3561/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr 3599/J-NR/1998, betreffend das Verhalten beim

EU - Ministerrat am 10. und 11. Dezember 1997 in Brüssel, die die Abgeordneten Mag. Kukacka

am 22. Jänner 1998 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Zu den Fragen 1. bis 4:

Ist es wahr, daß Sie vor Ende der Verhandlungen zur Wegekosten - Richtlinle beim Ver -

kehrsministerrat am 11. Dezember 1997 die Presse von einem Scheitern der Verhand -

lungen informiert haben?

Wenn ja, warum haben Sie von einem Scheitern informiert, obwohl die Verhandlungen

noch nicht abgeschlossen waren?

Wenn nein, was haben Sie den Journalisten mitgeteilt?

Welche Position haben Sie beim Verkehrsministerrat als österreichische Position ver -

treten?

Waren Sie persönlich an einem Kompromiß interessiert oder haben Sie bei den Verhand -

lungen auf der 1:1 - Umsetzung der österreichischen Position bestanden?

Wie beurteilen Sie die Pressemeldungen zu Ihrem Auftreten am 11. Dezember 1997?

Die luxemburgische Verkehrsministerin Mady Delvaux - Stehres legte am 11. Dezember 1997

anläßlich des unter ihrer Präsidentschaft in Luxemburg abgehaltenen EU - Verkehrsministerrates

im Hinblick auf eine mögliche politische Lösung für die im Zusammenhang mit der Neu -

gestaltung der Wegekostenrichtlinie nach wie vor offenen Fragen (Höchstsätze bei der Straßen -

benützungsgebühr, ermäßigte Straßenbenützungsgebühr für bestimmte Mitgliedstaaten, Unter -

schreitung der Kfz - Steuer - Mindestsätze für bestimmte Mitgliedstaaten, Lösung der Brenner -

Mautproblematik) einen Kompromißvorschlag vor, welcher in bezug auf die für Österreich

wesentliche Frage einer möglichen Lösung der Brenner - Mautproblematik folgende Grund -

prinzipien vorsah:

• Verankerung des Prinzips durchschnittlicher Mauttarife sowie

• Schaffung der grundsätzlichen Möglichkeit der Beibehaltung höherer Mauttarife in be -

stimmten Ausnahmefällen (z.B. Brenner), allerdings nur für eine bestimmte Übergangsfrist.

Im Rahmen dieser neuen Grundprinzipien hätte hinsichtlich der Brennermaut folgende Lösung

vereinbart werden sollen:

• Die derzeitigen Brenner - Mauttarife, insbesondere der Nachttarif, müßten gesenkt werden;

gleichzeitig müßte eine zusätzliche Tarifkategorie für EURO - II - Fahrzeuge sowohl am Tag

als auch in der Nacht sowie eine Splittung des Nachttarifs in eine teurere Kern - und eine

günstigere Randzeit eingeführt werden.

• Bei Einführung einer Kilometermaut in der BRD würden diese Höchsttarife für die Strecke

München - Brenner gelten; die auf österreichischem Hoheitsgebiet einzuhebenden Tarife

wären um den entsprechenden auf die Strecke München - Kufstein entfallenden Anteil

(voraussichtlich ca. 8 ECU) zu senken.

Verankerung des Prinzips der Vergleichbarkeit der Gebühren in Österreich und in der

Schweiz auf Basis der Infrastrukturkosten für den Fall des Zustandekommens eines Land -

verkehrsabkommens zwischen der EU und der Schweiz.

• Für den Fall, daß es kein Abkommen mit der Schweiz gibt und der Umwegverkehr auf der

Brenner - Achse im Jahr 2001 um mehr als 15% zunimmt, wird der Rat auf Vorschlag der

EK binnen 6 Monaten einstimmig entsprechende Maßnahmen beschließen.

• Bevorzugte Beteilung Griechenlands und Italiens mit Ökopunkten, falls Österreich nicht

verbrauchte österreichische Ökopunkte zurückgeben muß.

Verankerung des Prinzips der Nichtdiskriminierung und Proportioxialität der Gebühren auf

der Strecke Kufstein - Brenner.

Verwendung eines Teils der Mauteinnahmen für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruk -

tur auf der Brenner - Achse.

Erhöhung der KV - Kapazitäten und Reduzierung der KV - Preise auf der Brenner - Achse.

Dieser Kompromißvorschlag wurde anläßlich des Mittagessens mehrere Stunden ausführlich

diskutiert. Da die genannten Grundprinzipien, auf welchen die Vorschläge für die Lösung der

Brenner - Mautproblematik basierten, aus meiner Sicht einen Schritt in die richtige Richtung

darstellten, weil sie nicht zuletzt eine Differenzierung der Mauttarife zwischen Tag und Nacht

und damit die Beibehaltung der positiven Wirkungen dieser Differenzierung auf der Brenner -

Achse ermöglichen wurden, habe ich den Vorschlag der luxemburgischen Präsidentschaft zur

Verankerung dieser Prinzipien im Rahmen der neuen Wegekostenrichtlinie - sowohl anläßlich

der Diskussion beim Mittagessen als auch in der anschließenden Behandlung des Vorschlags im

Ratsplenum - grundsätzlich begrüßt, andererseits jedoch ausdrücklich betont, daß die konkrete

Lösung im Zusammenhang mit den Brenner - Mauttarifen (schrittweise Senkung der Tarife,

insbesondere des Nachttarifes) für Österreich noch nicht befriedigend und daher nicht akzepta -

bel ist. Mehrere andere Mitgliedstaaten, darunter Italien und Deutschland, äußerten sich

während des Mittagessens ebenfalls dahingehend, daß sie dem Kompromißvorschlag der

luxemburgischen Präsidentschaft, insbesondere auch hinsichtlich der im Bereich der Euro -

vignette vorgesehenen Regelungen, keinesfalls zustimmen könnten, eine definitive Einigung

über eine neue Wegekostenrichtlinie auf Basis des luxemburgischen Vorschlags anläßlich der

Ratstagung vom 11. Dezember 1997 daher nicht möglich sei.

Aufgrund der Tatsache, daß die österreichischen Anliegen im Bereich der Brennermaut im

Kompromißvorschlag der Präsidentschaft nicht ausreichend berücksichtigt waren sowie

aufgrund der entsprechenden Aussagen der anderen Mitgliedstaaten über den Kompromißvor -

schlag habe ich der Presse nach dem Mittagessen meine persönliche Einschätzung mitgeteilt,

wobei ich die Wahrscheinlichkeit, daß es zu einer einstimmigen Einigung über eine neue

Wegkostenrichtlinie kommt - nicht zuletzt aufgrund der mittags geführten Diskussion - pessimi -

stisch beurteilte.

Die Diskussion und die kritischen bis ablehnenden Stellungnahmen der Mehrheit der Mitglied -

staaten zum Kompromißvorschlag der luxemburgischen Präsidentschaft in der anschließenden

offenen Sitzung des Rates bestätigten diese Einschätzung vollinhaltlich.