1814/AB XX.GP

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr.

1739/J betreffend Ministerkonferenz der WTO in Singapur vom 09.

bis zum 13. Dezember 1996, welche die Abgeordneten Ing. Nußbaumer

und Kollegen am 14. Jänner 1997 an mich richteten und aus Gründen

der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich

fest:

Die Ministerkonferenz, die das oberste Organ der WTO ist, hat

sich in Singapur vor allem eine verbesserte Umsetzung der uru-

guay-Runden-Ergebnisse sowie die Konsolidierung und die Ausarbei-

tung eines Arbeitsprogramms für die nächsten zwei Jahre zum Ziel

gesetzt. Darüber hinaus wurden die Entwicklung des Welthandels

und die damit einhergehenden rezenten Herausforderungen thema-

tisiert. ,'Wegweisende Ergebnisse" (siehe zweiter Absatz der An-

frage) waren bei dieser Ministerkonferenz nicht zu erwarten, und

zwar aus folgenden Gründen:

Das Welthandelssystem hat sich sukzessive weiter entwickelt. Seit

den 5Oer Jahren haben in regelmäßigen Abständen, die jedoch zu-

mindest ein Jahrzehnt betrugen, Zollabbaurunden stattgefunden.

Die Zeit zwischen den einzelnen Liberalisierungen wurde in der

Regel zur Umsetzung und Konsolidierung der erreichten Ergebnisse

genutzt. Desweiteren wurden die weltwirtschaftlichen Entwick-

lungen beobachtet, um Aufschlüsse für künftige Anpassungen des

multilateralen Systems zu erhalten. Die letzte Liberalisierungs-

runde ( sog. ,'Uruguay-Runde', ) , die 1994 abgeschlossen wurde,

brachte besonders weitreichende, über den Zollabbau hinausgehende

Ergebnisse. So wurde beispielsweise erstmals der Dienstleistungs-

handel und der Schutz geistiger Eigentumsrechte vom multilatera-

len Welthandelssystem erfaßt und das Streitschlichtungssystem

wesentlich gestärkt .

Es konnten daher von der ersten Ministerkonferenz unmittelbar

nach einer so bedeutenden Weiterentwicklung des multilateralen

Welthandelssystems nicht neue Liberalisierungsschritte erwartet

werden. Vielmehr war das Augenmerk auf die Festigung und lücken-

lose Durchsetzung der neuen Regelungen zu legen. Darin besteht

die Hauptaufgabe der im Zweijahresrhytmus stattfindenden Mini-

sterkonferenzen, bevor sich auf Grundlage der Funktionstüchtig-

keit des Systems der allgemeine Wille zu einer neuen Liberali-

sierungsrunde entwickeln kann. In dieser wichtigen Hinsicht hat

die Ministerkonferenz ihre Aufgabe erfüllt und ist - auch wenn es

in einzelnen noch nicht ausverhandelten Bereichen nicht zu den

gewünschten Ergebnissen gekommen ist - als Erfolg anzusehen.

Darüber hinaus wurden bereits wichtige Impulse für die künftige

Entwicklung des Systems gegeben, indem etwa für die Bereiche

"Handel und Investitionen,' sowie ',Handel und Wettbewerb" eigene

Arbeitsgruppen eingesetzt wurden.

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

Die in Marrakesch angenommenen Verpflichtungslisten enthalten

einen festgelegten Abbauplan für Zölle. So wird innerhalb von 5

Jahren im industriell-gewerblichen Bereich eine durchschnittliche

Zollsenkung von mehr als 33 % erfolgen. Im Landwirtschaftsbereich

ist ein 6jähriger Zeitplan mit einer durchschnittlichen Zollsen-

kung um 36 %, aber eine Mindestsenkung pro Zolltariflinie um 15 %

vorgesehen. Darüber hinaus wurden für eine Reihe von Bereichen

( z . B . : Pharmazeutika, Papier und Pappe, landwirtschaftliche Gerä-

te, Baumaschinen, Stahl und Spielzeug) Nullzollvereinbarungen,

d.h. schrittweise Beseitigung der Zölle bis zum Jahr 2000, abge-

schlossen. Ferner hat sich Österreich an der Harmonisierung der

Zölle für chemische Produkte beteiligt.

