3085/AB XX.GP

 

Beantwortung

der Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Kollegen

betreffend Krebs—Neuerkrankungen in Österreich,

(Nr.3146 /J)

Zur beiliegenden Anfrage führe ich folgendes aus:

Der spekulative Zusammenhang zwischen einer leichten Steigerung der Krebsinzidenzen in

Österreich und dem Reaktorunfall von Tschernobyl, der im zitierten Zeitungsartikel auf der Basis

subjektiver Beobachtungen einer Ärztin hergestellt wurde, ist nach Kenntnis meines Ressorts in

keiner systematischen Studie begründet und darüber hinaus aufgrund der Strahlendosis aus dem

Reaktorunfall von Tschernobyl und den bekannten Risikofaktoren auch nicht zu erwarten. Auch

die rezenten Krebsstatistiken des Österreichischen Statistischen Zentralamtes lassen keinen

Hinweis auf eine durch Tschernobyl bedingte erhöhte Krebsinzidenz erkennen.

Zu Frage 1:

Im Jahre 1995 sind in Österreich 34.268 Menschen an Krebs erkrankt. Es gab somit um 1,8 %

mehr Neuerkrankungsfälle als im Vorjahr bzw. um 11,3 % mehr als vor 10 Jahren. Diese

Zunahme ist großteils auf das Wachstum und die Alterung der Bevölkerung aber auch auf eine

verbesserte Meldegenauigkeit zurückzuführen. Das Risiko, an Krebs zu erkranken, nimmt mit

dem Alter zu. Schaltet man diese demographischen Faktoren durch eine Altersstandardisierung

aus, erkennt man einen leichten Anstieg der Neuerkrankungsrate bei Männern und einen eher

gleichbleibenden Verlauf bei Frauen. Es ist aber auch wichtig, die Krebssterblichkeit zu

betrachten. Im Jahr 1995 starben in Österreich etwa 19.000 Menschen an Krebs.

Diese Zahl hat sich jedoch in den letzten 25 Jahren nicht verändert. Angesichts der Alterung der

Bevölkerung Österreichs bedeutet dies eine klare Verbesserung. Der sinkende Trend in der

Krebssterblichkeit läßt sich an Hand von altersstandardisierten Krebssterbeziffern verdeutlichen.

Eine Altersstandardisierung wird durchgeführt, um den Effekt des unterschiedlichen Altersaufbaus

der Bevölkerung auszuschalten. Seit 1983 ist die altersbereinigte Krebssterbeziffer um 10 % bei

den Männern und um 11 % bei den Frauen zurückgegangen.

Zu Frage 2:

Eine wesentliche Maßnahme zur Verhütung von Krebserkrankungen stellt Vorsorge dar. Eine

Möglichkeit dazu sind Vorsorgeuntersuchungen, die allen Personen über 19 Jahren einmal jährlich

kostenlos angeboten werden. Seitens der Österreichischen Krebshilfe wird auch umfangreiches

Broschürenmaterial bereitgestellt, in dem auf Risikofaktoren und vermeidbare Verhaltensweisen

für bestimmte Krebserkrankungen eingegangen wird. Darüber hinaus erfolgen jährlich Schwer—

punktaktionen, wo motiviert wird, Vorsorgemaßnahmen gegen bestimmte Krebsarten zu treffen.

1996 war dies in Übereinstimmung mit der Europäischen Krebswoche Hautkrebs, 1997

Brustkrebs.

Zu Frage 3:

Generell ist darauf hinzuweisen, daß die Meldefrequenz in den einzelnen Bundesländern

unterschiedlich ist. In Tirol, Kärnten, Steiermark, Burgenland, Oberösterreich und

Niederösterreich ist die Krebsneuerkrankungsrate in den letzten 10 Jahren gestiegen, in Salzburg,

Vorarlberg und Wien ist sie gesunken.

Zu den Krebsarten im einzelnen:

Magenkrebs zeigt in den letzten 10 Jahren bei den Neuerkrankungen in allen Bundesländern

einen enormen Rückgang um rund 35 %

Darmkrebs weist generell einen relativ konstanten Verlauf auf. Burgenland, Kärnten, Steiermark

und Tirol hatten einen etwas steigenden Trend, Vorarlberg und Wien einen leicht sinkenden.

Bauchspeicheldrüsenkrebs verzeichnet in den meisten Bundesländern einen gleichbleibenden

Trend, in Niederösterreich ist die Neuerkrankungsrate gestiegen.

Bei Lungenkrebs konnte in allen Bundesländern bei Männern ein starkes Absinken der

Neuerkrankungen beobachtet werden, bei Frauen ist die Neuerkrankungsrate zu dieser

lokalisation steigend. Dennoch haben Männer ein beinahe viermal so hohes Risiko an

Lungenkrebs zu erkranken wie Frauen.

Brustkrebs stellt die häufigste Lokalisation bei Frauen in allen Bundesländern dar mit steigendem

Verlauf der Neuerkrankungsrate, während die Sterblichkeitsrate zu dieser Lokalisation eher

konstant ist.

Die Neuerkrankungsrate an Gebärmutterhalskrebs ist in allen Bundesländern stark rückläufig.

Prostatakrebs ist die häufigste Lokalisation bei Männern. Die Neuerkrankungsrate steigt in allen

Bundesländern an.

Schilddrüsenkrebs stellt nur rund 1% aller Krebsneuerkrankungen dar. Die Neuerkrankungsrate

dieser Lokalisation weist einen leicht steigenden Verlauf auf.

Die Neuerkrankungsrate an Leukämien wies in den letzten 10 Jahren einen leicht rückläufigen

Trend auf.

Zu Frage 4:

Ein derartiger Zusammenhang hat sich bislang weder aus den einschlägigen Daten des

Statistischen Zentralamtes ergeben, noch gibt es sonst fundierte Hinweise von anderer Seite auf

einen möglichen Zusammenhang.

Zu Frage 5:

Es ist keinesfalls zulässig, von einem allfällig steigenden finanziellen Aufwand für Heilmittel zur

Krebsbehandlung auf eine Zunahme der Krebsneuerkrankungen zu schließen. Dies insbesondere

deshalb, weil sich die medizinischen Möglichkeiten zur Krebsbehandlung in den letzten Jahren

erheblich verbessert haben und heute eine Vielzahl von Heilmitteln zur Verfügung stehen, die zur

Zeit des Reaktorunglücks von Tschernobyl noch nicht bekannt waren.

Das Ausmaß medikamentöser Behandlung bei bestimmten Krebsarten richtet sich nach vielen

unterschiedlichen Faktoren, wie Inzidenz der Erkrankung, frühzeitige Diagnosestellung,

Vorhandensein mehrerer unterschiedlicher Therapieverfahren, aktueller Stand der Wissenschaft

etc. Es ist daher nur ein indirektes und wenig aussagekräftiges Maß für die eigentlich interessante

Größe, nämlich die konkrete Inzidenz bestimmter Krebsarten. Die Inzidenzen der angesprochenen

Krebsarten sind im Rahmen der vom Statistischen Zentralamt in Österreich gewarteten Daten

verfügbar.

Zu den Fragen 6 bis 8:

Zusammenfassungen der Auswirkungen des Reaktorunfalls von Tschernobyl auf Österreich

wurden mehrfach in den einschlägigen Publikationsreihen des damaligen Gesundheitsressorts

veröffentlicht. Kausale Beziehungen zwischen der zusätzlichen Strahlenbelastung durch den

Reaktorunfall und der Inzidenz bestimmter Krebsarten konnten in Österreich nicht verifiziert

werden.