienstnehmerähnlich Beschäftigten in die Pflichtversicherung nach dem Allge-

meinen Sozialversicherungsgesetz ist als eine 'der Maßnahmen zur Verhinderung

der Umgehung der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung zu verstehen. Sie

war aus sozialversicherungspolitischer Sicht notwendig, da immer häufiger zivilrecht-

liche Gestaltungsmöglichkeiten ausgenutzt wurden, um die Versicherungspflicht zum

Nachteil der betroffenen Dienstnehmer und der Versichertengemeinschaft zu umge-

hen. Bekanntlich werden aufgrund der angespannten Arbeitsmarktsituation vielen

Dienstnehmern nur freie Dienstverträge angeboten. Die Einbeziehung erfolgte daher

zum Schutz der Solidargemeinschaft der Versicherten und des einzelnen sowie um

der Sozialversicherung eine breitere Finanzierungsbasis zu gewährleisten. Insbe-

sondere sollte damit verhindert werden, daß ein wirtschaftlich starker Auftraggeber

(Dienstgeber) Druck auf einen wirtschaftlich schwachen Auftragnehmer (Dienst-

nehmer) ausübt, und so kein Dienstverhältnis begründet wird mit dem Ziel, keine

Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.

Lücken im Sozialversicherungsrecht zu schließen liegt letztlich auch im Sinne der

Betriebe. Denn diejenigen Unternehmen, die ihre Arbeiten bislang über "unechte"

Werkverträge vergeben hatten, verschafften sich gegenüber jenen, die ihre Mitarbei-

ter korrekt als unselbständig Beschäftigte anmeldeten, erhebliche Kosten- und Wett-

bewerbsvorteile.

Beseitigt wurden auch "Gestaltungsmöglichkeiten" im Pensionsbereich: Nicht wenige

Betriebe legten Mitarbeitern, die ihre "besten" 15 Jahre für die Pensionshöhe schon

beisammen hatten, nahe, weiterhin knapp über der Geringfügigkeitsgrenze von

S 3.740,-- (Wert 1997) monatlich angestellt zu bleiben, den großen "Rest" ihrer

Arbeitsleistung jedoch über einen freien Dienstvertrag abgelten zu lassen. Damit war

die hohe Pension gesichert, die Beiträge im Sinne der Betriebe auf ein Minimum

reduziert. Auch dies ist seit dem 1 . Juli 1996 nicht mehr möglich.

Aufgrund der Differenziertheit der Problemstellung kann es sich jedoch nur um eine

erste Maßnahme handeln, der weitere Überlegungen folgen müssen. Daher hat der

Nationalrat in einer Entschließung vom 2. Oktober 1996 die Bundesregierung

ersucht, unter Einbeziehung von Sozialpartnern und Experten im Rahmen einer

Arbeitsgruppe die Weiterentwicklung des österreichischen Sozialversicherungs-

systems mit dem Ziel einer breiten und fairen Einbeziehung einer möglichst großen

Bandbreite von Erwerbseinkommen von einer gewissen Mindesthöhe bis zur

Höchstbeitragsgrundlage sowie einer einheitlichen Sozialversicherung bis Ende

1997 zu erarbeiten.

Die zentralen Ideen der österreichischen Sozialversicherung, insbesondere die

Prinzipien der Pflichtversicherung sowie die Anknüpfung an die Erwerbstätigkeit,

müssen auch bei neuen Lösungsansätzen unverzichtbare Richtschnur der Überle-

gungen sein.