2945/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Lafer, Dl Hofmann, Dr. Partik - Pablé und Kolle -

gen haben am 09. Oktober 1997 unter der Nr. 30881J an den Bundesminister für In -

neres eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Internationaler Schlep -

perring“ gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

„1. Ist es richtig, daß zur Beobachtung des betreffenden Schlepperringes eine

Arbeitsgruppe eingesetzt wurde?

Wenn ja, a. wann,

b. wie viele Mitarbeiter hat die eingesetzte Arbeitsgruppe,

c. welcher Vorfall bzw. welche Wahrnehmungen oder

Informationen führten zur Installierung einer Arbeitsgruppe,

d. gibt es noch weitere derartige Arbeitsgruppen und wenn ja,

wie viele und wenn nein, warum nicht?

2. Seit wann stand der betreffende Schlepperring unter Beobachtung?

3. Warum wurde im betreffenden Fall nicht früher eingeschritten?

4. Wurden seit Beginn der Observation bzw. im Zuge der jetzigen Ermittlungen

bereits Vernehmungen respektive Verhaftungen vorgenommen?

Wenn ja, a. wie viele Personen wurden vernommen bzw. verhaftet,

b. welcher Nationalität gehören die Vernommenen bzw. Ver -

hafteten an,

c. was geschah in weiterer Folge mit Ihnen (Rechtsstatus,

Aufhältigkeit), aufgeschlüsselt nach Schleppern und

Geschleppten?

5. Aus wie vielen Mitgliedern bestand der betreffende Schlepperring?

6. Welchen Nationalitäten gehören die Mitglieder des Schlepperringes an?

7. Waren einzelne Mitglieder des Schlepperringes in Österreich polizeilich ge-

meldet?

Wenn ja, wo und wie viele?

8. Auf Basis welchen Rechtsstatus waren bzw. sind die einzelnen Mitglieder des

Schlepperringes in Österreich aufhältig?

9. Gingen die in Österreich aufhältigen Mitglieder des Schlepperringes zur Si -

cherung des Unterhaltes einer ihrem Lebensstil entsprechenden geregelten

Beschäftigung nach, abgesehen von der Tätigkeit eines Schleppers?

Wenn ja, wie viele und welche Tätigkeiten waren dies?

Wenn nein, ist nachvollziehbar, wie ihr Lebensunterhalt finanziert wurde?

10. War der betreffende Schleppering nur in Österreich tätig?

Wenn nein, wo waren die einzelnen Mitglieder tätig?

11. Waren Mitglieder des Schlepperringes in Österreich oder in einem anderen

Staat schon zur Fahndung ausgeschrieben bzw. den Sicherheitsbehörden

einschlägig aufgefallen?

Wenn ja, a. welche Mitglieder,

b. weswegen?

c. in welchem Staat?

12. Gibt es Hinweise auf eine Zusammenarbeit von Schleppem auf internationaler

Ebene?

Wenn ja, zu welchem Ergebnis kamen die Nachforschungen und wurde mit

anderen Behörden diesbezüglich bereits Kontakt aufgenommen?

13. Gibt es bereits Hinweise auf das genaue Vorgehen des Schleppe rringes bzw.

die Rolle der einzelnen Mitglieder?

Wenn ja, wie wurde genau vorgegangen?

14. Gibt es bei dem betreffenden Schlepperring Hinweise auf Kinderschleppun -

gen?

Wenn ja, wie viele Kinder wurden insgesamt geschleppt und wie viele dieser

Kinder haben in Österreich offiziell aufhältige Familienangehörige?

15. Gibt es Schlepperorganisationen, die sich in irgendeiner Form „spezialisiert“

haben?

Wenn ja, wie viele und mit welcher Spezialisierung?

16. Gibt es bereits Hinweise, wie viele Personen seit Beginn der Beobachtung

des Schlepperringes geschleppt wurden?

Wenn ja, wie viele, aufgeschlüsselt nach Nationalitäten und Geschlecht?

17. Gibt es generell Schätzungen seitens des Bundesministeriums für Inneres

bzw. Werte, wie viele Personen 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997  nach

Österreich geschleppt wurden, aufgeschlüsselt nach Nationalität, Geschlecht,

Voll - und Minderjährigen und Personen mit in Österreich aufhältigen Ver -

wandten?

18. Konnten Nachforschungen angestellt werden bzw. gibt es Hinweise oder

Vermutungen, was aus den bisher von der betreffenden Organisation nach

Österreich Geschleppten wurde (Rechtsstatus, Aufhältigkeit)?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

19. Gibt es generell Schätzungen seitens Ihres Ministeriums (oder Nachforschun -  

gen) über die Zahl der illegal in Österreich aufhältigen Personen?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis (Zahl, Geschlecht, Nationalität)?