Ein für die europäische Industrie als Erfolg zu wertendes Ergeb-

nis der ersten Ministerkonferenz ist die völlige Beseitigung der

Zölle im Informationstechnologiebereich. Das Informationstechno-

logieabkommen (ITA) soll mit 1. Juli 1997 in Kraft treten. In

Singapur haben 28 Staaten das ITA unterzeichnet, womit 86 % des

Welthandels erfaßt sind. Derzeit finden noch Nachverhandlungen

statt, die inbesondere darauf abzielen, noch einen weiteren Mit-

gliederkreis zur Teilnahme zu bewegen, sodaß zumindest 90 % des

Welthandels davon erfaßt werden.

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

Derzeit umfaßt die WTO 129 Staaten. Mit weiteren 31 Staaten,

darunter so bedeutenden Wirtschaftsmächten wie China und Rußland,

wird derzeit über einen Beitritt zur WTO verhandelt. Österreich

tritt im Sinne der Universalität für die Aufnahme möglichst vie-

ler Länder in die WTO ein. Es muß jedoch bei den Beitrittsver-

handlungen sichergestellt werden, daß sich die neuen WTO-Mit-

gliedstaaten voll und ganz dem Regelwerk der WTO unterwerfen.

Bei der Ministerkonferenz in Singapur selbst wurden, abgesehen

von einer ausdrücklichen Erklärung der Minister hinsichtlich der

Bedeutung des Beitrittes möglichst vieler Länder, keine konkreten

Beitrittsverhandlungen geführt .

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

Die Auswirkungen von WTO-Beitritten auf die Beschäftigung der

österreichischen Industrie sind nicht quantifizierbar. Festzuhal-

ten ist jedoch, daß die Tendenz von Beschäftigungsverlusten in

Sektoren mit geringer Wertschöpfung ein allgemeines Phänomen

darstellt und in keiner Weise mit dem Beitritt neuer Staaten zur

WTO zusammenhängt. Durch den Auftritt neuer Wettbewerber und die

Bewegungsfreiheit des Kapitals hat sich der Druck auf die Be-

schäftigungssituation in den Industrieländern allgemein erhöht.

Die Behandlung von Importen aus Nicht-WTO-Mitgliedstaaten in der

EU unterscheidet sich hinsichtlich des Zollniveaus nicht von der

Behandlung von Importen aus WTO-Mitgliedstaaten. Der Beitritt

neuer Staaten zur WTO ist aus diesem Grund eher unter dem Ge-

sichtspunkt der Erhöhung der Exportchancen zu sehen, die sich

durch deren Einbindung in ein auf verbindlichen und durchsetzba-

ren Regeln beruhendes WTO-System ergeben.

Eine Öffnung neuer Märkte für Exporte bietet für ein stark ex-

portorientiertes Land wie Österreich neue Chancen für wirtschaft-

liches Wachstum und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen, sodaß

möglichen Arbeitsplatzverlusten durch erhöhten internationalen

Wettbewerbsdruck bedeutende neue Beschäftigungsimpulse gegenüber-

stehen. Weiters ist zu beachten, daß sogar die Auslagerung ein-

zelner Fertigungsschritte in Länder mit niedrigeren Produktions-

kosten den Weiterbestand und die Wettbewerbsfähigkeit vieler

Unternehmen und damit dazu beitragen kann - andernfalls gefähr-

dete - Arbeitsplätze zu sichern.

Durch die Einbindung neuer Staaten mit geringeren Arbeits-, Um-

welt- und Menschenrechtsstandards in das multilaterale System

wird außerdem gewährleistet, daß auf diese Staaten - auch wenn

außer den traditionellen Ausgleichs- und Antidumpingmaßnahmen

derzeit keine zusätzlichen Sanktionsmechanismen zur Verfügung

stehen, um die Verletzung von Wettbewerbsstandards zu ahnden -

indirekt moralischer Druck ausgeübt werden kann. Die negativen

Auswirkungen der Globalisierung haben überdies zu einer allgemei-

nen Sensibilisierung in der WTO geführt, sodaß die Untersuchung

solcher nachteiliger Folgen und die Entwicklung von Gegenstrate-

gien bereits zu wichtigen Fragen in den zuständigen WTO-Gremien

geworden sind .

