29/AB

Die Abgeordneten zum Nationalrat KISS, PLATTER und Kollegen haben

am 30. Jänner 1996 unter der Nr. 42/J an den Bundesminister für

Inneres eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend

"Tätigkeit von ehemaligen Stasi-Agenten in Österreich" gerichtet ,

die folgenden Wortlaut hat:

" 1. Gibt es, abgesehen vom konkreten Fall, noch weitere

Personen, gegen die staatspolizeiliche Erkenntnisse, die die

Befassung der Justiz rechtfertigen, vorliegen?

2. Ist in nächster Zeit mit weiteren Strafanzeigen zu rechnen?

3. Gibt es die Möglichkeit, für Zwecke solcher Verfahren Ein-

sicht in die Akten des Gauck-Archivs zu nehmen?

4. Wenn nicht, beabsichtigen Sie - in Kontakten mit den

deutschen Behörden - Wege zur Überwindung dieser Schwierig-

keiten zu suchen?"

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt :

Zu Frage 1:

Ja. 1994 und 1995 wurde in über 50 Fällen Strafanzeige erstattet.

In 29 Fällen hat die Strafverfolgungsbehörde inzwischen die Ein-

stellung der Verfahren verfügt. Zu einer rechtskräftigen Verur-

teilung ist es bisher noch nicht gekommen.

Zu Frage 2 :

Da bei den Vergehen "Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil

Österreichs" (§ 256 Strafgesetzbuch) und "Militärischer Nachrich-

tendienst für einen fremden Staat" (§ 319 Strafgesetzbuch) die

Verjährung nach fünf Jahren eintritt , ist künftig nur noch in

Ausnahmefällen , z .B. bei Vorliegen der Voraussetzungen des "Amts-

mißbrauches" oder des "Verrats von Staatsgeheimnissen" , mit

Strafanzeigen durch die Sicherheitsbehörden zu rechnen.

Zu den Fraqen 3 und 4 :

Unterlagen der sogenannten "Gauck-Behörde" sind österreichischen

Behörden nur auf der Grundlage der Bestimmungen des Europäischen

Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen , BGBl .

Nr. 14/69 , und des Vertrages zwischen der Republik Österreich und

der Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des Europäi-

schen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen , BGBl.

Nr. 36/77 , sowie des deutschen Gesetzes über die Unterlagen des

Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen

Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz-StUG) vom 2O.12.1991 zugäng-

lich.

Österreichische Sicherheitsbehörden erhalten daher grundsätzlich

nur im Wege der förmlichen Rechtshilfe Unterlagen bzw. Auskünfte

von der GAUCK-Behörde. Auch der Beitritt Österreichs zur Europäi-

schen Union hat in dieser Hinsicht keine Änderung ergeben , da

Österreich nach wie vor nicht unter die im § 25 des "Stasi-Unter-

lagen-Gesetzes" (StUG) angeführten "Verbündeten" fällt. Als sol-

che gelten nur Mitgliedsstaaten der NAT0.

Rechtshilfeersuchen wurden in der Vergangenheit in mehreren ge-

richtsanhängig gemachten Fällen gestellt. Ein direkter Zugang zu

Akten der Behörden der früheren DDR wurde den österreichischen

Sicherheitsbehörden trotz diesbezüglicher Bemühungen bisher nicht

ermöglicht.


HTML-Dokument erstellt 27.08.1996 um 11:35:31.