2569/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2576/J-NRI/ 997, betreffend die Festlegung der

Trasse einer transeuropäischen Hochleistungseisenbahn im Streckenabschnitt St. Pölten - Wien,

die die Abgeordneten Mentil und Kollegen am 11. Juni 1997 an mich gerichtet haben, beehre

ich mich wie folgt zu beantworten:

Vorweg ist festzuhalten:

Die Neubaustrecke Wien - St. Pölten, ein wesentlicher Bestandteil der Ausbaumaßnahmen

zur 4-gleisigen Westbahn, dient der dringend notwendigen Leistungsverbesserung der Donau-

ach se. Diese bezieht sich sowohl auf den Personen- als auch den Güterverkehr. Selbstver-

ständlich wird dieser Neubauabschnitt auch eine Attraktivierung und Neuorientierung des

Regionalverkehrs bewirken.

Folgende Regionen werden im Zuge der Neubaustrecke Wien - St. Pölten neu vernetzt bzw.

der öffentliche Verkehr attraktiver gestaltet:

* Wald- und Weinviertel - Wien

* Wald- und Weinviertel - St. Pölten

* Tullnerfeld - Wien

* Tullnerfeld - St. Pölten

* Wien - St. Pölten direkt bzw. westlich der Landeshauptstadt sowie

* durch die Entlastung der Bestandsstrecke Wien - St. Pölten Nahverkehrsverdichtung

Einleitend wird angemerkt, daß das gegenständliche Projekt derzeit einer umweltverträglich—

keitsprüfung unterzogen wird. Ein Großteil der in der Anfrage angesprochenen Themen ist

Gegenstand des von der Behörde festgelegten Untersuchungsrahmens, sodaß eine detaillierte

Beantwortung einen Vorgriff auf das Prüfergebnis bedeuten würde. Breiten Raum wird bei

dieser Prüfung auch dem Lärmschutz gewidmet

Wie die HL-AG mitgeteilt hat, siebt das zur Prüfung eingereichte Projekt umfangreiche

Lärmschutzmaßnahmen vor, wobei der Beurteilungsgrenzwert erheblich unterhalb der

Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung liegt. Dies vor allem deshalb, da hier im

Zusammenhang mit der Landschaftsgestaltung Lärmschutzwälle geschüttet werden und

durch Verwertung von überschüssigem Aushubmaterial dies auch wirtschaftlich vertretbar

ist. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß geschlossene Siedlungsgebiete im Freilandbereich

in der Regel mehrere hundert Meter von der Neubaustrecke Wien - St. Pölten entfernt liegen.

Durch die im Projekt vorgesehenen Maßnahmen (Landschaftsgestaltung, Lärmschutz, etc.)

soll die Wahrung der Lebensqualität sichergestellt werden.

Nicht unerwähnt sei, daß durch die Neubaustrecke Wien - St. Pölten eine wesentliche Entla-

stung der Lärmsituation bei der Bestandsstrecke eintritt, die wie allgemein bekannt ist, direkt

Siedlungsgebiete durchfährt.

1., 4. Welche Eisenbahnprojekte sollen im Bereich des Perschlingtales bzw. des Tull-

nerfelds in jeweils welchem Zeithorizont verwirklicht werden?

Wann wird mit den Arbeiten an den genannten Projekten jeweils begonnen

werden und bis wann werden die geplanten bzw. bereits in Angriff genommenen

Arbeiten im Bereich des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds voraussichtlich

abgeschlossen sein?

Antwort

Neubaustrecke Wien - St. Pölten: Realisierungshorizont für die Fertigstellung der gesamten

Strecke ist das Jahr 2009. Der Baubeginn der einzelnen Abschnitte wird so gewählt, daß

sämtliche Bauabschnitte zum gleichen Zeitpunkt für die Inbetriebnahme zur Verfügung stehen,

um die Finanzmittel möglichst effizient einzusetzen.

2. Wie ist bei diesen Projekten jeweils der Planungs- bzw. Realisierungsstand?

Antwort:

Die Neubaustrecke Wien - St. Pölten wurde im September 1996 zur Trassenverordnung und

Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht.

3. Wie wird von Ihrem Ministerium bzw. von den Ländern Niederösterreich und

Wien die Dringlichkeit der angesprochenen Bauvorhaben eingeschätzt?

Anwort:

Im NÖ Landesverkehrskonzept ist der Ausbau zur 4-gleisigen Westbahn, somit auch dieser

Abschnitt unter Priorität 1 gereiht. Der Neubauabschnitt ist ein Bestandteil des gesetzlich

verordneten Hochleistungsstreckennetzes und hat im Hinblick auf die Auslastung der Bestands-

strecke und Prognose des Verkehrsaufkommens höchste Priorität.

5. Mit welchen Baukosten ist bei Verwirklichung der einzelnen Projekte im Bereich

des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds jeweils zu rechnen?