Weiters kann davon ausgegangen werden, daß durch zunehmenden

Handel der Wohlstand und damit auch der Druck auf die Verantwort-

lichen in den Staaten mit geringeren Arbeits-, Umwelt- und Men-

schenrechtsstandards steigt, diese nach oben anzupassen.

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

Mit Standortverlagerungen ist in all jenen Produktionsbereichen

zu rechnen, deren Produkte arbeits- und nicht know-how-intensiv

von wenig ausgebildeten Arbeitskräften hergestellt werden und die

international handelbar sind. Die gegenwärtige Arbeitsmarktsitua-

tion, in der etwa 80% der Beschäftigungslosen lediglich über

Pflichtschulabschluß oder Lehre verfügen, unterstreicht dies. Mit

Standortverlagerungen nützen diese Unternehmen die Chance, am

Weltmarkt weiterhin kompetitiv zu bleiben und sichern damit ihre

zumeist höherwertige Produktion im Inland ab, vermeiden also eine

Unternehmensschließung. Mit einer Akzentuierung der Problematik

ist nach Ansicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Ange-

legenheiten nicht zu rechnen, da der aufgestaute Reallokations-

schub bei den Produktionsstätten bereits stattgefunden haben

dürfte. Vielmehr ist in manchen, v.a. höherwertigen Bereichen

bereits eine Rückwanderung von Produktionen nach Österreich zu

beobachten. Dies nicht nur aufgrund der Produktivität, sondern

insbesondere wegen der hohen qualitativen Anforderungen bei der

Herstellung der Produkte. Allerdings werden immer wieder Produk-

tionszweige veralten oder ins Ausland abwandern, wodurch Arbeits-

plätze verloren gehen. Die österreichische Wirtschaftspolitik ist

demgegenüber darauf ausgerichtet, Arbeitsplätze nicht durch Lohn-

senkungen, sondern durch ein ansprechendes Umfeld für technolo-

gisch hochwertige und damit hochproduktive Beschäftigung zu er-

möglichen und bemüht sich weiters um eine positive Veränderung

der allgemeinen Rahmenbedingungen ( Flexibilisierung der Arbeits-

zeit, Dauer von Genehmigungsverfahren usw. ) .

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Wie bereits ausgeführt, wurde bei dieser ersten Ministerkonferenz

vor allem der Verbesserung der Umsetzung einzelner WTO-Abkommen

durch die Mitglieder verstärktes Augenmerk geschenkt. Dies gilt

auch für die Abkommen betreffend technische Handelshemmnisse,

sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen und Importlizenzverfahren.

Durch die vollständige Umsetzung der dort vorgesehenen Verpflich-

tungen durch alle WTO-Mitglieder sind wesentliche Verbesserungen

des Marktzugangs und der Transparenz zu erwarten.

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Das Arbeitsprogramm für die Dienstleistungen ( DL ) leitet sich aus

den beim Abschluß der GATT-Uruguay-Runde bzw. bei der Minister-

konferenz in Marrakesch im April 1994 erstellten Vorgaben ab. In

Singapur erfolgte eine Bestätigung der Arbeitsvorgaben für die in

der Uruguay-Runde ( UR ) unerledigt gebliebenen Sachgebiete . Insbe-

sondere sprachen sich die Minister in Singapur für den terminge-

rechten Abschluß der Verhandlungen im Bereich der Fernmeldegrund-

dienste bis 15.2.1997 aus und traten dafür ein, die Verhandlungen

über die Liberalisierung der Finanzdienstleistungen im April 1997

wieder aufzunehmen .

Ferner wurde - insbesondere auf Wunsch der USA - eine Beschleuni-

gung der Arbeiten über begleitende Maßnahmen zur Liberalisierung

des Wirtschaftstreuhandwesens eingefordert. Der Entwicklung von

Disziplinen und Richtlinien hinsichtlich der von Ausländern im

Gastland zu erfüllenden Qualifikations- und Lizenzierungserfor-

dernisse sowie die Entwicklung von technischen Normen zur Unter-

stützung der Marktzugangsliberalisierung dieses für die interna-

tionale Wirtschaft wichtigen Berufsstandes wurde hohe Priorität

eingeräumt. Die Arbeiten sollen nach Möglichkeit bis Ende 1997

abgeschlossen werden .

