2511/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Trink und Kollegen haben an mich eine par-

lamentarische Anfrage, betreffend Vernehmung von Ing. P. in der Briefbomben-Cau-

sa, gerichtet und folgende Fragen gestellt:

„1. Ist es richtig, daß die Sicherheitsbehörden am 27. Mai 1997 den Antrag auf ge-

richtliche Einvernahme des Ing. P. gestellt haben, diesem Ersuchen aber bis

2. Juni1997 nicht nachgekommen worden ist?

2. Wann soll bzw. hat die Vernehmung tatsächlich stattgefunden?

3. Aus welchen Gründen konnte in einer hoch politischen Causa keine rasche Ver-

nehmung durchgeführt oder zumindest eine Vernehmung durch die Sicherheits-

behörden ermöglicht werden?

4. Was werden Sie unternehmen, um derartige offensichtliche Fehlleistungen in Hin-

kunft zu verhindern?“

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1 und 2:

Zunächst sei erwähnt, daß es nicht richtig ist, daß die Sicherheitsbehörden die ge-

richtliche Einvernahme von Ing. P. beantragt oder angeregt hätten. Am 22.5.1997

langte bei der Staatsanwaltschaft Wien der Bericht des Bundesministeriums für In-

neres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, Gruppe II/C-EBT, vom

21.5.1997 über die am 13.5.1997 bei Ing. P. durchgeführte Hausdurchsuchung und

die dort sichergestellten Gegenstände ein. In diesem Bericht wurde zwecks Feststel-

lung eventueller Komplizen eine - aus kriminaltaktischen Erwägungen nicht näher

bekanntzugebende, jedoch nicht die Einvernahme von Ing. P. betreffende - Antrag-

stellung bei Gericht angeregt und ersucht, zwecks Auswertung der sichergestellten

Computer und Disketten bei Gericht einen diesbezüglichen Auftrag an die Bundes-

polizeidirektion Wien, Datensicherungsgruppe der Wirtschaftspolizei, zu erwirken.

Aufgrund dieses Berichts der EBT beantragte die Staatsanwaltschaft Wien am

23.5.1997 beim Untersuchungsrichter u.a. die Führung von Vorerhebungen gegen

Ing. P., dessen Vernehmung als Verdächtiger gemäß § 38 Abs. 3 StPO und die Ein-

vernahme von zwei Zeugen. Diesen Antrag überbrachte der Staatsanwalt am Frei-

tag, den 23.5.1997, gegen 15 Uhr dem Vertreter des zu diesem Zeitpunkt seit einer

Woche auf Urlaub weilenden zuständigen Untersuchungsrichters. Der Urlaubsver-

treter sichtete noch am selben Tag den mittlerweile auf 31 Bände angewachsenen

Akt der „Briefbomben-Causa“ und traf am folgenden Montag, den 26.5.1997, eine

Reihe schriftlicher Verfügungen, darunter die Ladung von Ing. P. für den 5.6.1997.

Die zwei erwähnten Zeugen lud er telefonisch für den 30.5.1997 (im weiteren er-

suchte einer der beiden Zeugen um einen anderen Termin, der dann für den

3.6.1997 festgelegt wurde). Die schriftliche Ladung von Ing. P. wurde am Morgen

des 27.5.1997 abgefertigt. Später wurde der Vernehmungstermin über Ersuchen

von Ing. P. auf den 4.6.1997, 13 Uhr, vorverlegt. Schon zuvor, nämlich am 2.6.1997,

war Ing. P. auf eigene Initiative bei Gericht erschienen, doch konnte bei dieser Gele-

genheit seine Einvernahme noch nicht abgewickelt werden, weil der Untersuchungs-

richter aus kriminaltaktischen Erwägungen vorher auch noch den zweiten der bei-

den Zeugen (am 3.6.1997) vernehmen wollte.

Die erste Vernehmung des Beschuldigten erfolgte am 4.6.1997. Nach der Einver-

nahme erließ der Richter auf Grund eines entsprechenden Antrags des Staatsan-

walts einen Haftbefehl gegen Ing. P, der sogleich in Verwahrungshaft genommen

wurde. In der Folge wurde Ing. P weiter umfänglich einvernommen; am 6.6.1997

wurde er in Untersuchungshaft genommen. Auch danach, nämlich am 9.6.1997,

wurde seine Vernehmung fortgesetzt.

Zu 3:

Weshalb die Sicherheitsbehörden Ing. P. nicht vernommen hatten, entzieht sich

meiner Kenntnis. Dafür bestand jedenfalls kein gesetzliches oder anderes von der

Justiz zu vertretendes Hindernis. Es ist auch völlig unrichtig, daß Untersuchungs-

richter oder Staatsanwalt eine Vernehmung von Ing. P. durch die Sicherheitsbehör-

den abgelehnt oder verboten hätten.

Die Ladung von Ing. P. zur Vernehmung ist ehestmöglich erfolgt. Der Zeitraum

zwischen Ladung und dem anberaumten Vernehmungstermin (bzw. der tatsächli-

chen Vernehmung) erklärt sich nachvollziehbar aus der vom Untersuchungsrichter

als erforderlich angesehenen vorausgehenden Einvernahme von Zeugen und der

Notwendigkeit einer entsprechenden Vorbereitung des Richters. Eine Säumigkeit

des Gerichts ist in diesem Ablauf nicht zu erkennen.

Zu 4:

Wie sich schon aus der Antwort zu Frage 3 zeigt, liegt im gegebenen Fall keine

Fehlleistung vor.