3666/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3779/J - NR/1997 betreffend Ausstieg aus der

Nukleartechnik - “Stillegung des Atomreaktors”, die die Abgeordneten Dipl.Ing. SCHÖGGL

und Kollegen am 26. Februar 1998 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu

beantworten:

1. Wie weit sind die konkreten Pläne zur Stillegung des Versuchsreaktors gediehen?

Die gegenwärtigen Planungen der ÖFZS Ges.m.bH. gehen von einer Abschaltung und dem

Beginn der Schließungsarbeiten im 1. Quartal 1999 aus. Das Bundesministerium für Wissen -

schaft und Verkehr finanziert einen Teil der Studie zur Planung der Stillegungsschritte. Er -

gebnisse der Studie werden der optimale Zeitpunkt und die Kosten für die Stillegung in unter -

schiedlichen Szenarien sein.

Nach der Abschaltung erfolgt eine Abklingphase der Brennelemente von ca. einem Jahr. Da -

nach wird der Rücktransport aller Brennelemente in die USA durchgeführt. Die Stillegungs -

arbeiten für den Sekundär - und Primärkreislauf des ASTRA - Reaktors, die Aufarbeitung und

Konditionierung der radioaktiven Reststoffe wird 1998/99 geplant und danach durchgeführt.

Alle Stillegungsschritte werden den zuständigen Behörden zur Genehmigung vorgelegt.

2. Wie hoch werden die direkten und indirekten Kosten für die Stillegung des Ver -

suchsreaktors sein?

Es ist ein Ziel der Studie diese Kostenabschätzung durchzuführen. Als Richtlinie werden die

internationalen Erfahrungen herangezogen.

Zur Zeit liegen folgende Schätzwerte vor:

Arbeitseinsatz:

 40 - 50 Mannjahre

Externe Zuarbeit:

 ca. 10 Mio. ATS (z.B. Abbau des Beton -

 

körpers)

Aufarbeitung von radioaktiven Stoffen:

 50 - 250t (abhängig von den Behörden -

 

auflagen)

Rücknahme der Brennelemente durch die USA:

 21 - 25 Mio. ATS (abhängig vom Dollar -

 

kurs)

Zwischen - und Langzeitlagerung der Reststoffe:

 Kosten offen.

 

3. In welchem Ausmaß wird das ohnehin knappe Budget der Forschungsgesellschaft

durch die Stillegung des Versuchsreaktors belastet?

4. Wie werden die Kosten bedeckt bzw. wird der Bund als Mehrheitseigentümer die

Kosten der Stillegung übernehmen?

Es ist beabsichtigt die Budgetmittel für die Stillegung des ASTRA - Reaktors in den nächsten

vier bis fünf Jahren aus Bundesmittel aufzubringen, da der Bund diese Einrichtung für die

F&TE in Österreich geschaffen hat und daher auch für die ordnungsgemäße Stillegung zu -

ständig ist.

Daher werden die knappen Budgetmittel des ÖFZS Ges.m.b.H. nur beschränkt von der

Schließung betroffen. Nach Abschluß der Stillegungsarbeiten werden die jährlichen Betriebs -

kosten des ASTRA - Reaktors eingespart.

5. Wo werden die kontaminierten Teile des Forschungsreaktors endgelagert?

Die Frage der Langzeitlagerung wird bis zum Jahr 2012 gelöst. Zur Zeit werden die öster -

reichischen radioaktiven Reststoffe von Seibersdorf eingesammelt, aufgearbeitet (thermische

Entsorgung, Verpressung, Zementierung, Handhabung in den Heißen Zellen Laboratorien),

konditioniert (zementiert, in Zukunft auch verglast) und bis Langzeitlagerung zwischengela -

gert.

6. Was wird die Endlagerung der kontaminierten Teile kosten?

Diese Frage kann heute nicht beantwortet werden.

Die Kosten für Konditionierung und Zwischenlagerung werden von der Art der Reststoffe

bestimmt und liegen zwischen 200 und 800 ATS/kg. Die Mengen an Reststoffen, die ent -

sorgt, konditioniert, zwischen- und langzeitgelagert werden müssen, hängen von Entschei -

dungen der zuständigen Behörde ab.

7. Wie schätzen Sie die Chance ein, daß ein Kompetenzzentrum für “Nukleare Sicher -

heit” eingerichtet wird, um den angeführten Aufgaben gerecht zu werden?

Es bestehen Bestrebungen in Seibersdorf die Nukleartechnik auf jene Felder zu konzentrieren

die für die österreichische Industrie, die Medizin, die öffentlichen Stellen und die Erfüllung

der Verpflichtungen gegenüber der IAEO erforderlich sind. Aus dieser Sicht wurde die Stille -

gung des ASTRA - Reaktors ins Auge gefaßt, jedoch auch vorgeschlagen, die österreichischen

Erfordernisse auf dem Gebiet “Nukleare Sicherheit und Bevölkerungsschutz” neu zu definie -

ren, mit anderen Stellen in Österreich zu koordinieren und mit den interessanten Bundes -

dienststellen abzustimmen und danach umzusetzen.