Antwort:

Die Kosten für diesen Abschnitt wurden auf Basis des derzeitigen Planungsstandes auf die

Preisbasis 01.01.1997 hochgerechnet und betragen unter Berücksichtigung von Zuschlägen für

Unbekanntes rd. 13,5 Mrd. ATS.

6. Ist die Finanzierung der geplanten und projektierten Bauvorhaben im Bereich

des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds gesichert,

und wenn ja,

aus welchen Quellen werden die dafür erforderlichen Mittel fließen?

Antwort:

Die Finanzierung erfolgt entsprechend dem Schienenintrastrukturfinanzierungsgesetz.

7. Wird die Europäische Union, deren Mitgliedsstaaten nach Fertigstellung der

geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke ganz außerordentlich von der Erleicht-

rung des West-Ost-Gütertransits durch Österreich profitieren werden, einen

Teil der Herstellungskosten übernehmen,

und wenn ja,

mit Mitteln in welcher Höhe wird gerechnet?

Wenn nein, warum konnte eine derartige Beteiligung der EU an den Baukosten

nicht erreicht werden?

Antwort:

Das gegenständliche Projekt befindet sich erst in einer generellen Planungsphase. Detail-

finanzierungsüberlegungen können zu diesem Zeitpunkt daher noch nicht dargelegt werden.

8. Ist Ihnen bekannt, daß insgesamt 24 Bürgerinitiativen über 10.000 Unterschrif-

ten gegen die Pläne der österreichischen Bundesregierung und der HL-AG zur

Errichtung einer Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitstrasse im Bereich des Per-

schlingtales bzw. des Tullnerfelds gesammelt haben?

Antwort.

Es ist bekannt, daß im Zuge der öffentlichen Auflage im Rahmen des UVP-Verfahrens zahlrei-

che Stellungnahmen eingegangen sind. Diese richten sich jedoch nicht durchwegs gegen das

Projekt generell oder gegen die eingereichte Linienführung, sondern beschäftigen sich mit

unterschiedlichen umweltrelevanten Themen, wie z.B. Schutz des Grundwassers, Jagd, Land-

wirtschaft, Lärmschutz, etc.

Diese Inhalte decken sich in vielen Fällen mit der Zielsetzung der von der HL-AG aufbereiteten

Umweltverträglichkeitserklärung. Das Umweltverträglichkeitsgutachten der prüfenden Behörde

hat sich mit diesen Stellungnahmen fachlich auseinanderzusetzen. Zur Anzahl der Unter-

schriften wird darauf hingewiesen, daß zahlreiche Stellungnahmen in Einzelpunkte aufgeglie-

dert und diese von ein- und denselben Personen unterschrieben wurden.

9., 10. Ist Ihnen bekannt, daß die HL-AG speziell mit ihrer Trassenführungsvariante im

Bereich des Reiserberges einer geschlossenen Ablehnungsfront der gesamten

Bevölkerung gegenübersteht?

Ist Ihnen bekannt, daß die Gemeinden Weißenkirchen und Würmla die Trassen-

führungsvariante der HL-AG im Bereich des Reiserberges vehement bekämpfen

und demgegenüber einstimmige Gemeinderatsbeschlüsse für die sogenannte

Egelseer-Trasse gefaßt haben?

Antwort:

Bei der Realisierung eines derartigen Projektes treten zwangsläufig Konflikte mit lokalen

Interessen auf, wobei aufgrund der Rahmenbedingungen nicht immer alle berücksichtigt

werden können. Der Abgleich dieser Interessen soll aber wie in einem Rechtsstaat vorgesehen,

im Rahmen der Behördenverfahren erfolgen.

Es ist bekannt, daß in diesem Bereich eine zusätzliche Tunnelführung gefordert wird, die im

Zuge der Aufbereitung der Umweltverträglichkeitserklärung geprüft und beurteilt wurde,

jedoch aufgrund einer integrativen Gesamtschau aller Beurteilungskriterien und Beachtung

ihrer Rahmenbedingungen von der HL—AG nicht weiter verfolgt werden konnte. Diese Trassen

variante liegt als untersuchte Alternativlösung der Umweltverträglichkeitserklärung bei.

11., 12., Es ist Ihnen sicher bekannt, daß nach dem UVP-Gesetz schädliche, belästigende

und 13. oder belastende Auswirkungen von Projekten auf die Umwelt verhindert oder

verringert bzw. mögliche günstige Auswirkungen vergrößert werden müssen.

Wie sind unter diesem Gesichtspunkt die konkurrierenden Trassen im Bereich

des Reiserbergers zu beurteilen?

