3286/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Franz Kampichler und Kollegen haben an mich

eine schriftliche Anfrage, betreffend die Vorgangsweise der Richter bei Scheidun-

gen, gerichtet und folgende Fragen gestellt:

"1. Stimmen Sie mit der Vorgangsweise einiger Scheidungsrichter überein und

sind Ihnen ähnliche Fälle bekannt, in denen der Richter bei der Scheidung auf

eine einvernehmliche Lösung gedrängt und die Frau motiviert hat, einer gerin-

gen Unterhaltszahlung zuzustimmen, weil die öffentliche Hand ohnehin ver-

pflichtet ist, den Unterhalt in Form von Sozialhilfe zu gewährleisten?

2. Sind Sie bereit, die Richter bezüglich den Folgen der Spruchpraxis aufzuklä-

ren?

3. Sind Sie bereit, Schritte einzuleiten, damit Richter von dieser Spruchpraxis ab-

kommen?"

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1:

Selbstverständlich würde ich mit der Vorgangsweise eines Richters, wie sie in der

Begründung der Anfrage dargestellt ist, nicht übereinstimmen. Dem Bundesministe-

rium für Justiz sind allerdings keine solchen Fälle bekannt. Wegen des allgemein

hohen Standes der Aus- und Fortbildung der Familienrichter, ihres hohen Problem-

bewußtseins und auch wegen der sie allenfalls treffenden haftungsrechtlichen Fol-

gen kann ich mir auch nur schwer vorstellen, daß Familienrichter Scheidungswilligen

raten, auf Unterhaltsansprüche ganz oder teilweise zu verzichten, wenn im Einzelfall

eine Möglichkeit der Durchsetzung dieser Ansprüche absehbar ist.

Zu 2 und 3:

Für Rechtsbelehrungen oder Maßnahmen, die auf eine Beeinflussung der Familien-

richter im Sinn der Anfrage hinauslaufen, sehe ich im Hinblick auf die Ausführungen

zu Frage 1 keinen Anlaß.

Ich möchte jedoch in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß im Rahmen

des Vorhabens zur Änderung des Ehe- und Scheidungsrechts, das derzeit vom

Bundesministerium für Justiz vorbereitet wird, auch verfahrensrechtliche Regeln für

das Scheidungsverfahren geplant sind, durch die einer unvertretenen, über die

Scheidungsfolgen offenbar nicht informierten Partei Gelegenheit gegeben werden

soll, die für die Wahrnehmung ihrer Interessen erforderliche Beratung einzuholen.