2826/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2726/J-NR/1997, betreffend Finanzierung von Schüler-

und Lehrlingsfreifahrten, die die Abgeordneten Böhacker und Kollegen am 9. Juli 1997 an mich gerichtet

haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

1.Die einstige Streichung des § 39 c FLAG führt zu einer markanten Wettbewerbsverzerrung zu

Lasten der Bahnunternehmen, da die für die jahrzehntelang gewünschten niedrigen Bahn-

tarife nunmehr die Ausgleichszahlungen gestrichen wurden. Im Gegensatz zum Busverkehr

schmälert sich die Ertragslage der Bahnunternehmen gegenüber den Autobussen drastisch.

Beabsichtigen Sie oder ein drittes Bundesressort diese einseitige Wettbewerbsverzerrung

auszugleichen?

Antwort:

Ob und inwieweit - wie in der Anfrage behauptet- die „Streichung des § 39c FLAG zu einer markanten

Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Bahnunternehmen führt", kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht

gesagt werden, da die Verhandlungen der ÖBB bzw. des Fachverbandes der Schienenbahnen mit dem für

die Finanzierung der Schüler- und Lehrlingsfreifahrt zuständigen Bundesministerium für Umwelt, Jugend

und Familie noch im Gange sind.

Zur Behauptung, daß „sich die Ertragslage der Bahnunternehmen gegenüber den Autobussen drastisch

schmälert“ ist festzuhalten, daß dies einerseits bei einem ersatzlosen Wegfall der Abgeltung gem. § 39c

zwar der Fall wäre, daß aber andererseits die bisher den Schienenbahnen gewährten Abgeltungen durch

die öffentliche Hand (Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie sowie Bundesministerium für

Wissenschaft und Verkehr) wesentlich höher als jene Abgeltungen waren, die den Bussen gewährt

wurden. Während bei den Kraftfahrlinien von den betreffenden Unternehmen eine kommerzielle

Ermäßigung in der Höhe von 50 % verlangt wurde und wird, lag das verlangte Ermäßigungsausmaß bei

den Schienenbahnen bei nur 25 %.

2. Verbundtarife sind gestützte Fahrpreise! Wer ist unter Berücksichtigung der gesetzlichen

Vorgaben und der Kompetenzverteilung für familienpolitische Aufgaben zuständig? Aus

welchen Budgetbereichen ist aus Ihrer Sicht die Schülerfreifahrt zu finanzieren?

Antwort

Die Schülerfreifahrten auf öffentlichen Verkehrsmitteln (Linienverkehr) wurden ab dem Schuljahr

1971/72 eingeführt. Ziel dieser Maßnahme war die Entlastung der Eltern von den Kosten der Schulfahr-

ten. Die Abgeltung bzw. Linderung der ungleichen Belastung der Eltern, die durch den Wohnort und den

Schulstandort bedingt ist, wurde in den bezughabenden Gesetzesmaterialien als „echte familienpolitische

Leistung im Sinne des Familienlastenausgleichs“ deklariert.

Die Schülerfreifahrt ist daher aus Sicht meines Ressorts eine ausschließliche familienpolitische Angele-

genheit und fällt daher kompetenzmäßig und budgetär in den Bereich des Bundesministeriums für

Umwelt, Jugend und Familie.

3. Werden Sie bei den nächsten Finanzausgleichsverhandlungen dafür eintreten, daß im Falle

einer zukünftig durch den Bund gewünschten Mitfinanzierung bei der Schülerfreifahrt die

Länder auch die notwendigen Finanzmittel bekommen?

Antwort:

Nach derzeitigem Stand der Verhandlungen ist keine Übernahme der Kosten für die Schülerfreifahrt

durch die Verbünde vorgesehen.

Es ist jedoch davon auszugehen, daß eine allfällige Kostenübernahme der Länder im Rahmen der

Verbünde nicht freiwillig erfolgt und für diesen Fall Finanzausgleichsverhandlungen von den Ländern

gefordert werden, die auf Bundesseite vom Bundesministerium für Finanzen zu führen wären.

4., 5., 6. Eine Einbeziehung der Schüler und Lehrlinge in die Verbünde kann nur durch die

gleichzeitige Einbindung des ÖKO-Bonusses bzw. der Sozialtarifabgeltung in die

Verbundsysteme funktionieren, um so keine Wettbewerbsverzerrung zwischen

Bahn- und Busunternehmen herbeizuführen. Teilen Sie diese Meinung, wenn nein,

warum nicht?

Sehen Sie die Einbindung der Schüler und Lehrlinge in die Verbundsysteme als

sinnvoll an?

Wenn nein, warum nicht, wenn ja, mit welcher Begründung?

Antwort:

Die Einbeziehung der Schüler und Lehrlinge in die Verkehrsverbünde, wird von den an den Verbünden

beteiligten Gebietskörperschaften grundsätzlich unterstützt und verkehrspolitisch für sinnvoll erachtet.

Dabei sollen Schülern auch die Verbundvorteile, wie z.B.

- ein Fahrausweis

- freie Verkehrsmittelwahl etc.

gewährt werden.

Die Einbeziehung der Schüler und Lehrlinge in die Verkehrsverbünde ist derzeit Gegenstand intensiver

Verhandlungen zwischen dem Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie und den Verkehrs-

verbünden.