Die nächste umfassende Runde der progressiven Liberalisierung im

DL-Bereich soll im Jahr 2000 beginnen. Angesichts dieser bevor-

stehenden Aufgabe wurde in Singapur der rechtzeitige Beginn mit

den dafür notwendigen Vorbereitungsarbeiten ( Erstellung von Ver-

handlungsrichtlinien und -verfahren) in Erinnerung gerufen. Des

weiteren wurde zur Kenntnis genommen, daß für die Entwicklung

eines GATS-Schutzklauselkonzepts sowie von Disziplinen für die

Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und Beihilfen

an den DL-Sektor weitere analytische Arbeiten notwendig sind, die

entsprechend voranzutreiben wären.

Bei den Finanzdienstleistungen gelang es zwar, 1995 ein Interims-

abkommen abzuschließen, dieses Abkommen ist jedoch wegen der

seinerzeitigen Weigerung der USA, Zugeständnisse auf MFN-Basis

gleichermaßen an alle WTO-Mitglieder weiterzugeben, bis Ende 1997

befristet. Der Abschluß der Verhandlungen im Bereich der Fernmel-

degrunddienste war ursprünglich für 30.4.1996 geplant. Mangels

ausreichender Konzessionen in territorialer und sachlicher Hin-

sicht wurden die Verhandlungen bis 15.2.1997 verlängert. Die

Seeverkehrsverhandlungen, die ursprünglich bis 30.6.1996 abge-

schlossen hätten werden sollen, wurden ebenfalls wegen des Nicht-

zustandekommens einer kritischen Masse angemessener Angebote bis

zum Jahr 2000 suspendiert. Einzig die Nachverhandlungen im sensi-

blen Bereich der Freizügigkeit natürlicher Personen zum Zwecke

der DL-Erbringung brachten zum vorgesehenen Abschlußtermin

(30.7.1995) ein endgültiges, wenn auch nur bescheidenes Ergebnis.

Die von Österreich eingeräumten erweiterten Konzessionen in die-

sem Bereich betreffen die vorübergehende grenzüberschreitende

Erbringung von DL durch ausländische DL-Erbringer in den Berei-

chen Wirtschaftstreuhandwesen und Reisebegleitung sowie im Be-

reich der Kunst.

Insgesamt haben die Sektorverhandlungen bis jetzt nicht zum er-

warteten Erfolgt geführt. Die Ursache liegt vor allem darin, daß

ein Abtausch bzw. ein Ausgleich von Konzessionen innerhalb eines

einzigen Sektors nur schwer erzielbar ist. Aufgrund dieser Erfah-

rungen soll bei der nächsten Liberalisierungsrunde ab dem Jahr

2000 multilateralen Verhandlungen unter Einschluß sämtlicher

DL-Sektoren der Vorzug gegeben werden.

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Singapur hat keine Anderung bzw. Erweiterung der GATS-Konzessi-

onslisten gebracht. Anpassungen bzw. Änderungen der Konzessions-

listen sind erst mit dem Abschluß der Nachverhandlungen bei den

Finanzdienstleistungen ( Ende 1997 ) und bei den Fernmeldegrund-

diensten zu erwarten.

Die Verhandlungen über Fernmeldegrunddienste konnten zwischen-

zeitlich abgeschlossen werden. Der Abschluß dieser Verhandlungen

stellt den ersten konkreten Umsetzungsschritt im Hinblick auf die

Erklärung der Minister vom Dezember 1996 in Singapur dar.

Von der Vereinbarung sind 90 % des Weltmarktes für Telekommuni-

kationsdienstleistungen erfaßt. Durch sie wird der Marktzugang

und die Bildung von internationalen Allianzen ab 1998 begünstigt.

Wegen des daraus resultierenden verstärkten Wettbewerbs ist mit

einem Sinken der Preise für Telekommunikationsdienstleistungen zu

rechnen .

