2411/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Heidrun Silhavy und Genossen haben an mich

eine schriftliche Anfrage, betreffend Ehegesetz und § 91 ABGB, gerichtet und fol-

gende Fragen gestellt:

„1. Ist dieser (nämlich ein in der Einleitung der Anfrage genannter) Ausspruch tat-

sächlich so gefallen, wie er in dem oben angeführten Zeitungsartikel zitiert wur-

de?

2. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß der § 91 ABGB so novelliert wird, daß die

Frage der Gestaltung der Haushaltsführung, der Betreuungsarbeit und der Er-

werbstätigkeit rechtlich eindeutig geklärt wird und das Prinzip der gleichteiligen

Tragung der Pflichten einen Niederschlag findet?

3. Gibt es in Ihrem Bundesministerium Vorarbeiten für eine Änderung des

Ehegesetzes?

4. Haben Sie die Absicht, die gesetzlichen Regelungen der §§ 47, 48 und 49 zu

überarbeiten? Wenn ja, ist geplant, Gewalttätigkeit im Familienkreis im Bereich

der Eheverfehlungen ausdrücklich zu nennen? Wenn nein, warum nicht?“

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1:

Die schon zuvor vom Bundesministerium für Justiz angeordneten dienstaufsichtsbe-

hördlichen Erhebungen zur Richtigkeit der in der Wiener Zeitung zitierten Äußerung

wurden aus Anlaß dieser Anfrage weiter vertieft, doch konnte daraus letztlich kein

eindeutiges Ergebnis gewonnen werden. Es kann demnach nicht ausgeschlossen

werden, daß sinngemäß eine Äußerung in die erwähnte Richtung gefallen sein

könnte, wenngleich jedenfalls nicht mit Bezugnahme auf die Führung des Haushalts.

Einhellig ergibt sich aber aus allen Erhebungsergebnissen, daß der Vorsitzende kei-

nesfalls den Eindruck hinterlassen hatte, in diesem Kontext für den Angeklagten

Verständnis zu haben.

Zu 2 bis 3:

Ich habe im Bundesministerium für Justiz eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die Ände-

rungen des Scheidungs-, des Scheidungsfolgen- und des Scheidungsverfahrens-

rechts berät. Zur Mitwirkung in dieser Arbeitsgruppe habe ich unter anderen auch

Vertreter der fünf Parlamentsklubs, der Bundesministerin für Frauenangelegenhei-

ten und Verbraucherschutz, des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie

sowie der Rechtswissenschaft eingeladen. Wegen der Komplexität der zu lösenden

Fragen wurden zur Beratung der verschiedenen Themenkreise Unterarbeitsgruppen

gebildet.

Im Rahmen der Arbeitsgruppe werden auch Fragen des Ehewirkungsrechts, insbe-

sondere der partnerschaftlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft, ein-

gehend erörtert. Nach den bisherigen Ergebnissen der Beratungen zu diesem The-

ma zeichnet sich eine überwiegende Meinung dahin ab, daß Erwerbstätigkeit, Pfle-

ge und Erziehung der Kinder sowie Haushaltsführung unter den Ehegatten grund-

sätzlich so aufgeteilt werden sollen, daß beide Teile möglichst gleich belastet sind.

Auch wenn in Lehre und Rechtsprechung der Standpunkt vertreten wird, daß diese

Regelung bereits aus dem geltenden Recht abgeleitet werden kann, wird in der Ar-

beitsgruppe doch überwiegend eine entsprechende Klarstellung im Gesetz für not-

wendig oder zumindest für sinnvoll erachtet. Das Bundesministerium für Justiz wird

daher hiezu im Herbst einen legislativen Vorschlag vorlegen.

Zu 4:

Die Arbeitsgruppe setzt sich auch mit der Frage auseinander, inwieweit die Bestim-

mungen des Ehegesetzes über die Scheidungsgründe geändert werden sollen. Die

Meinungen darüber sind allerdings recht kontroversiell: Während einerseits über-

haupt ein Abgehen vom Verschuldensprinzip gefordert wird, will die andere Seite

grundsätzlich an den auf Eheverfehlungen beruhenden Scheidungsgründen festhal-

ten. Ganz allgemein habe ich den Eindruck, daß der für eine so wichtige rechtspoliti-

sche Entscheidung, wie dies die Beseitigung des Verschuldenselements im Schei-

dungsrecht wäre, erforderliche gesellschaftspolitische konsens derzeit nicht gege-

ben ist. Umgekehrt sollte aber nach Auffassung des Bundesministeriums für Justiz

im Hinblick auf die österreichischen Reformschritte der siebziger Jahre, auf die seit-

her zu beobachtende Entwicklung der Scheidungspraxis - fast 90 % aller Scheidun-

gen erfolgen im Einvernehmen - und schließlich auch im Hinblick auf die internatio-

nale Rechtsentwicklung das Verschuldensprinzip auch nicht weiter ausgebaut wer-

den, auch nicht etwa durch eine Neuformulierung von Scheidungsgründen wegen

Verschuldens. Aus den angeführten Erwägungen habe ich bisher eher einer Zurück-

drängung des Verschuldensgrundsatzes im Eherecht das Wort geredet.

Im Lichte dieser Überlegungen sowie unter Berücksichtigung der Beratungen in der

Arbeitsgruppe wird das Bundesministerium für Justiz im Herbst auch einen legislati-

ven Vorschlag zum Recht der Scheidungsgründe vorlegen.