Die gleichzeitige Einbindung des ÖKOBONUS bzw. der Sozialtarifentschädigung in die Verbund-

systeme wird seitens des Verkehrsressorts prinzipiell angestrebt. Die konkrete Umsetzung ist derzeit

Gegenstand von Verhandlungen mit den ÖBB, den Privatbahnen und den Verkehrsverbünden.

7. Der Bund leistet in allen Verbünden finanzielle Beiträge. Warum ist dem Verkehrsministerium

als koordinierende Bundesstelle nicht gelungen, eine Vereinheitlichung zumindest auf der Seite

der Fahrscheinverkaufsgeräte und den Grundzügen des Tarifs durchzusetzen?

Antwort:

Die Vereinheitlichung der Fahrscheinausgabegeräte in den verschiedenen Verbünden wäre an sich

wünschenswert, ist jedoch kaum realisierbar, da vor Einführung der Verbünde einige Verkehrsunterneh-

men bereits mit Fahrscheinverkaufsgeräten ausgestattet waren.

Die Post hatte bereits überwiegend elektronische Fahrscheingeräte, im Bereich der Schiene (Schaff-

nergeräte) gelten andere Anforderungen als bei den Geräten, die in den Bussen zur Anwendung kommen.

Die Entscheidung über die Anschaffung der Geräte wurde jeweils in eigenen Ausschüssen, die sich

speziell mit dieser technischen Frage beschäftigt haben, vorgenommen.

Im Bereich der Verkehrsverbünde Oberösterreich und Kärnten fiel die Entscheidung zugunsten eines

Magnetkartensystems als Weiterentwicklung der Fahrscheintechnik und mit der Möglichkeit die

Fahrgastströme nachzuvollziehen, um hier wertvolle Daten für die Verkehrsplanung zu erreichen.

Im Bereich der Tarifgestaltung gibt es Unterschiede durch das jeweilige Verbundmodell (Tarifzonenmo-

dell, Haltestellengruppenmodell).

Dazu kommt, daß regional sehr unterschiedliche Interessen und Siedlungs- bzw. Bevölkerungsstrukturen

im Rahmen regionaler Verbünde zu berücksichtigen sind und die Länder, die immerhin die Hälfte, aber

überwiegend zwei Drittel der Kosten übernehmen, auch unterschiedlich Bereitschaft zeigen, Mittel für

den öffentlichen Verkehr zur Verfügung zu stellen.

Aus Bundessicht wird dennoch eine weitgehende Vereinheitlichung und Optimierung der Verkehrs-

verbünde, u.a. durch die Umsetzung der Schönbäck-Studie, angestrebt.

8. Ist es möglich, aufgrund der unterschiedlichen Verbundstrukturen in Österreich eine öster-

reichweit gültige und für alle gleiche Schüler- und Lehrlingsregelung im Zusammenhang mit

der Einbindung dieser Beförderungsgruppe in die Verbünde einzuführen? Welche Strategie

verfolgt dabei ihr ‚Taus?

Antwort:

Die Grundstrukturen zur Einbeziehung der Schüler in die Verkehrsverbünde, nämlich

- ein Fahrausweis für die Strecke zwischen Wohnort und Schule

- freie Verkehrsmittelwahl

können aus meiner Sicht einheitlich für alle Verbünde umgesetzt werden.

Darüberhinaus kann es Aufzahlungsmarken für die Benützung in den Ferien etc. geben.

Im einzelnen werden aufgrund der oben genannten unterschiedlichen Verbundmodelle (Zonen, Halte-

stellengruppen) aber geringfügige Unterschiede bei der Durchführung der Einbeziehung notwendig

werden, die von den einzelnen Verbünden zu regeln sind.

9. Sollte die Schüler und Lehrlingsfrage bis zum Beginn des Schuljahres 1997/1998 nicht geklärt

werden, ist nicht auszuschließen, daß die betroffenen Verkehrsunternehmen die Verbundver-

träge kündigen. Wie wirkt sich ein derartiger Schritt dann auf die Zeitkartenpreise der

Pendler aus? Wäre dann die durch den Familinminister geortete Fahrpreisdifferenz, zwischen

den Pendlerfahrausweisen und den Schülertickets, noch vorhanden?

Antwort;

Die Regeltarife für Pendler und Schüler sind gleich hoch, der Kaufpreis durch eine unterschiedliche

Subventionierung jedoch verschieden

- Pendlerkarten werden vom BMWV bzw. im Rahmen der Verbünde von den beteiligten Gebiets-

körperschaften subventioniert

- Schülertarife zum Großteil durch das BMUJF.

Für das Schuljahr 1997/98 konnte kürzlich mit den in den Verbünden Salzburg, Vorarlberg und Kärnten

vom BMUJF gekündigten Verkehrsunternehmen Post und KWD der ÖBB eine Einigung erzielt werden;

damit ist der Weiterbestand der Verbünde zunächst gesichert.

Grundsätzlich ist aber anzumerken, daß im Falle einer Nichteinigung über die Schülerbeförderung

zwischen BMUJF und Verkehrsunternehmen und einer damit verbundenen Kündigung der Verbundver-

träge durch die Verkehrsunternehmen, eine Auflösung der Verbünde zu erwarten ist. Damit würde es

auch für Pendler keine Verbundtarife mehr geben, sondern nur mehr die vor Einführung der Verbund-

tarife geltenden jeweiligen Unternehmnestarife, die zu einer massiven Verteuerung für die Pendler führen

würde.