1835/AB XX.GP

 

Zur schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1858/J-NR/1997, betreffend Streichung

von Aufträgen an die "Jenbacher-Transportsysteme AG" und Boykott des "Integral-

Zuges" durch die ÖBB, die die Abgeordneten Blünegger, DI Prinzhom, Meisinger und

Kollegen am 22. Jänner 1997 an meinen Amtsvorgänger gerichtet haben, möchte ich

grundsätzlich feststellen, daß in Anwendung der Art. 52 Abs. 1 B-VG und § 90 erster

Satz des Geschäftsordnungsgesetzes der Umfang der Pflicht zur Beantwortung einer

parlamentarischen Anfrage auch davon abhängt, ob sich die Frage auf einen "Gegen-

stand der Vollziehung" bezieht.

Was nun Fragen im Zusammenhang mit einem im Eigentum des Bundes stehenden

Unternehmens anlangt, so können vom parlamentarischen Fragerecht wohl nur Hand-

lungen betroffen sein, die von Verwaltungsorganen in den Organen dieser Unterneh-

men gesetzt werden, nicht aber jene Handlungen, die von geschäftsführenden Unter-

nehmungsorganen selbst gesetzt werden.

Ihre Fragen 1, 2, 3 5 und 6 beziehen sich aber ausschließlich auf Handlungen von

Unternehmensorganen. Ich habe daher die Anfrage an die Österreichischen Bundes-

bahnen weitergeleitet. Deren Stellungnahme bildet die Grundlage für die vorliegende

Anfragebeantwortung.

1 . Welche Veranlassungen bewogen die ÖBB, die "Jenbacher Transportsysteme" beim

Projekt der Doppelstockwaggons nicht mehr zu berücksichtigen, obwohl dadurch hun-

derte Arbeitsplätze gefährdet werden?"

Antwort:

Es ist richtig, daß der Auftrag über 60 Doppelstockwagen an die "ARGE Doppelstock-

wagen" (Fa. Siemens und Jenbacher Transportsysteme AG) vergeben wurde.

Im Zuge dieser Vergabe wurde auch im Jänner 1995 ein Optionsvertrag über weitere

180 Doppelstockwagen verhandelt. Dieser Optionsvertrag wurde allerdings nur mit

Siemens geschlossen, da sich die Jenbacher Transportsysteme nicht bereiterklärten,

diesen Optionsvertrag zu unterzeichnen. Die ÖBB hatten daher bei der Vergabe der

weiteren 180 Stück rechtlich gar keine andere Wahl, als nur bei Siemens die Option

einzulösen und zu bestellen.

Die in der Anfrage genannten Beträge sowie die angeführten osteuropäischen Fir-

men sind von den ÖBB nicht nachvollziehbar. Insbesondere haben die zitierten Fir-

men keinerlei Bezug zu einer Fertigung von Doppelstockwagen. Es ist daher auch

nicht korrekt, daß die ÖBB den gegenständlichen Auftrag an das (osteuropäische)

Ausland vergaben.

2. Erfolgt die Kooperation mit osteuropäischen Partnern ausschließlich aus betriebswirt-

schaftlichen Überlegungen und sind sich die ÖBB über die Auswirkugen ihres Handelns

auf die Arbeitsplätze in den "Jenbacher Transportsysteme AG" bewußt?

Antwort:

Es erfolgt keine diesbezügliche Kooperation mit osteuropäischen Partnern.

3. Welchen stellenwert hat für die ÖBB gegenwärtig noch das schlagwort von "solidarität"

mit der österreichischen Wirtschaft und den österreichischen Arbeitsplätzen?

Antwort:

Die ÖBB unterliegen den EU-Sektorenrichtlinien, dem Bundesvergabegesetz und

anderen einschlägigen Vorschriften. Vergaben werden unter Beachtung der gelten-

den Normen durchgeführt.

4. Wieviel Geld wurde von Seiten des Bundes im Jahre 1996 direkt oder indirekt für die

ÖBB aufgewendet?

Antwort:

Ich kann nur darüber Auskunft geben, welche Mittel aus dem meinem Ressort zu-

gehörenden Kapitel 65 des Budgets 1996 für die ÖBB aufgewendet wurden. Es sind

dies gemäß Bundesvoranschlag folgende Beträge bei folgenden Budgetansälzen:

1/65148 Kosten für Eisenbahn-Infrastruktur

gem. Bundesbahngesetz 1992 ................ 11.000.200.000 S

1/65158/7280 Gemeinwirtschaftliche Leistungen

gemäß § 3 und § 12

Bundesbahngesetz 1992 .......................... 8.037.000.000 S

5.,6. Aus welchen Gründen wird der vom Land Tirol mitfinanzierte "Integral-Zug" durch die

ÖBB verhindert?

Ist der ÖBB bewußt, daß durch die Verhinderung des "Integral-Zuges" die Wettbewerbs-

fähigkeit der "Jenbacher Transportsysteme AG" innerhalb der EU, die Arbeitsplätze im

Betrieb und der Nahverkehr in Tirol gefährdet werden?

Antwort:

Die ÖBB verhindern keineswegs den "Integral Zug". Vielmehr wurden die Tests und

Probefahrten der Jenbacher Energiesysteme AG von den ÖBB ermöglicht und ent-

sprechend unterstützt (z. B. Bereitstellung der Infrastruktur, Meßeinrichtungen, Perso-

nal etc.).

Die Beschaffung des gegenständlichen Zuges setzt einen entsprechenden Bedarf bei

den ÖBB voraus. Ist dieser gegeben, erfolgt die Beschaffung nach den im Frage-

punkt 3 genannten Kriterien.

7.,8. Wie bewertet der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst die weitere Nicht-

berücksichtigung der "Jenbacher Transportsysteme AG", die Verhinderung des

"Integralzuges" und das Außerachtlassen von volkswirtschaftlichen überlegungen

durch die ÖBB?

Welche Maßnahmen gedenkt der Herr Bundesminister im Interesse der österreichischen

Wirtschaft und der Arbeitsplätze gegenständlich zu ergreifen?

Antwort:

Mit Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes 1992 hat eine organisatorische, personel-

le und buchtechnische Trennung zwischen den Geschäftsbereichen Infrastruktur und

Absatz der ÖBB stattgefunden. Der Bund ist seither nur noch für die Tragung der

Kosten der Infrastruktur verantwortlich, während der Absatzbereich der ÖBB selb-

ständig und kaufmännisch zu agieren hat. Der Absatzbereich der ÖBB erhält jedoch

Abgeltungen aus dem Titel der Gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die im wesentli-

chen für Tarifermäßigungen im Personen- und Güterverkehr gewährt werden. Eine

Einflußnahme des Bundes auf die Beschaffungspolitik der ÖBB ist gesetzlich weder

vorgesehen noch möglich. Es kann auch nicht Aufgabe eines nach betriebswirt-

schaftlichen Kriterien handelnden Unternehmens sein, ausdrücklich volkswirtschaftli-

che Gesichtspunkte in seine Kaufentscheidungen einfließen zu lassen.