2938/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2953/J-NR/97 betreffend Besprechung

obszöner Literatur im Unterricht, die die Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und

KollegInnen am 19. September 1997 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet;

1. Können Sie - nach Kenntnisnahme des beigelegten Textes von Tull Kupferberg -

darin eine Bereicherung für den Englischunterricht einer 8. Klasse erkennen und

wenn ja, inwieweit und wenn nein, warum nicht?

2. Sind Ihrer Meinung nach der Heranziehung von zusätzlichem Unterrichtsmaterial

gewisse ethische, moralische oder wie immer geartete Grenzen gesetzt und wenn ja,

welche und wenn nein, warum nicht?

3. Werden Sie konkrete Schritte im Hinblick auf den oben zitierten Sachverhalt setzen

und wenn ja, welche und wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Der angeführte Text wurde im Zusammenhang mit konkreten Lehrzielen und in einem vor-

bereiteten pädagogischen Rahmen vorgelegt. Die zitierten Verse wurden nämlich mit der

konkreten Aufgabenstellung ,,Should poems like this one be censored?“ (Sollten Gedichte wie

dieses zensuriert werden?) Sonetten und Gedichten arrivierter Autoren wie Shakespeare)

Milton oder Plath gegenübergestellt. Diese Englischstunde fand im Februar 1997 - also im

vergangenen Schuljahr - in einer Maturaklasse statt, einer Altersgruppe also, die durchaus

imstande ist, diese Fragestellung auch an Hand provokanter Texte zu analysieren und nur

wenige Monate nach diesem Termin ein Reifezeugnis erhält, das sie in ein eigenständiges und

selbstverantwortetes Arbeits - und Privatleben entläßt. Die Beurteilung des Textes von Tuli

Kupferberg kann in didaktischer Hinsicht nicht davon ausgehen, ob der Text eine Bereiche-

rung für den Englischunterricht darstellt, sondern ist vor dem Hintergrund der erklärten

pädagogischen Zielsetzung zu sehen, eine Konfrontation mit existierenden Randformen

poetischen Gestaltens herbeizuführen. Aus der konkreten Aufgabenstellung ergab sich bereits,

daß die gesellschaftliche Tolerierung solcher Texte nicht jene Breite auiweist, wie dies für

Shakespeare oder Milton in der Gegenwart gelten kann. Damit wurde nicht der Inhalt des

genannten Textes thematisiert oder positiv dargestellt, sondern die Wirkung poetischen

Schaffens im gesellschaftlichen Zusammenhang.

Die grundsätzlich bestehenden ethischen Grenzen für einen Einsatz zusätzlicher Unterrichts -

materialien wurden deshalb nicht überschritten, weil es zu keiner Verklärung oder Positiv -

Darstellung der Wortinhalte kam, sondern vielmehr ethisches Handeln in der Begegnung mit

existierenden Texten konkretisiert und die Entscheidungskompetenz (auch zur Ablehnung

solcher Texte) erweitert wurde.

Die Direktion und die Personalvertretung halten dazu fest, daß es im vergangenen Schuljahr

weder seitens der Eltern noch seitens der Schüler dazu Reaktionen, Diskussionen oder

Proteste gegeben hat.