Ist Ihnen bekannt, daß die von der HI-AG in der Umweltverträglichkeitserklä-

rung (UVE) eingereichte Variante 2/2a den Zielsetzungen des UVP-Gesetzes klar

widerspricht, weil.

a. in den Gemeindeforen erarbeitete Maßnahmen zur Verhinderung oder

Verringerung belastender oder belästigender Auswirkungen auf die Umwelt

nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

b. nur unzureichende Maßnahmen enthalten sind, durch welche allfällige

günstige Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt des Perschlingtales

erreicht oder vergrößert werden können,

c. die Optimierungsmöglichkeiten im Perschlingtal zum Schutz von Mensch

und Umwelt keineswegs ausgeschöpft wurden und

d. die Menschen- und umweltfreundlichere Konsensvariante der Gemeinden

Würmla und Weißenkirchen mißachtet wurde.

Welche Chancen räumen Sie daher der Egelseer-Trasse ein, welche in allen

Umweltkriterien entscheidende Verbesserungen gegenüber der HL-AG-Variante

aufweist?

Für die Interpretation der Zielsetzung eines Gesetzes sind alle bezugnehmenden §§ heranzuzie-

hen und ist das isolierte Zitieren einzelner Passagen manchmal sinnumkehrend.

Unabhängig davon ist dieser Themenkomplex Gegenstand der derzeit laufenden Umweltver-

träglichkeitsprüfung, wobei diesem Prüfergebnis nicht vorgegriffen werden kann.

14. Würden bei der Verwirklichung der Egelseer-Trasse Mehrkosten gegenüber dem

Trassenvorschlag der HL-AG entstehen

und wenn ja,

mit Mehrkosten in welcher Höhe (bitte auch in Prozent der gesamten Baukosten)

ist zu rechnen?

Antwort:

Die Mehrkosten für die Tunneltrasse Egelsee (ohne die darüber hinausgehende geforderte

Einhausung im Bereich Weißenkirchen/P.) betragen rd. 1/2 Mrd. ATS, d.s. rd. 27 % Mehr-

kosten im betrachteten Vergleichsabschnitt.

15. Sind die Befürchtungen der Bewohner des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds

berechtigt, wonach die zuständige Behörde, das Verkehrsministerium, die Ge-

nehmigung für die HL-AG-Trasse auch bei Vorliegen objektiv besserer Vor-

schläge erteilen wird, sobald die umweltgesetzlichen Mindeststandards gerade

noch knapp erfüllt werden.

Antwort:

Die Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt entsprechend dem UVP-Gesetz. Wie der Konsens-

werber mitgeteilt hat, baut das eingereichte Projekt von vorneherein nicht auf“umweltgesetzli-

chen Mindeststandards“ auf und wurde insbesondere das Lärmschutzziel mehr als erfüllt.

16. Werden Sie die HL-AG auffordern, die berechtigten Forderungen der Anwohner

der Eisenbahntrasse im Bereich des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds nach

bestmöglichem Schutz der Lebensqualität zu respektieren?

Werden Sie sich im Interesse der betroffenen Niederösterreicherinnen und

Niederösterreicher für die Verwirklichung der Egelseer-Trasse einsetzen?

Antwort:

Als Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung wird von den Sachverständigen der Behörde

ein Umweltverträglichkeitsgutachten erstellt, welches Grundlage für die weiteren Planungs-

schritte ist.

17., 18. Welche Vorteile aus dem Bau der Hochleistungsstrecke zwischen St. Pölten und

Wien können die vom Bahnbauprojekt betroffenen Bürgerinnen und Bürger im

Bereich des Perschlingtales und des Tullnerfelds nach Ihrer Ansicht erwarten?

Wird die Hochgeschwindigkeitsstrecke Vorteile irgendwelcher Art für den

Nahverkehr der Gemeinden zwischen St. Pölten und Wien haben?

Antwort:

Die Fragen wurden bereits in der Einleitung beantwortet.

19. Mit welchen Nachteilen müssen die vom Bahnbauprojekt betroffenen Bürge-

rinnen und Bürger im Bereich des Perschlingtales und des Tullnerfelds nach

Ihrer Ansicht künftig rechnen?

Antwort:

Bei der Realisierung eines derartigen Vorhabens sind Belastungen unvermeidbar, wobei die

Umweltverträglichkeitsprüfung sicherstellen soll, daß diese während der Bauzeit und im

späteren Betrieb möglichst gering zu halten sind. Entsprechende Schutz- und Ausgleichsmaß-

nahmen werden gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vorgesehen. Die jeweiligen Aus-

wirkungen sind in der UVE dargelegt.

20. Wurden die möglichen Auwirkungen des Baues der Eisenbahnhochleistungs-

strecke auf den Wert der Baugrundstücke im Perschlingtal ermittelt,

und wenn ja,

mit welchen Auswirkungen muß gerechnet werden?

Antwort:

Die Grundentschädigung erfolgt auf Basis der gesetzlichen Bestimmungen.

21. Welche Auswirkungen auf den Wochenend- und Ausflugstourismus im bisher so

ruhigen Perschlingtal sind zu erwarten?

Antwort:

Die Behörde hat für die Umweltverträglichkeitsprüfung einen Untersuchungsrahmen festgelegt,

wobei im Prüfbuch auch dieser Fragenkomplex enthalten ist.