Die bei den Fernmeldegrunddiensten und bei den Finanzdienst-

leistungen im Rahmen des GATS erwarteten Verpflichtungen im bezug

auf Marktzugang und Inländerbehandlung inklusive Zusatzvereinba-

rungen stellen angesichts des in der EU bisher in den ange-

sprochenen Bereichen erzielten Liberalisierungs- und Harmonisie-

rungsniveaus für Österreich kein Problem dar. Bis auf wenige

Ausnahmen bei den Finanzdienstleistungen (erhöhte Versicherungs-

steuer) sind die Vorhaben im Rahmen des GATS - soweit derzeit

vorhersehbar - mit der österreichischen Finanzdienstleistungs-

und Telekommunikationspolitik kompatibel, sodaß keine speziellen

Vorbehalte erforderlich sein werden.

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

In Singapur kam es zu keiner Ausweitung der DL-Verpflichtungen

bzw. Verhandlungen auf neue Sektoren.

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

Handel und Investitionen

Trotz des Widerstandes einer Gruppe von Entwicklungsländern -

angeführt von Indien - war es in Singapur möglich, eine WTO-Ar-

beitsgruppe zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Handel

und Investitionen einzurichten. Die Arbeiten dieser Gruppe sollen

in Abstimmung mit den diesbezüglichen Aktivitäten der UNCTAD

erfolgen. Der Allgemeine Rat der WTO wird nach zwei Jahren eine

Entscheidung treffen, ob auf Basis der Ergebnisse der Unter-

suchungen allenfalls Verhandlungen über konkrete multilaterale

Disziplinen für den Investitionsbereich aufgenommen werden.

Durch die WTO-Initiative soll das im Rahmen der OECD im Verhand-

lungsstadium befindliche Multilaterale Investitionsabkommen ( MAI )

nicht ersetzt werden, sondern es sollen auch jene Investitionen

erfaßt werden, welche aufgrund der wahrscheinlich nicht sehr

breiten MAI-Mitgliedschaft nicht abgedeckt werden können.

Die Einrichtung einer eigenen Arbeitsgruppe Handel/Investitionen

stellt für die EU einen Erfolg dar. Gemeinsam mit Kanada und

Japan trat die EU für eine Forcierung dieses Themas in der WTO

ein.

Handel und Umwelt

Bereits durch das WTO-Abkommen wurde ein eigenes Komitee für

Handel und Umwelt errichtet, nachdem sich sowohl Österreich als

auch andere Staaten, wie die EU-Mitgliedstaaten und die USA,

erfolgreich für eine Behandlung dieses Themas im Rahmen der WTO

eingesetzt hatten. Dieses Komitee hat der Ministerkonferenz in

Singapur einen umfangreichen Bericht vorgelegt. Trotz zunächst

äußerst widersprüchlicher Standpunkte zwischen den WTO-Mitglie-

dern ist es bereits zu einer Annäherung und zu Zwischenergeb-

nissen in wichtigen Fragen gekommen, sodaß der Bericht eine Reihe

von durchaus akzeptablen Schlußfolgerungen enthält. Als weiterer

Erfolg ist es anzusehen, daß das Mandat des Komitees auf unbe-

fristete Zeit verlängert wurde. Dies zeigt den bedeutenden

Stellenwert, den die WTO-Mitglieder diesem Themenbereich einräu-

men.

Konfliktvermeidende Lösungen für das Zusammenspiel zwischen Mul-

tilateralen Umweltabkommen und den GATT/WTO-Regeln sowie Regeln

über Umweltkennzeichnung, Lebenszyklusanlage und die Behandlung

von PPMs ( Process and Production Methods ) konnten noch nicht

erzielt werden. Hier sind die Befürchtungen der Entwicklungslän-

der, umweltschutzargumente könnten als Vorwand für protektionis-

tische Maßnahmen dienen, noch zu groß. Die weiteren Beratungen im

Komitee für Handel und Umwelt können jedoch sehr wesentlich dazu

dienen, derartige Ängste langsam abzubauen und schließlich kon-

krete Maßnahmen zu ermöglichen.

Handel und soziale Bedingungen:

Österreich mißt dem Thema Handel und Sozialstandards größte Be-

deutung zu und hat sich sowohl in den Vorbereitungsarbeiten

innerhalb der EU als auch in den Vorbereitungsarbeiten in Genf

massiv für die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die sich mit

diesem Schnittstellenthema in der WTO befassen sollte, einge-

setzt. Von einer Reihe von WTO-Mitgliedern werden aber dahinter

protektionistische Motive der Industrieländer vermutet (insbes.

befürchten die EL einen Verlust ihres komparativen Vorteils), und

daher konnte auch die Einrichtung einer AG nicht erzielt werden.

