3760/AB XX.GP

 

Die schriftliche parl. Anfrage Nr. 3799/J - NR/1998 betreffend Ehrung für Dr. Heinrich Gross,

die die Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde am 3. März 1998 an mich gerichtet

haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

1. Ist es richtig, daß Dr. Gross mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Forschung

1. Klasse atisgezeichnet worden ist?

Antwort:

Nein, richtig ist vielmehr, daß Primarjus Dr. med. univ.  Heinrich Gross mit Entschließung des

Herrn Bundespräsidenten vom 5. November 1975 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissen -

schaft und Kunst 1. Klasse verliehen wurde.

2. Wann, von welchem Wissenschaftsminister und aus welchen Gründen wurde

Dr. Gross für diese Ehrung vorgeschlagen?

Antwort:

Die unter 1. genannte Auszeichnung wurde über Antrag des Bundesministers für Wissenschaft

und Forschung vom 6. Oktober 1975 und Beschluß des Ministerrates vom 28. Oktober 1975

durch Entschließung des Herrn Bundespräsidenten vom 5. November 1975 verliehen.

Dem Antrag ist folgende Begründung zu entnehmen (Zitat aus dem Antrag):

„Die Ludwig Boltzmann - Gesellschaft zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in

Österreich hat anläßlich ihres 15 - jährigen Bestehens angeregt, dem Vorstand der 2. Psychia -

trischen Abteilung des Psychiatrischen Krankenhauses der Stadt Wien und Leiter des Ludwig

Boltzmann - Institutes zur Erforschung der Mißbildungen des Nervensystems Primarius

Dr.med. univ. Heinrich Gross eine sichtbare Auszeichnung zu verleihen.

Der Genannte, 1915 in Wien geboren, legte 1934 die Reifeprüfung ab und studierte anschlie -

ßend an der Universität Wien Medizin, wo er auch 1939 zum Doktor der gesamten Heilkunde

promoviert wurde. Er begann seine Facharztausbildung an den Psychiatrischen Krankenhäu -

sern der Stadt Wien in Ybbs a.d. Donau und auf der Baumgartnerhöhe, die er wohl durch

seinen Dienst bei der Deutschen Wehrmacht unterbrechen mußte. Seine Ausbildung setzte er

am Neurologischen Krankenhaus der Stadt Wien später fort. 1955 wurde er Facharzt für Neu -

rologie und Psychiatrie. 1955 erfolgte seine Anstellung am Psychiatrischen Krankenhaus der

Stadt Wien Baumgartnerhöhe, wo er 1957 zum Leiter der 2. Psychiatrischen Abteilung ernannt

wurde. Seit dieser Zeit leitet er auch das Neurohistologische Laboratorium dieses Kranken -

hauses. Er ist außerdem seit 1960 als gerichtlich beeideter Sachverständiger für die Gebiete

Neurologie und Psychiatrie tätig. 1968 wurde ihm die Leitung des Ludwig Boltzmann - Institu -

tes zur Erforschung der Mißbildungen des Nervensystems übertragen.

Seine wissenschaftlichen Verdienste auf dem Gebiete der Neuropathologie, hier vor allem die

Mißbildungen des Nervensystems betreffend, der Psychiatrie, forensischen Psychiatrie und der

Psychopharmakologie sind national wie auch international anerkannt. In rd. 100 Publikationen

wurden diese Erkenntnisse behandelt und sind für die Fachwelt entscheidende Kriterien. Da -

neben hält aber Primarius Dr. Gross immer wieder wissenschaftliche Vorträge bei Tagungen

und Kongressen im In - und Ausland. Durch seine Erfahrung und sein wirkliches Können konn -

te er beim Aufbau seines Institutes Wesentliches leisten. Er wird noch im Herbst dieses Jahres

mit seinen Mitarbeitern eine Zeitschrift unter dem Titel "Forensia - interdisziplinäre Zeitschrift

für Recht, Neurologie, Psychiatrie und Psychologie" herausgeben.

Primarius Dr. Gross hat sich sohin als Leiter des Ludwig Boltzmann - Institutes zur Erforschung

der Mißbildungen des Nervensystems auszeichnungswürdige Verdienste erworben und erfüllt

daher alle Voraussetzungen, die das Gesetz und das Statut an die Verleihung des Österreichi -

schen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse knüpfen.

Der Genannte besitzt bisher keine bundesstaatliche Auszeichnung. "

3. Hat Dr. Gross andere bzw. weitere Auszeichnungen für seine wissenschaftliche Ar -

beit erhalten? Welche Auszeichnungen und für welche Arbeiten?

Antwort

Seitens der Republik Österreich nicht, weitere - mögliche - Auszeichnungen für Dr. Gross, der

sich nicht im Dienststand des Bundes befand, sind dem Bundesministerium für Wissenschaft

und Verkehr nicht bekannt.

4. Hat Dr. Gross für wissenschaftliche Arbeiten, die sich auf seine Euthanasietätigkeit

bzw. seinen Zugang zu den Gehirnpräparaten gestützt haben, von seiten des Bundes -

ministeriums jemals irgendeine Form von Unterstützung erhalten? Wenn ja, welche?

Antwort

Nein

5. Hat sich Dr. Gross im Rahmen seiner akademischen Tätigkeit auf entsprechende

Arbeiten gestützt bzw. die Gehirnpräparate dafür verwendet?

Antwort:

Laut Auskunft der Medizinischen Fakultät der Universität Wien hat Dr. Gross an dieser

Fakultät keine "akademische Tätigkeit" verrichtet, wenn unter "akademischer Tätigkeit“ eine

von der Universität genehmigte oder beauftragte Tätigkeit zu verstehen ist. Dr. Gross ist weder

habilitiert, noch war er jemals mit einer Lehrtätigkeit beauftragt, d.h. als Lektor tätig.

6. Gibt es eine Möglichkeit, Dr. Gross das ihm zugesprochene Ehrenzeichen der Re -

publik wieder abzuerkennen? Wenn ja, welche und wollen Sie diese Möglichkeit ge -

genüber Dr. Gross nutzen?

Antwort:

Das Bundesgesetz vom 25. Mai 1955 über die Schaffung des Österreichischen Ehrenzeichens

für Wissenschaft und Kunst und eines Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst, BGBl.

Nr.96/1955, sieht keine Aberkennung vor; im Falle einer rechtskräftigen gerichtlichen Ver -

urteilung wegen eines Verbrechens wäre eine solche als contrarius actus grundsätzlich mög -

lich.

7. Werden Sie eine öffentliche Erklärung abgeben, die zumindest gegenüber den Opfern

der Kindereuthanasie bzw. ihren Hinterbliebenen diese Ehrung der Republik relati -

viert bzw. eine Entschuldigung beinhaltet?

Antwort:

Als Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr des Jahres 1998 bzw. in dieser Funktion seit

28. Jänner 1997 habe ich die gegenständliche Auszeichnung weder beantragt noch zu ver -

treten, möchte aber diese Anfrage dennoch zum Anlaß nehmen, meine Betroffenheit und mein

Bedauern über das, was unter dem NS - Unrechtsregime geschehen konnte, zum Ausdruck

bringen.

Im Lichte der heute vorliegenden Erkenntnisse ist auch die Dr. Gross verliehene Auszeichnung

nicht mehr nachvollziehbar.