20. Gibt es bereits Hinweise, wie viel die betreffende Schlepperorganisation pro

zu Schleppenden durchschnittlich verlangt bzw. verdient hat?

Wenn ja, wie viel im einzelnen und insgesamt?

21. Wem gehört das in der Präambel genannte Gästehaus und wer führt es?

22. Wie viele Personen waren seit 1992 dort gemeldet, aufgeschlüsselt nach

Rechtsstatus und Nationalität?

23. Wie viele Personen sind derzeit in oben genanntem Gästehaus gemeldet,

aufgeschlüsselt nach Nationalität und Rechtsstatus?

24. Wird das Gästehaus in der Lunzerstraße von staatlicher Seite gefördert?

Wenn ja, in welcher Höhe, seit wann und unter welchem Titel?

25. Ist es richtig, daß in genanntem Gästehaus Illegale wohnten?

Wenn ja, wie viele, welcher Nationalität und seit wann ist das bekannt?

26. Gab es im Zuge der Ermittlungen Hinweise auf einzelne österreichische natür -

liche oder juristische Personen, die mit Mitgliedern der Schlepperbande inso -

fern in Kontakt standen, als diese sie in ihrer Tätigkeit in irgendeiner Form

unterstützten?

Wenn ja, a. auf welche natürlichen oder juristischen Personen gab es Hin -

weise,

b. wurde diesen Hinweisen nachgegangen, wenn ja, mit welchem

Ergebnis, und wenn nein, warum nicht?

27. Gab es generell auch in Österreich Hinweise auf einzelne natürliche oder juri -

stische Personen, die mit Mitgliedern von Schlepperbande insofern in Kontakt

stehen oder standen, als sie diese oder die Geschleppten in ihrer Tätigkeit in

irgendeiner Form unterstützen bzw. unterstützten?

Wenn ja, a. auf welche natürlichen oder juristischen Personen gab es

Hinweise,

b. wurde diesen Hinweisen nachgegangen, wenn ja, mit welchem

Ergebnis, und wenn nein, warum nicht?

28. Gibt es generell Hinweise darauf, daß sich die Methoden der Schlepper än -

dern?

Wenn ja, in welcher Hinsicht und wie reagiert das Bundesministerium für Inne -

res darauf?“

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1a - c:

Am 21.04.1997 wurde aufgrund von sicherheitspolizeilichen Analysen eine sieben -

köpfige Arbeitsgruppe eingesetzt.

Zu Frage 1d:

Nein, grundsätzlich werden die Ermittlungen von den Fachgruppen durchgeführt.

Zu Frage 2:

Mit Einsetzung der Arbeitsgruppe wurden konkrete Maßnahmen gesetzt.

Zu Frage 3:

Ziel der eingesetzten Arbeitsgruppe war es, die Hauptorganisation zu devastieren

und nicht nur einzelne Schlepper der unteren Organisationsebene dingfest zu ma -

chen. Die dafür notwendigen strafprozessualen Beweise konnten nicht früher er -

bracht werden.

Zu Frage 4a - c:

Seit Beginn der konkreten Ermittlungen wurden 6 Schlepper (3 Kosovoalbaner, 1

Ungar und 2 Österreicher) und 17 Geschleppte festgenommen. Die Schlepper wur-

den in U-Haft, die Geschleppten in Schubhaft genommen. Bei der Zugnifsaktion am

30.09.1997 wurden in Österreich weitere 25 Schlepper und 41 Geschleppte festge -

nommen.

Zu Frage 5:

65 Mitglieder der Schlepperorganisation wurden in Österreich bei Gericht angezeigt.

ZuFrage6:

Die Schlepperorganisation bestand aus Kosovoalbanern, Ungarn, Österreichern und

Deutschen.

Zu Frage 7:

Ja; 14 Mitglieder der Organisation waren in Linz, 3 in Leonding, 4 in Salzburg, 2 in

Wien und 2 in Steyr gemeldet.

Zu Frage 8:

Die Mitglieder der Organisation sind bzw. waren, sofern sie nicht die Österreichische

Staatsbürgerschaft besaßen, aufgrund der Bestimmungen des Fremden- oder Asyl-

gesetzes in Österreich aufhältig.

Zu Frage 9:

7 Personen der Schlepperorganisation gingen einer legalen Beschäftigung, wie zB

Hausmeisterin, Gastwirt, Hilfsarbeiter, nach. Die Finanzierung des Lebensunterhal -

tes der restlichen involvierten Personen ist Gegenstand von Ermittlungen.

Zu Frage 10:

Die Mitglieder der Organisation waren in Jugoslawien, Ungarn, Österreich und der

BRD aktiv.