Es konnte jedoch erreicht werden, daß das Thema zumindest in der

Ministererklärung prominent Erwähnung fand. In Zusammenarbeit mit

der ILO soll erreicht werden, daß die positiven Effekte der Han-

delsliberalisierung auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die

sozialen Grundrechte klar verstanden und als sich gegenseitig

unterstützende Faktoren bewertet werden.

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

In der Ministerkonferenz in Singapur konnte die Einrichtung einer

AG zum Thema Handel und Wettbewerb erzielt werden, was seitens

Österreichs und der EU als wichtiger Erfolg anzusehen ist. Diese

AG soll sich in den ersten 2 Jahren vor allem mit der Ausarbei-

tung von Studien und Analysen hinsichtlich der Interaktionen

zwischen Handel und Wettbewerbspolitik, einschließlich wettbe-

werbsverzerrender Praktiken, befassen. Erst darauf aufbauend

können Überlegungen zur verstärkten Einbeziehung von Wettbewerbs-

regeln , wie z . B . Mindeststandards , in das multilaterale Regelwerk

ins Auge gefaßt werden.

Zu den Ausführungen am Ende des sechsten Absatzes der Anfrage

(,'.....so grundsätzlichen Ansatz einer internationalen Wettbe-

werbspolitik scheint keine Chance auf Verwirklichung zu haben" )

sowie zu der Behauptung in Frage 10, eine weltweite Wettbewerbs-

politik sei offensichtlich nicht durchsetzbar, ist festzustellen,

daß die Entwicklung verbindlicher Regeln auf multilateraler Ebe-

ne, die Staaten verschiedenster wirtschaftlicher Systeme und

Voraussetzungen, Traditionen und Kulturen gleichermaßen binden

sollen, ein äußerst langwieriger Prozeß ist, in dem eine Vielzahl

von Mißverständnissen und Ängsten aufgezeigt und überwunden wer-

den müssen. Daher ist derzeit sicher noch nicht an ein konkretes

Regelwerk zu denken. Allein die Zustimmung der WTO-Mitglieder zur

Einrichtung einer solchen Arbeitsgruppe zeigt jedoch, daß sie

durchaus bereit sind, sich mit den Problemen intensiv auseinan-

derzusetzen. Ein solches Vorgehen hat sich oft als bester Impuls

für die spätere Schaffung von verbindlichen Vorschriften erwie-

sen.

Durch die zunehmende Globalisierung der Weltwirtschaft wird eine

Verbindung zwischen der nationalen Wettbewerbspolitik und der

internationalen Handelspolitik zwingend notwendig. Die Handelspo-

litik wird nämlich häufig durch wettbewerbsverzerrende Maßnahmen

auf privater Ebene unterlaufen. Schon aus diesem Grund kann daher

von der Handelspolitik nicht als ,'second-best policy" gesprochen

werden .

Antwort zu den Punkten 11 und 12 der Anfrage:

Siehe die Ausführungen zu Frage 10. Demnach ist mit einer auch

nur teilweisen Vereinheitlichung der nationalen Wettbewerbsregeln

derzeit noch nicht zu rechnen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen,

daß eine derartige Harmonisierung selbst unter OECD-MS bis jetzt

nicht gegeben ist.

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

Das von der EK erstmals im Februar 1996 vorgelegte Papier be-

treffend Marktöffnungsstrategien der EU wurde in Zusammenarbeit

mit allen Mitgliedstaaten erstellt. Die dem Papier zugrundegeleg-

ten Aussagen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Ausarbeitung

einer Marktöffnungsstrategie werden von Österreich inhaltlich

mitgetragen. Die hier aufgezeigten Strategien zur Verbesserung

und Stärkung der europäischen Wirtschaft sind als Antwort auf die

Tatsache der zunehmenden Globalisierung der Weltwirtschaft zu

sehen .

