3560/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3597/J-NR/1997 betreffend Zukunft des

Wirtschafts - und Forschungsstandortes Österreich für Bio - und Gentechnologie, die die Ab -

geordneten RAUCH - KALLAT und Kollegen am 22. Januar 1998 an mich gerichtet haben,

beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

1. Was unternehmen Sie, damit österreichische Forscher den Zukunftsbereich Bio -

technologie für Österreich erschließen können?

Für die im Bereich der Biotechnologie tätigen österreichischen Forscher wurden bereits durch

eine Reihe von Maßnahmen die Voraussetzungen geschaffen, um für die zukünftige dyna -

mische Entwicklung gerüstet zu sein.

Beispielsweise ist hier die ständige und weitreichende Verbesserung der Infrastruktur an -

zuführen, wobei insbesondere der Ausbau des Interuniversitären Forschungsinstituts für

Agrarbiotechnologie Tulln, das Institutsgebäude Muthgasse II der Universität für Bodenkultur

oder das Biozentrum Dr. Bohrgasse der Universität Wien zu nennen sind.

Hinsichtlich der näheren Details hiezu verweise ich auf den dem Parlament vorgelegten For -

schungsbericht 1997.

Die weiteren Maßnahmen, um österreichischen Forschern den Zukunfts - und Wachstums -

bereich Biotechnologie für Österreich zu erschließen, sind in den Antworten zu den Fragen 8,

10,11 und 12 dargelegt.

2. Wurden im Verantwortungsbereich Ihres Ressorts Forschungsförderungen für

universitäre Einrichtungen im Bereich der Biotechnologie vergeben?

3. Wenn ja, wie beziffern Sie diese?

Für universitäre Einrichtungen wurden durch mein Ressort in den letzten fünf Jahren For -

sehungsaufträge im Bereich der Biotechnologie in der Höhe von S 60,827.821,-- vergeben.

Darin sind Forschungsaufträge inkludiert, die der Anbahnung einer Teilnahme an EU - Projek -

ten dienen, sowie Forschungsaufträge zum Thema Sicherheitsforschung.

Als Zusatzfinanzierung für Projekte im 4. Rahmenprogramm der EU wurden für universitäre

Einrichtungen im Bereich der Biotechnologie S 5,584.000,-- zur Verfügung gestellt.

Darüber hinaus laufen derzeit folgende FWF - Förderungen mit Relevanz für die Bereiche Bio -

technologie bzw. Gentechnik (im weiteren Sinn):

98 Einzelprojekte mit S 182,300.000,-- Förderungssumme und Forschungsschwerpunkten

Biotechnologie und Gentechnik einschließlich den Spezialforschungsbereich “Biokatalyse“

mit S 180,100.000,-- Förderungssumme.

Es ist festzuhalten, daß es sich bei den FWF - Förderungen (Fonds zur Förderung der wissen -

schaftlichen Forschung) um Grundlagenforschung handelt, die sich im weiteren Vorfeld mög -

licher Anwendungen befindet. Unmittelbare Kontakte zu Unternehmen im Hinblick auf eine

Umsetzung bestehen nur in Einzelfällen.

Der Schwerpunkt S 72 ("zweidimensionale Proteinkristalle“) sowie der Sonderforschungs -

bereich F001 („Biokatalyse") dagegen haben engere Kontakte zur Industrie und konkrete

Anwendungsansätze entwickelt.

Hinsichtlich der FFF - Förderungen (Fonds zur Förderung der gewerblichen Forschung) wäre

die Anfrage an den hiefür zuständigen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zu

richten.

4. Gibt es in Österreich Kooperationen zwischen universitären Einrichtungen und der

Wirtschaft im Bereich der Biotechnologie und Gentechnik?

5. Wenn ja, welche Universitäten oder andere akademische Einrichtungen sind daran

beteiligt?

6. Wenn ja, welcher Anteil der Kosten biotechnologisch arbeitender Universitätsein -

richtungen wird durch derartige Kooperationen finanziert?

7. Wenn ja, hat sich in diesen Fällen eine solche Form der Zusammenarbeit wissen -

schaftlich und wirtschaftlich bewährt?

Es gibt natürlich solche Kooperationen zwischen universitären Einrichtungen und der Wirt -

schaft auf den angesprochenen Gebieten. Derartige Vorgange sind geradezu unabdingbar im

Laufe des Entwicklungsprozesses von der Grundlagenforschung über angewandte Forschung

bis hin zur Produktionsreife und Markteinführung.

