3160/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Doris Pollet-Kammerlander, Freundinnen

und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend EU-Ratspräsident-

schaft Österreichs im Jahre 1998, gerichtet und folgende Fragen gestellt:

„la) Welche organisatorischen Vorbereitungen wurden seitens Ihres Ressorts be-

reits für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft getroffen?

1b) Welche organisatorischen Vorbereitungen werden noch für die österreichische

EU-Ratspräsidentschaft getroffen? Wann erfolgen diese?

1c) Welche zusätzlichen Budgetmittel werden für die Zeit der österreichischen

Ratspräsidentschaft zur Verfügung stehen (zB für den Einsatz zusätzlicher Be-

amter)?

2a) In welcher Form erfolgte bereits eine Kooperation mit den Ländern der sog.

„Troika“, Großbritannien und Deutschland (in organisatorischer Hinsicht, in in-

haltlicher Hinsicht)?

2b) In welcher Form ist eine solche Kooperation geplant (in organisatorischer Hin-

sicht, in inhaltlicher Hinsicht)?

3. Liegt seitens Ihres Ressorts ein Gesamtkonzept für die organisatorische und

inhaltliche Durchführung der EU-Ratspräsidentschaft vor?

4. Welche inhaltlichen Schwerpunkte Ihr Ressort betreffend wird Österreich im

Rahmen der Ratspräsidentschaft setzen?

4a) In welcher Form erfolgte eine Abstimmung der inhaltlichen Schwerpunkte mit

den anderen EU-Ländern, insbesondere mit den Ländern der sog. „Troika",

Großbritannien und Deutschland?

5. Welche konkreten inhaltlichen Vorstöße Ihr Ressort betreffend wird Österreich

im EU-Rat während seiner Ratspräsidentschaft unternehmen?

5a) In welcher Form erfolgte eine Abstimmung der inhaltlichen Vorstöße mit den

anderen EU-Ländern, insbesondere mit den Ländern der sog. ‚"Troika", Groß-

britannien und Deutschland?

6. In welcher Form wird die "Machstellung" die ein EU-Land während der Rats-

präsidentschaft innehat, seitens Ihres Ressorts genutzt werden (zB Beeinflus-

sung der Tagesordnung der Ratssitzungen o.ä.) und für welche inhaltlichen

Vorstöße (siehe oben) ist dies vorgesehen?

7. Zur Präsentation nach außen: Nach welchen inhaltlichen Leitbildern Ihr Res-

sort betreffend soll sich Österreich während der österreichischen EU-Präsi-

dentschaft im zweiten Halbjahr 1998 präsentieren?

7a) Welche konkreten Projekte sind dafür geplant?

7b) Wer ist für Konzeption und Kooperation verantwortlich?

7c) Welche finanziellen Mittel sind dafür vorgesehen?"

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu la):

Der Schwerpunkt der bisher vom Bundesministerium für Justiz geleisteten Organisa-

tionsarbeiten zur Vorbereitung der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft war je-

nen (auch) dem Justizressort zuzurechnenden Veranstaltungen gewidmet, die in

Österreich stattfinden werden, nämlich dem informellen Treffen der Justiz- und In-

nenminister am 29. und 30. Oktober 1998 in Wien und einer vom Bundesmi-

nisterium für Justiz gemeinsam mit dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag

und der Österreichischen Notariatskammer geplanten Fachkonferenz „Freie Rechts-

berufe im integrierten Europa“ am 20. und 21. November 1998 ebenfalls in Wien.

Vor allem hinsichtlich der erstgenannten Veranstaltung erfolgt die Vorbereitung in

enger Zusammenarbeit mit dem als Mitveranstalter auftretenden Bundesministerium

für Inneres und mit dem beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten

eingerichteten Exekutivsekretariat. Darüber hinaus wirkte das Bundesministerium für

Justiz im Rahmen seines Zuständigkeitsbereichs an der Erstellung des Tageskalen-

ders für die Zeit der Präsidentschaft mit.

Für jene Mitarbeiter des Justizressorts, die für die Vorsitzführung in Arbeitsgruppen

oder für die Delegationsleitung vorgesehen sind, wurden umfangreiche Schulungen

zur Hebung der Fremdsprachenkenntnisse sowie zum Erwerb der für die Vorsitz-

und Verhandlungsführung erforderlichen kompetenzen und Kenntnisse organisiert.

