2623/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2866/J-NR/1997, betreffend Menschenrechte in

Osterreich, die die Abgeordneten Dr. KIER, Mag. STOISITS, Kolleginnen und Kollegen am

11Juli 1997 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

1. Werden Sie die entsprechenden Maßnahmen setzen, daß an den Universitäten In-

stitute für Menschenrechte eingerichtet und mehr finanzielle Mittel für die For-

schung, Lehre und Dokumentation auf dem Gebiet der Menschenrechte zur Verfü-

gung gestellt wird?

2. Wenn ja, bis wann und in welcher Art und Weise werden Sie dafür sorgen?

3. Wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Lehrveranstaltungen, die der Grund- und Menschenrechtsthematik gewidmet sind, werden an

allen Rechtswissenschaftlichen Fakultäten Österreichs von den Instituten für Verfassungsrecht,

für Völkerrecht und auch von einer Reihe von Instituten für Europarecht regelmäßig angebo-

ten. Den Studierenden werden die Probleme zum Teil in Lehrveranstaltungen, die ausschließ-

lich den Grund- und Menschenrechten vorbehalten sind, zum Teil in Übersichtslehrveranstal-

tungen nahegebracht. Auch die wissenschaftliche Arbeit in diesen Themenbereichen läßt das

Interesse erkennen, das in Osterreich auf dem universitären Sektor den Menschenrechten ent-

gegengebracht wird.

Da in Österreich keine Defizite in Lehre und Forschung im universitären Bereich erkennbar

sind, sehe ich keinen Anlaß, eigene Institute für Grund- und Menschenrechte zu errichten bzw.

den Universitäten zu empfehlen, in dieser Richtung tätig zu werden.

4. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß zur Verminderung von Fremdenfeindlichkeit

und Rassismus Toleranz und Mitmenschlichkeit auch in Österreich wieder Platz

greift und dabei insbesondere die Bemühungen des Europarates, der EU, der OSZE

und der UNO unterstützen?

5. Wenn ja, in welcher Form?

6. Wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Neben den erwähnten universitären Aktivitäten in Lehre und Forschung ist auf eine wertvolle

Initiative zu verweisen, die im Jahre 1987 zur Gründung des Österreichischen Institutes für

Menschenrechte in Salzburg führte. Diese Einrichtung wurde unter maßgeblicher (auch finan-

zieller) Beteiligung des Bundes, des Landes Salzburg und des Katholischen Hochschulwerkes

auf Vereinsbasis gegründet. Direktor des Institutes ist der inzwischen emeritierte Ordentliche

Universitätsprofessor DDr. Franz Matscher, ein international angesehener Rechtswissenschaf-

ter, der auch Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist.

Das Institut, das heute weit über Österreich hinaus bekannt ist, weist ein breites Arbeitsspck-

trum auf. Zu seinen Aufgaben zählen die Abhaltung von wissenschaftlichen Veranstaltungen,

Vorträge, Öffentlichkeitsarbeit, Erteilung von Rechtsauskünften, Dokumentations- und Publi-

kationstätigkeit. Das Institut ist nationaler Korrespondent des Europarates. Der seit 1992 er-

scheinende ‚Newsletter“ enthält wichtige Informationen über die Judikatur der Straßburger

Instanzen (Europäische Kommission für Menschenrechte, Europäischer Gerichtshof für Men-

schenrechte), des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften und der österreichischen

Höchstgerichte im Bereich der Grund- und Menschenrechte.

Die politische Aktualität und Dringlichkeit des gesellschaftlichen Phänomens Fremdenfeind-

lichkeit sowie dessen zu verstärkende wissenschaftliche Thematisierung in Österreich waren

für das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr außerdem Anlaß, Forschungsaktivi-

täten zu stimulieren und einen sozial wissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt zum Thema

"Fremdenfeindlichkeit - Erforschung, Erklärung und Gegenstrategien“ einzurichten. Ziel sämt-

licher Forschungsbemühungen ist die Entwicklung von Gegenstrategien und Bewältigungs-

formen in bezug auf Fremdenfeindlichkeit. Mit der inhaltlichen Planung des Forschungs-

schwerpunktes wurde im Dezember 1993 ein ExpertInnenkreis beauftragt. Die Ergebnisse

eines Impulssymposiums ‚"Fremdenfeindlichkeit. Konflikte um die groben Unterschiede“ (Ok-

tober 1994, publiziert Wien 1995) sowie die Arbeit des Expertinnenkreises bildeten die Grund-

lage für die Formulierung eines Ausschreibungstextes zum Forschungsschwerpunkt, der im