Eine Verpflichtung, Meldungen über Kooperationen mit der Wirtschaft zu übermitteln, be -

steht aber nur insofern, als im Rahmen der Arbeitsberichte der Institutsvorstände Angaben

über eingeworbene Drittmittel in summarischer Form und nicht bereichsspezifisch vorgelegt

werden.

Nähere Angaben über Mitfinanzierungen durch Industriebetriebe waren vom Bundesminister

für wirtschaftliche Angelegenheiten zu erhalten.

8. Was wird in Ihrem Ressort dazu unternommen, um sicherzustellen, daß wirtschaft -

lich verwertbare Forschungsergebnisse, insbesondere solche im Bereich Biotechno -

logie, auch tatsächlich einer wirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden?

Die Stärkung und Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlichen Einrich -

tungen - insbesondere den Universitäten - und den österreichischen Unternehmen ist ein

wichtiges forschungspolitisches Ziel. Die Aktion "Wissenschafter für die Wirtschaft“ des

Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, der Wirtschaftskammer Österreichs und

der Bundeskonferenz des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals ermöglicht einer -

seits interessierten Assistenten Praxiserwerb in ihrem Fachgebiet außerhalb der Universitäten

und erschließt andererseits Betrieben aller Größenordnungen das an den Hochschulen vorhan -

dene Wissenspotential. Durch diese Aktion werden überwiegend Klein - und Mittelbetriebe

bis zu 500 Beschäftigten gefördert.

Auf geförderte Postdoc - Aktivitäten mit dem Ziel der Verbesserung des Wissenstransfers

zwischen Universitäten und Wirtschaftsbetrieben ist ebenso hinzuweisen, wie insbesondere

auf die Kooperation zwischen Universitätsinstituten der Formal - und Naturwissenschaftlichen

sowie der Medizinischen Fakultät der Universität Wien und dem bereits eingangs erwähnten

privatwirtschaftlich organisierten Vienna Biocenter Bohrgasse, welche u.a. in der gemein -

samen Nutzung von Einrichtungen besteht und außerordentlich wichtige Akzente in der Zu -

sammenarbeit zwischen Wirtschaft für Forschung und Entwicklung und universitären Berei -

chen setzt. Sowohl vom Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr als auch vom

FWF wurden und werden Forschungsleistungen in Österreich auf dem Gebiet der Biotechno -

logie und Gentechnik schwerpunktmäßig und in bedeutender Höhe (siehe oben zu Fragen 2

und 3) finanziert und gefördert. Die Ergebnisse können sich sehen lassen, wobei ich vor allem

die seit 1996 verliehenen Wittgensteinpreise und die Preisträger (Molekulargenetik, Erwin

F. Wagner, IMP; Molekularbiologie, Antonius und Marjorie Matzke, ÖAW Salzburg) erwäh -

nen möchte. In diesen Wachstumsbereichen gilt es nun, weitere Verbesserungen durch För -

derung der Interaktionen zwischen Forschern und Anwendern zu schaffen, die angewandte

Forschung verstärkt an die Industrie heranzuführen und jene Potentiale, welche sich im Be -

reich der Biotechnologie für Wirtschaft und Beschäftigung beispielsweise im Bereich des

Gesundheits - und Umweltschutzes sowie der Landwirtschaft ergeben, zu nützen. Die För -

derung solcher wirtschaftlichen Ankoppelungsmechanismen erfolgt durch das Bundesmini -

sterium für wirtschaftliche Angelegenheiten und Interessensvertretungen u.a. durch Erarbei -

tung und Anwendung geeignete Geschäfts - und Kommerzialisierungsstrategien.

9. Sehen Sie rechtliche Hindernisse (z.B. Bestimmungen des Patentgesetzes betreffend

Diensterfindungen) für eine derartige wirtschaftliche Verwertung?

Es steht außer Zweifel, daß Erfindungen, soweit sie die moderne Biotechnologie betreffen,

nämlich auf die Beeinflussung biologischer Vorgänge mit biologischen und gentechnischen

Mitteln abzielen, spezieller Maßnahmen bedürfen. Im Zusammenhang mit dem Schutz bio -

technologischer Erfindungen hat die EU - Kommission vor kurzem einen (geänderten) Vor -

schlag für eine entsprechende Richtlinie vorgelegt. Österreich hat diesem Vorschlag entspre -

chend dem Beschluß des Hauptausschusses des Nationalrates am 18. November 1997 im Rat

mit einer Protokolländerung zugestimmt. Dieser Richtlinienvorschlag wird nun dem Gesetz -

gebungsverfahren im EU-Parlament weiter zu unterziehen sein. Durch Harmonisierung der

patentrechtlichen Bestimmungen wird dadurch jedenfalls eine größere Rechtssicherheit für