Zu 1b:

Die Arbeiten zur organisatorischen Vorbereitung der zum Bundesministerium für Ju-

stiz ressortierenden Veranstaltungen und Tagungen sowohl in Österreich als auch

in Brüssel werden in den kommenden Monaten verstärkt fortzusetzen sein. Dies

wird auch im Kontakt mit dem Ratssekretariat sowie mit der Europäischen Kommis-

sion zu geschehen haben. Auch hier wird aber das 5chwergewicht bei den beiden -

zu Frage 1a) genannten - Veranstaltungen in Österreich liegen.

Zu 1c:

Im Bundesvoranschlag für das Jahr 1998 sind für Ausgaben im Zusammenhang mit

der EU-Ratspräsidentschaft beim VA-Ansatz 1/30008 Bundesministerium für Justiz -

Aufwendungen, VA-Post Nr. 7232-011 „Internationale Kontakte (Präs. 98)“

1,120.000,-- S veranschlagt. Mit diesem Betrag sollen sämtliche auf das Bundes-

ministerium für Justiz entfallenden Kosten der Präsidentschaft bedeckt werden. Der

Großteil der Ausgaben wird auf das gemeinsam mit dem Bundesministerium für In-

neres durchzuführende informelle Treffen der Justiz- und Innenminister am 29. und

30. Oktober 1998 entfallen, bei dem bis zu 150 Teilnehmer zu erwarten sind. Dar-

über hinaus wird mit dem genannten Betrag für die - bereits erwähnte - zweitägige

Fachkonferenz zum Thema „Freie Rechtsberufe im integrierten Europa“ und für eine

kleinere Sitzung in Brüssel vorgesorgt.

Zusätzliche Personalausgaben werden durch die Präsidentschaft nicht entstehen,

weil die erforderlichen Personalkapazitäten durch Umschichtungen innerhalb des

Ressorts geschaffen werden.

Zu 2a). 2). 4a) und 5a:

Die Kooperation mit den Ländern der sogenannten „Troika“, aber auch mit den

Staaten, die vorangegangene Präsidentschaften innehatten, erfolgte durch zahl-

reiche informelle Kontakte. So stehen vor allem die in EU-Gremien tätigen Mitar-

beiter des Bundesministeriums für Justiz mit den Vertretern der Länder der für

Österreich maßgeblichen „Troika“, Großbritannien und Deutschland, in ihrem je-

weiligen Zuständigkeitsbereich bereits jetzt in ständigem Kontakt. Eine formelle ko-

operation kann mit Großbritannien erst ab dem Beginn seiner EU-Ratspräsident-

schaft am 1.1.1998 aufgenommen werden, eine formelle Kooperation mit Deutsch-

land erst ab Beginn der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, weil Deutschland

vor diesem Zeitpunkt der „Troika" nicht angehört.

Es entspricht den Gepflogenheiten, Treffen mit Vertretern der „Troika“ auf allen Ebe-

nen, von den Ratsarbeitsgruppen bis zum Ministerrat, in der Regel vor oder nach

den Tagungen dieser Gremien abzuhalten. Inhaltlich wird es dabei vor allem um die

effiziente Weiterführung der bereits in Diskussion stehenden Projekte, organisato-

risch um die Nutzbarmachung bereits gewonnener Erfahrungen für die österreichi-

schen Planungen gehen.

Zu 3. 4 und 5:

Angesichts der Erfahrungen früherer EU-Ratspräsidentschaften ist das Bundesmini-

sterium für Justiz bestrebt, während der österreichischen Präsidentschaft nicht eine

Fülle von neuen Themen Zu präsentieren, sondern die zu Beginn der Präsident—

schaft anhängigen Projekte zügig weiterzuführen und - soweit möglich - zu einem

Abschluß zu bringen.