Zu Frage 11a - c:

Einzelne Mitglieder der Organisation waren in Österreich und in der BRD schon Ge -

genstand von konkreten Ermittlungen. Durch die sicherheitspolizeiliche Gefahrena -

nalyse wurden weitere Personen zur Fahndung ausgeschrieben bzw. führte diese

zur Einrichtung der Arbeitsgruppe. Mitglieder der unteren Ausführungsebene wurden

bereits 1996 in Österreich und in der BRD wegen Schleppertätigkeit zur Anzeige ge -

bracht oder zur Fahndung ausgeschrieben.

Zu Frage 12:

Die Schlepperorganisation war vom Kosovo über Ungarn, in Österreich und in der

BRD aktiv. Mit deutschen Behörden wurde zusammengearbeitet.

Zu Frage 13:

Die Schlepperorganisation war hierarchisch aufgebaut. Es erfolgte strikte Rollenver -

teilung und es wurde arbeitsteilig vorgegangen. Die Mitglieder verhielten sich konspi -

rativ und verwendeten Deck - und Codenamen. Jedem Mitglied war eine konkrete

Rolle wie Organisator, Mittelsmann, Fahrzeugschlepper, Unterkunftgeber udgl. zu -

gewiesen.

Zu Frage 14:

Die Anzahl der geschleppten Kinder ist unbekannt.

Zu Frage 15:

Die Spezialisierung ist vom Herkunftsland der Illegalen, Zielland, Route abhängig

und bezieht sich auf die Beschaffung von Falsch - oder Fremddokumenten, Arten des

illegalen Grenzübertritts, Transportmöglichkeit, etc.

wieviele Schlepperorganisationen europa - bzw. weltweit aktiv sind, deren Routen

durch Österreich führen oder die Kontakt - oder Mittelsmänner in Österreich haben,

kann nicht annähernd abgeschätzt werden.

Zu Frage 16:

Von der Organisation wurden wöchentlich ca. 30 bis 50 Kosovoalbaner - vorwie -

gend Männer - geschleppt.

Zu Frage 17:

Nein.

Zu Frage 18:

Nach den Erfahrungen dürften ca. 213 der Geschleppten in die BRD weiterge -

schleust worden sein. Eine konkrete Zahl, wie vielen Personen in Österreich Asyl

gewährt wurde, bzw. wie viele Personen abgeschoben wurden, kann nicht nachvoll -

zogen werden.

Zu Frage 19:

Nein.

Zu Frage 20:

Für eine Schleppung wurde ein Betrag von durchschnittlich 3.500.- DM verlangt. Von

1992 bis 1997 setzte die Organisation ca. 200.000.000. öS um.

Zu Frage 21:

Das Gästehaus wird von der GWL Gebäude, Wohnungs - und Liegenschaftsver -

waltungs -GsmbH verwaltet.

Zu den Fragen 22 und 23:

Die GWL verwaltet im Standort Linz, Lunzerstraße insgesamt 10 Gebäude. In diesen

Gebäuden befinden sich wnd 800 Gästebetten1 von denen etwa 600 an nicht -

österreichische Personen vergeben sind. Hiervon ist die weitaus überwiegende Zahl

bei der VOEST-Alpine Stahl AG beschäftigt. Nur rund 30 Personen aus 11 verschie -

denen Nationen sind als bundesbetreute Asylwerber auf Gwnd eines seit mehreren

Jahren bestehenden Vertrages mit dem BMfI in den Objekten 50 und 52 unterge -

bracht. In den Gebäuden werden weiters 35 bosnische De - facto - Flüchtlinge vom

Amt der OÖ - Landesregiewng und ca. 90 Personen auf Rechnung der Volkshilfe und

Caritas untergebracht. Jedenfalls waren aber seit 1992 insgesamt 1.932 bundesbe -

treute Asylwerber in den Objekten Nr.50 und 52 beherbergt.

Zu Frage 24:

Nach den mir zur Verfügung stehenden Informationen nein.

Zu Frage 25:

In den Objekten 50 und 52 wurden am 30.09.1997 41 illegal eingereiste Kosovoal -

baner aufgegriffen. Zu Beginn der Ermittlungen war bekannt, daß die angeführten

Objekte als Zwischenlager für Illegale dienten.

Zu den Fragen 26a - und 27a - b:

Österreichische Staatsbürger führten Tätigkeiten auf unterster Organisationsebene

durch. Sie wurden angezeigt bzw. im Zuge der Zugnifsaktion verhaftet.

Zu Frage 28

Ja. Durch strategische und operative Analysen werden die Methoden der Schlepper

erhoben und wird mit den entsprechenden kriminaltaktischen Maßnahmen darauf

reagiert.