Juni 1995 öffentlich bekannt gemacht wurde. Bis zum Ende der Ausschreibungsfrist wurden

118 Projektskizzen eingereicht, die von einem wissenschaftlichen Beirat und internationalen

ExpertInnen begutachtet wurden. Bisher wurden rund 20 Projekte in Auftrag gegeben, ca. 10

befinden sich im Begutachtungsstadium. Voraussichtlich wird bis Ende 1997 die Phase der

Auftragsvergabe abgeschlossen sein.

Im Februar 1997 fand die 1. Arbeitstagung zum Forschungsschwerpunkt statt. Die Tagung

stellte einen wichtigen Schritt in Richtung Projek-Vernetzung dar. Mittlerweile wurde eine

Homepage installiert, auf der wichtige Daten für den Forschungsschwerpunkt zu finden sind.

Weiters sollen die vom Ressort in Auftrag gegebene Dokumentation der bisherigen For-

schungsarbeiten und Repräsentativerhebungen installiert werden. Diese Infrastruktur kann auch

im internationalen Vergleich als ausgesprochen innovativ und richtungweisend gelten. Für

1997/98 ist eine 2. internationale Arbeitstagung sowie eine Publikation zum Gesamtkonzept

des Forschungsschwerpunktes geplant. Im Wintersemester 1997/98 werden Workshops mit in-

und ausländischen ExpertInnen veranstaltet, die dem gezielten Input von Know How in die

einzelnen Forschungsprojekte dienen sollen. Zusätzlich wird die Anwesenheit dieser ExpertIn-

nen vom Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr für die Veranstaltung einer Vor-

tragsreihe zum Forschungsschwerpunkt genützt. Längerfristig, voraussichtlich ab Herbst 1998,

ist die Umsetzung der Forschungsergebnisse geplant: Kontakte zu öffentlichen Einrichtungen,

die mit Migration und Fremdenfeindlichkeit zu tun haben; Gespräche, Vorträge und Works-

hops zu Vermittlungszwecken; Präsentation der Forschungsergebnisse in den Medien.

Außerdem wurden durch den österreichischen Koordinierungsausschuß zum europäischen Jahr

gegen Rassismus 1997 Mittel zur Mitfinanzierung von themenspezifischen Veranstaltungen

durch die einzelnen Ressorts sowie mit Bezug auf den ho. Leitschwerpunkt Fremdenfeindlich-

keit bereitgestellt.

Sowohl im Projektbereich als auch bei der Planung und Organisation der wissenschaftlichen

Veranstaltungen des Forschungssehwerpunktes werden die Aktivitäten mit den Zielsetzungen

der internationalen Organisationen akkordiert. Die Kosten für den Forschungsschwerpunkt

belaufen sich auf insgesamt ca. 30 Mio öS.

7. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß bei der Aus- und Fortbildung der BHS-, AHS-

und Pflichtschullehrer/innen der Menschenrechtserziehung ein ausreichender und

ständiger Platz eingeräumt wird?

Antwort:

Das Interuniversitäre Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung mit dem Sitz in

Klagenfurt veranstaltet einen Hochschullehrgang „Politische Bildung für LehrerInnen“. Dieser

Lehrgang wendet sich an Lehrerinnen und Lehrer aller Schultypen und Fächer. Er beinhaltet

ein systematisches Qualifikationsangebot zur Durchführung des Grundsatzerlasses zur Politi-

sehen Bildung vom II. April 1978, der alle Lehrerinnen und Lehrer dazu verpflichtet, die

Aufgabe „politische Bildung“ entsprechend den demokratischen Grundprinzipien des öster-

reichischen politischen Systems wahrzunehmen. Zentraler Gedanke des Lehrganges ist die

Interdisziplinarität, d.h., es geht nicht um eine Aneinanderreihung fachspezifischer Inhalte,

sondern um die Bearbeitung zentraler Problemfelder der Gegenwartsgesellschaft, bei der auch

die Reflexion persönlicher Erfahrung angestrebt wird. Als eines dieser Problemfelder sind die

Menschenrechtsfragen ausdrücklich ausgewiesen.