3115/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Helmut Haigermoser und Genossen haben am
14. November1997 unter der ZI. 3316/J - NR/1997 an mich eine schriftliche Anfrage
betreffend Toponomastik in Südtirol gerichtet, welche den folgenden Wortlaut hat:
,,1.Sind Sie bereit, die berechtigten Forderungen der deutschen und ladinischen
Südtiroler betreffend die Ortsnamensgebung zu unterstützen?
2. Wenn nein, warum nicht?
3. Wenn ja, in welcher Form werden Sie dies tun und bis wann ist mit konkreten Er-
gebnissen zu rechnen?“
Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1 und 2:
Die österreichische Bundesregierung unterstützt die Forderungen der Südtiroler
nach einer gerechten Lösung der Ortsnamengebung. Eine solche kann nur auf der
Basis des Pariser Abkommens (1946) und des
Autonomiestatuts (1972) sowie im
Einvernehmen zwischen den Sprachgruppen erfolgen. Ersteres sieht in Art. 1 die
„Gleichberechtigung der deutschen und italienischen Sprache ... in der zweisprachi-
gen Ortsnamengebung“ vor, letzteres überträgt in Art. 8 (2) den autonomen Provin-
zen die Kompetenz zur Regelung der Ortsnamengebung, „mit der Verpflichtung zur
Zweisprachigkeit in der Provinz Bozen“. Weiters verweist Art. 101 des Autonomie-
statuts auf eine Feststellung des Vorhandenseins bzw. die Genehmigung der
deutschsprachigen Bezeichnungen durch Landesgesetz. Ein entsprechendes Lan-
desgesetz ist mangels italienischer Zustimmung noch nicht ergangen.
Die Südtiroler Seite ist weiter bemüht, in dieser juristisch und politisch komplexen
Angelegenheit in Verhandlungen mit der italienischen Regierung zu einer einver-
nehmlichen Lösung zu kommen.
Die Toponomastik stand auch auf der Tagesordnung der letzten beiden Sitzungen
der 137-er Kommission am 30.9. sowie am 2.12.1997 in Rom, bei welchen Lan-
deshauptmann Dumwalder seinen bereits 1991 unterbreiteten Vorschlag wieder zur
Diskussion stellte. Diesem zufolge soll das Land mit Gesetz die „Ortsnamen von
Landesinteresse und jene von übergemeindlicher Bedeutung“ (sog. Makrotopono-
mastik) festlegen, die, wie oben erwähnt, im Sinne des Pariser Abkommens und von
Art. 8 des Autonomiestatutes zweisprachig sein müßten. Die Gemeinden würden
ihrerseits delegiert werden, jene geographischen Bezeichnungen, die „ausschließlich
in ihren Interessensbereich fallen“ (sog. Mikrotoponomastik) mit qualifizierter
Mehrheit selbst zu bestimmen.
Der Vorschlag wird zur Zeit von italienischer Regierungsseite geprüft; ihr Vertreter
hat bei der letzten Sitzung der 137-er Kommission am 2.12. insbesondere auf den
auch vom SVP-Abgeordneten Karl Zeller mitgetragenen Entschließungsantrag der
Regierungsparteien im Verfassungsausschuß der römischen Abgeordnetenkam-
mer vom 16. April d.J. verwiesen, in welchem die faschistische Italianisierung aller
Ortsnamen in Südtirol erstmals als Beleidigung der Südtiroler anerkannt und auf die
Empfehlungen C und D der UNO-Resolution Nr.4
aus 1967 Bezug genommen wird,
wonach „die Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, den historischen Hintergrund und
das gebräuchliche Sprachgut zu berücksichtigen sowie Namen zu eliminieren, die
bei einer Bevölkerungsgruppe Unmut auslösen“.
Zu Frage 3:
Die Bundesregierung begrüßt jede einvernehmlich erzielte Lösung, die den Anliegen
der deutsch- und ladinischsprachigen Volksgruppen entspricht, und unterstützt daher
die oben erwähnten Bemühungen der Südtiroler Seite.