Dr. Caspar EINEM

Bundesminister

für Wissenschaft und Verkehr

 

XX. GP.-NR

3342/AB

1998 02 02

zu 3368/J

 

GZ 10.001/12-Pr/1c/98                                                                             Wien, 30. Jänner 1998

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3368/J-NR/1997 betreffend die Ablegung der mündlichen Diplomprüfung am Institut für Politikwissenschaften, die die Abgeordneten Mag. HAUPT und Kollegen am 2. Dezember 1997 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Zu den Anfragen darf ich zunächst grundsätzlich bemerken, daß es faktisch ausgeschlossen und autonomiepolitisch auch nicht vertretbar wäre, eine derart umfassende Aufsicht zu üben, daß alle Vorgänge der universitären Verwaltung – im Extremfall jeder einzelne Prüfungsakt – von Amts wegen durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr kontrolliert werden.

 

1.    Wie ist es möglich, daß der betreffende Student ohne ausreichende Deutsch-Kenntnisse ein Studium absolviert und es bis zur mündlichen Dilplom-Prüfung schafft?

2.    Hat der betreffende Student die schriftliche Diplomarbeit in deutscher Sprache verfaßt?

       Wenn ja, wie lautet Ihre Erklärung dafür, daß jemand, der der deutschen Sprache mündlich fast nicht mächtig ist, in der Lage ist, die schriftliche Diplomarbeit in deutscher Sprache zu verfassen?

       Wenn nein, in welcher Sprache hat der betreffende Student die schriftliche Diplomarbeit verfaßt?

3.    Hat der betreffende Student die mündlichen Prüfungen im Rahmen seine Studiums in deutscher Sprache abgelegt?

       Wenn ja, wie lautet Ihre Erklärung dafür, daß jemand, der der deutschen Sprache fast nicht mächtig ist, in der Lage ist, die mündlichen Prüfungen in deutscher Sprache abzulegen?

       Wenn nein, in welcher Sprache hat der betreffende Student die mündlichen Prüfungen abgelegt?

4.    Hat der betreffende Student die schriftlichen Prüfungen im Rahmen seines Studiums in deutscher Sprache abgelegt?

       Wenn ja, wie lautet Ihre Erklärung dafür, daß jemand, der der deutschen Sprache fast nicht mächtig ist, in der Lage ist, die schriftlichen Prüfungen in deutscher Sprache abzulegen?

       Wenn nein, in welcher Sprache hat der betreffende Student die schriftlichen Prüfungen abgelegt?

 

Zu 1. bis 4.:

Der Studierende wurde noch unter der Geltung des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes zum Studium zugelassen. Gemäß § 28 Abs. 5 AHStG ist keine perfekte Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift zu verlangen. In der zitierten Gesetzesbestimmung heißt es vielmehr, daß die deutsche Sprache in einem Ausmaß beherrscht werden muß, das einen erfolgreichen Studienfortgang und den Abschluß des Studiums in angemessener Zeit erwarten läßt.

Aus der mir vorliegenden Sachverhaltsdarstellung ist nicht zu entnehmen, daß der in Rede stehende Studierende diese Voraussetzung nicht erfüllt hat. Der Studierende hat an der Universität Bagdad ein politikwissenschaftliches Studium beendet, von dem an der Universität Wien acht Semester eingerechnet bzw. bis auf drei Fächer Lehrveranstaltungen und Prüfungen angerechnet wurden.

Der Studierende, ein irakischer Kurde, hat alle mündlichen und schriftlichen Prüfungen in deutscher Sprache abgelegt.

 

5.    Welcher Nationalität gehört der betreffende Student an und in welche Sprache wurden die Fragen von Prof. Dr. Heinrich teilweise übersetzt?

 

Der Studierende ist – wie bereits erwähnt wurde – irakischer Kurde. Die Prüfungsfragen wurden von Prof. Heinrich in deutscher Sprache gestellt. Der Prüfer hat diese Fragen teilweise – insbesondere einzelne Fachausdrücke – imns Arabische übersetzt. Der Kandidat hat in deutscher Sprache geantwortet.

Die Hilfestellung de Prüfers ist meines Erachtens nicht als rechtswidrige Begünsitgung zu qualifizieren, zumal das AHStG eine fehlerfreie Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift nicht verlangt und im übrigen Gegenstand der Prüfung nicht die Sprachbeherrschung ist.

Am Rande sei vermerkt, daß der Kandidat die Prüfung nicht bestanden hat, da er die fachlichen Erfordernisse nicht erfüllte.

 

6.    Hat der betreffende Student eine für das Studium in Österreich notwendige Reifeprüfung oder Studienberechtigungsprüfung abgelegt?

       Wenn ja, an welcher Schule hat der betreffende Student die Reifeprüfung bzw. an welcher Universität hat der betreffende Student die Studienberechtigungsprüfung abgelegt?

 

Eine Nostrifizierung einer im Ausland abgelegten Reifeprüfung ist für die Zulassung zum Studium in Österreich nicht zwingend erforderlich. Es obliegt vielmehr dem Rektor, die Gleichwertigkeit festzustellen. Der Studierende wurde seinerzeit vom Rektor zum Studium in Österreich zugelassen.

 

7.    Wie ist es mit einer objektiven Prüfungsbeurteilung zu vereinbaren, daß die beisitzenden Kommissionsmitglieder aufgrund einer in Österreich nicht zugelassenen Prüfungssprache dem Verlauf der Prüfung bzw. dem daraus abzuleitenden Prüfungsergebnis zum Teil nicht zu folgen imstande waren?

 

Dem mir vorliegenden Bericht kann ich nicht entnehmen, daß die Kommission nicht in der Lage war, die Leistung des Kandidaten zu beurteilen.

 

8.    Wo erfolgte die Nostrifizierung der Reifeprüfung bzw. der Studienberechtigungsprüfung des betreffenden Studenten?

 

Siehe Beantwortung der Frage 6.

 

9.    Sind Ihrem Ressort ähnliche Fälle auch an anderen österreichischen Universitäten bekannt?

       Wenn ja, welche, wo und wieviele?

 

Mir sind ähnliche Fälle an anderen österreichischen Universitäten bisher nicht bekannt geworden.

 

10.  Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um diesen Fällen in Zukunft vorzubeugen?

 

Die Sachverhaltsdarstellung des Vorsitzenden der Prüfungskommission bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die Prüfung sei in gesetzwidriger Weise durchgeführt worden. Es bedarf daher keiner aufsichtsbehördlichen Maßnahmen.