Die vom Bundesministerium für Justiz auf dem Gebiet des Zivilrechts wahrzuneh-

menden Arbeitsinhalte werden sich daher im wesentlichen aus den derzeit laufen-

den oder in Bälde heranstehenden Projekten zur Erlassung von Richtlinien (im Be-

reich der 1. Säule), wie etwa jener über die Gewährleistungs— und Garantieregeln

beim Kauf von Verbrauchsgütern, oder zur Schaffung oder Revision von Uberein-

kommen (im Bereich der 3. Säule) ergeben. Im Strafrecht wird der im Juni1997 an-

genommene Aktionsplan zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der ein de-

tailliertes Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre mit klaren Zeitvorgaben enthält,

den Schwerpunkt der österreichischen Präsidentschaft bilden. Dabei wird jenen

Empfehlungen des Aktionsplans besonderes Augenmerk zu widmen sein, bei denen

das Zieldatum „Ende 1998“ vorgesehen ist. Weiters werden die Arbeiten zum

Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft fortzuführen sein.

Als Initiative der österreichischen Präsidentschaft wird das Bundesministerium für

Justiz die schon zu den Fragen 1a) und 1b) erwähnte Fachkonferenz zum Thema

„Freie Rechtsberufe im integrierten Europa“ veranstalten, zumal angesichts der Nie-

derlassungsrichtlinie für Rechtsanwälte die Hebung und Harmonisierung des Berufs—

standards insbesondere der Anwälte ein besonders bedeutsames Anliegen darstellt.

Überdies ist eine dreitägige Tagung zu Problemen der Behandlung und Betreuung

drogenabhängiger Rechtsbrecher geplant, die sich im einzelnen mit Projekten der

Haftvermeidung (Therapie statt Strafe), der Betreuung in der Haft und der Nachbe-

treuung beschäftigen wird.

Die Planung all dieser Aktivitäten beruht - selbstverständlich - nicht auf zusammen-

hanglosen Einzelentscheidungen, sondern auf einem - mit den obigen Ausführun-

gen ohnedies bereits hinreichend umschriebenen - inhaltlichen Gesamtkonzept, das

sich im organisatorischen Bereich in Gestalt der Überlegungen und Arbeiten zur Ta-

gungsplanung widerspiegelt.

Zu 6:

Der Frage scheint ein Bild von einer mit der Ratspräsidentschaft verbundenen

„Machtstellung“ zugrunde zu liegen, das mit den realen Gegebenheiten nicht über—

einstimmt. Formal mag es zwar zutreffen, daß das vorsitzführende Land allein dar-

über befinden könnte, welche Themen in welcher Gruppe wann und wie oft behan-

delt werden, welche Vorschläge anderer Delegationen einbezogen werden und wel-

che Arbeiten einer Beschlußfassung zugeführt (auf die Tagesordnung des Rates ge-

setzt) werden. Doch haben sich für die Ausübung des Ratsvorsitzes Grundsätze

herausgebildet, die ein derart abgehobenes, willkürliches Regime nicht zuließen.

Der Ratsvorsitz ist zur Unparteilichkeit verpflichtet und hat sich durch Vermittlungs-

tätigkeit und Kompromißsuche um zumindest mehrheitsfähige Lösungen zu bemü-

hen. Die Vorsitzfunktion darf nicht dazu instrumentalisiert werden, um nationale

Prioritäten und Wünsche durchzusetzen. Im Gegenteil haben während der Präsi-

dentschaft nationale Interessen - auch im Verhalten der jeweiligen, von der Vorsitz—

führung ja getrennten Delegation des Vorsitzstaates - tendenziell in den Hintergrund

zu treten. Hinzu kommt, daß der tatsächliche Entscheidungsspielraum in der Praxis

oft auch deshalb gering ist, weil die aktuellen Erfolgsaussichten eines bestimmten

Vorhabens primär von dessen „Reifegrad“ und konsensfähigkeit abhängen (die vom

Vorsitz freilich positiv beeinflußt werden können). Schließlich ist darauf hinzuweisen,

daß die Wahrscheinlichkeit, ein unter österreichischem Vorsitz neu begonnenes

Projekt noch innerhalb desselben Halbjahres abzuschließen, sehr gering wäre.

Zu 7. 7a) und 7c):

Hiezu sei auf die Ausführungen zu den Fragen 1 c), 3, 4 und 5 verwiesen.

Zu 7b):

Für Konzeption und Koordination in Fragen der EU-Ratspräsidentschaft sind im

Bundesministerium für Justiz die Abteilung Pr 1 sowie die spezifischen EU-Koordi-

nationsabteilungen in den beiden Legislativsektionen zuständig.