Forschung und Wirtschaft erreicht werden. Außer den im Vorschlag selbst enthaltenen Ein -

schränkungen der Patentierbarkeit, welche unter Berücksichtigung des Schutzes des Men -

schen und der Achtung seiner Würde und Unversehrtheit erfolgen, können weitere rechtliche

Hemmnisse nicht abgeleitet werden. Auch in Zusammenhang mit Diensterfindungen ergeben

sich keine (speziell mit biotechnologischen Erfindungen verbundenen) Beschränkungen in

internationaler und nationaler Sicht. Das „Aufgriffsrecht“ des Dienstgebers besteht nicht nur

im Fall biotechnologischer Erfingungen, sondern grundsätzlich bei jeder Diensterfindung (§ 7

Abs. 3 Patentgesetz BGBl.Nr. 259/1970 i.d.g.F.).

10. Unterstützt Ihr Ressort akademische Forscher bei der Gründung neuer Unterneh -

men?

11. Wenn ja, in welcher Form?

12. Wenn nein, haben Sie vor, eine derartige Unterstützung einzuführen?

Ja. Im Rahmen des Modellversuchs „Wissenschafter gründen Firmen“ werden bereits seit

1986 Assistenten/innen, deren Unternehmensgründung wissenschaftliche Erkenntnisse in die

wirtschaftliche Praxis umsetzt, durch finanzielle Förderung und individuelle Beratung durch

Experten unterstützt.

13. Halten Sie das in Österreich derzeit herrschende Diskussionsklima für die Wirt -

schaftliche Umsetzung gerade von biotechnologischen Forschungsergebnissen für

ausreichend förderlich?

14. Wenn nein, welche Maßnahmen planen Sie in Ihrem Ressort zur Verbesserung der

Situation der Biotechnologie in Österreich?

Das derzeit in Österreich herrschende Diskussionsklima ist nicht zuletzt Ausdruck einer ge -

wissen Angst vor allfälligen Gefahren der Gentechnik, die in jedem Falle, ernst genommen

werden muß. Soweit dieser Angst durch sachliche Information begegnet und das Vertrauen in

Erkenntnisse der Wissenschaft gestärkt werden kann, wird ein offener, rationaler Diskurs

nach allen Richtungen zur Erzielung einer weitgehenden Akzeptanz der ethischen und sozia -

len Maßstände der Forschung im allgemeinen und der Gentechnik im besonderen zu führen

sein. Die Scientific Community wird in diesem Diskurs eine zentrale Rolle übernehmen mü -

sen.

Die Bemühungen von Seiten der Wissenschaft zur Vermittlung von sachlichen Informationen

werden verstärkt gefördert werden. Unter Berücksichtigung von im Ausland zu derartigen

Themenstellungen gewonnenen Erfahrungen soll auch für Österreich das Modell der Bürger -

foren zur Diskussion des Themas genutzt werden. Dabei wird auf die bestehenden Stärken in

der österreichischen Forschungslandschaft und zu erwartende Vorteile (z.B. im medizinischen

und Arzneimittelbereich) zum Wohle der Menschen hinzuweisen sein.

Im internationalen Vergleich verfügt Österreich seit 1994 über ein modernes Gentechnikge -

setz zusammen mit den darauf gegründeten Verordnungen (z.B. Systemverordnung, Freiset -

zungsverordnung, Anhörungsverordnung). Der Handlungsspielraum ist im wesentlichen

durch die EU - Richtlinien 90/219 (Arbeiten im geschlossenen System) und 90/220 (Freiset -

zungen, Inverkehrbringen von Produkten, die aus gentechnisch veränderten Organismen

bestehen) und die EU - Verordnung 258/971EWC über neuartige Lebensmittel („Novel food“ -

Verordnung) bestimmt.

Dieses Regelungsinstrumentarium - insbesondere auch noch die derzeit diskutierte Novellie -

rung des Gentechnikgesetzes - schafft Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für bio - und

gentechnologische Arbeiten, Freisetzungen und Inverkehrbringen solcher Produkte, indem es

der Forschung auf dem Gebiet der Gentechnik und der Umsetzung ihrer Ergebnisse keine

"unangemessenen Beschränkungen" auferlegt, andererseits aber keine schrankenlose Vor -

gangsweise auf diesem Gebiet erlaubt. Vielmehr ist der Grundsatz zu beachten, daß Arbeiten

mit GVO und Freisetzungen von GVO in die Umwelt nur zulässig sind, wenn dadurch nach

dem Stand der Wissenschaft und Technik keine nachteiligen Folgen für die Sicherheit zu

erwarten und ethische Voraussetzungen erfüllt sind.