8. Halten Sie es angesichts der Kommerzialisierung der Österreichisches Forschungs -

zentrum Seibersdorf Ges.m.b.H. unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ein der -

artiges Kompetenzzentrum schwer wirtschaftlich zu führen sein wird, für richtig,

dieses örtlich in Seibersdorf zu belassen?

9. Wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, dieses Kompetenzzentrum an einer Universität

oder der Akademie der Wissenschaften anzugliedern?

Die Republik Österreich hat auf dem Gebiet der Nukleartechnik in Seibersdorf Investitionen

von mehr als 200 Mio. ATS getätigt, um für den Strahlenschutz, die Produktion von Radionu -

kliden für die Industrie und die Medizin (Radiopharmaka) die Entsorgung von Reststoffen,

sowie deren Konditionierung und Zwischenlagerung, Vorsorge zu treffen.

Für die technischen Aspekte der “Nuklearen Sicherheit” und die Nukleartechnik ist es

daher sinnvoll, diese Investitionen weiterhin am Standort Seibersdorf zu nutzen, auch

wenn eine wirtschaftliche Führung nur von Teilen möglich ist.

Die örtliche Verlegung und organisatorische Anbindung von theoretischen Aspekten der

“Nuklearen Sicherheit” sollte nach inhaltlichen Gesichtspunkten erfolgen und als eine

Empfehlung aus der angesprochenen Studie folgen.

10. Wie soll die Finanzierung eines solchen Kompetenzzentrums aussehen?

Die an dem Thema “Nukleare Sicherheit und Bevölkerungsschutz” interessierten Bundes -

stellen sollen sich in Zukunft verstärkt an der Finanzierung eines solchen Geschäftsfeldes, das

als Netzwerk zwischen österreichischen Einrichtungen geplant werden sollte, beteiligen. Das

Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr wird weiterhin die für Österreich wesentli -

chen F&TE Aspekte finanzieren.

11. Wie werden die Einnahmensverluste, die durch die Schließung des Reaktors, bei

weiterlaufenden Kosten entstehen, abgedeckt?

Die Einnnahmensverluste müssen aus Bundesmittel finanziert und zum Teil durch Einsparun -

gen abgedeckt werden.

12. Wie schätzen Sie die Gefahr des Know - how Verlustes im Bereich der Kerntechnik

der Österreichischen Forschungszentrum Seibersdorf Ges.m.b.H. ein?

Verlust von Know-how in Österreich wird durch die Schließung des ASTRA - Reaktors auf

den Gebieten der Isotopenproduktion, insbesondere die Produktion und der Einsatz kurzlebi -

ger Isotope in der Medizin, der Aktivierungsanalytik, der Radiochemie, der Bestrahlungs -

technik von anorganischen und organischen Stoffen, der Betriebserfahrung mit Forschungs -

reaktoren und bei den F&TE Projekten, die bisher gemeinsam mit den Universitäten durch -

geführt wurden, auftreten.

Nachdem die internationale Entwicklung die Nutzung von Forschungsreaktoren (z.B. ILL

Grenoble, ILB Saclay, ISIS Rutherford Laboratory, SIN Würenlingen) im heutigen und künf -

tigen EU Raum immer leichter möglich macht und immer mehr Betreiber von Forschungs -

reaktoren auch die technologische und medizinische Nutzung EU weit anbieten (z.B. FRM I

und FRM II in München), ist auch hier die Möglichkeit der internationalen Zusammenarbeit

für anwendungsorientierte Projekte gegeben.

Seibersdorf wird in der Übergangszeit beratend für die Forschung, die Industrie und die Me -

dizin zur Verfügung stehen und, wo notwendig, die internationalen Beziehungen herstellen.

13. Welche anderen Geschäftsbereiche des Forschungszentrums Seibersdorf werden

durch die Stillegung betroffen sein?

a) Wie hoch wird der Verlust der Technologietransferleistung im Know - how Be -

reich tatsächlich sein?

Da die Dienstleistungen auf dem Gebiet des Strahlenschutzes, der Strahlenquellenproduktion

für die Industrie, der Radiopharmakaproduktion für die Medizin und der Entsorgung, Kondi -

tionierung und Zwischenlagerung in Seibersdorf aufrecht bleiben, sind andere Geschäfts -

bereiche im ÖFZS nur beschränkt betroffen.

Die Dienstleistung, die für die Forschung, die Industrie und die Medizin nicht mehr erbracht

werden können, sind unter Punkt 12 angeführt.

14. Welche personellen Veränderungen im Forschungszentrum Seibersdorf werden sich

durch die Schließung des Bereiches “Kerntechnologie” ergeben?

Geschlossen wird nicht der Bereich “Kerntechnologie”, außer Betrieb genommen wird der

ASTRA - Reaktor in Seibersdorf

Die Planungs - und Stillegungsarbeiten für die Schließung des ASTRA - Reaktors werden von

der bisherigen Betriebsmannschaft des ASTRA - Reaktors durchgeführt. Absehbar sind eine

Reduktion und eine Umschichtung von einigen Mitarbeitern.