Antwort zu Punkt 14 der Anfrage:

Die in Punkt 19 des Kommissionsberichts von der Kommission ver-

tretene Ansicht wird grundsätzlich geteilt, doch ist zu beachten,

daß Vorteile aus der Öffnung neuer Märkte sich nicht sofort aus-

wirken und eine solche Öffnung sich auf einzelne Arten von Unter-

nehmen unterschiedlich auswirkt. Neue Märkte werden nicht sofort,

sondern nur schrittweise geöffnet. Von den durch eine Marktöff-

nung entstehenden Absatzchancen in Drittländern profitieren in

erster Linie große Textil- und Bekleidungsfirmen mit weltweit

bekannten Produkten und Marken. Damit auch die heimischen, groß-

teils kleinen und mittleren Firmen, mit ihrem geringen Bekannt-

heitsgrad und ihrer geringeren Kapitalstärke diese neuen Absatz-

chancen nützen können, wird es hingegen bestimmter Begleitmaßnah-

men bedürfen. Begrüßt wird österreichischerseits, daß sich die

Kommission in zunehmendem Ausmaß für fairen Wettbewerb und Be-

trugsbekämpfung einsetzt. So liegt etwa nunmehr ein umfangreicher

Bericht der Kommission zur Betrugsbekämpfung vor.

Diesem Thema wird Österreich auch während seines Vorsitzes in der

dafür einschlägigen Ratsgruppe "Artikel 113 ,' ( Textilien ) beson-

deres Augenmerk schenken.

Antwort zu Punkt 15 der Anfrage:

Konkrete Strategien bzw. Maßnahmen zur Öffnung der Märkte sollen

nach Auffassung der Kommission auf bilateraler und multilateraler

Ebene entwickelt werden. In einer zunehmend "verzahnten" Welt-

wirtschaft erscheint der Ansatzpunkt, Globalisierungsprobleme auf

multilateraler Ebene zu lösen, von besonderer Bedeutung. Es kann

davon ausgegangen werden, daß die Kommission, wenn von Problemen

der Globalisierung die Rede ist, jene Probleme im Sinn hat, die

durch niedrigere Arbeits-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards in

bestimmten Ländern für beschäftigungsintensive Sektoren ( Texti-

lien, Bekleidung, Schuhe, Schiffbau, etc. ) in den Industrielän-

dern entstehen können.

Antwort zu Punkt 16 der Anfrage:

Es ist richtig, daß sich die Europäische Industrie auf einen

intensiven Einsatz von Technologie spezialisiert.

Die österreichische Wirtschaftspolitik ist angesichts der Dynamik

der Weltwirtschaft darauf ausgerichtet, die Wettbewerbsfähigkeit

und Standortattraktivität Österreichs zu sichern und optimale

Beschäftigungsmöglichkeiten zu erschließen. Die mit dieser Verän-

derungsdynamik verbundenen Qualitätserfordernisse an die Wirt-

schaft und die zunehmend hohen Anforderungen an Fähigkeiten und

Kenntnisse der Beschäftigten bedingen den verstärkten Einsatz von

und den Zugang zu neuen Technologien sowie technologischem Know-

how.

Das Wirtschaftsministerium hat auf Basis eines Expertenentwurfes

für das "Technologiepolitische Konzept 1996 der Bundesregierung"

zur Umsetzung der genannten Ziele erforderliche strategische

Leit- und Aktionslinien erstellt.

Das Wirtschaftsministerium wird den Einsatz einer aus Privatisie-

rungserlösen gespeisten sogenannten " Technologiemilliarde" einer-

seits in die Stärkung des bestehenden F&T-Förderungsinstrumen-

tariums ( ITF, FFF ) , andererseits in schwerpunktmäßige

F6T-Sonderprogramme lenken. Im einzelnen erfolgt

- eine Stärkung der FFF-Basisfinanzierung

- die Forcierung spezifischer FFF-Aktionsbereiche wie die Ver-

besserung der Mobilität Wissenschaft/Wirtschaft, Internationa-

lisierung, neuer Werkstoffe, Umwelt- und Energietechnologien

- ein Ausbau der Technologietransfer- sowie der Aktivitäten im

Bereich "Informationsgesellschaft', durch den ITF

- eine Stärkung des Unternehmensgründungsprogramms im High-

Tech-Bereich ( Seed Financing )

- eine Eigenkapitaloffensive, die die Einrichtung eines Venture

Fonds und unterstützende Dienstleistungen für den Risikokapi-

talbereich beinhaltet

- sowie die Unterstützung innovativer Modelle der Kooperation

zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bzw. des Technologie-

transfers.