3790/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. PITTERMANN, REITSAMER, Genossinnen

und Genossen haben am 10. März 1998 unter der Nr. 3824/J an den Bundesminister

für Inneres eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „polizeiliche Maß -

nahmen wegen angeblicher ‚provokanter Verwendung von Davidsternen‘ „gerichtet,

die folgenden Wortlaut hat:

„1. Wann haben Sie zum ersten Mal von diesen Vorkommnissen erfahren?

2. Erhielten Sie über die Vorkommnisse einen genauen Bericht?

3. Wurden jemals polizeiliche Handlungen wegen „provokanter“ Verwendung

von Symbolen anderer Religionsgemeinschaften gesetzt?

4. Wie wird der Begriff „provokant“ polizeilich gehandhabt?

5. Sehen Sie in dieser Vorgangsweise des Polizeijuristen einen Verstoß

gegen österreichische Gesetze?

Wenn ja, gegen welche?

6. Wurden gegen diesen Beamten disziplinäre Maßnahmen ergriffen?

a) Wenn ja, welche?

b) Wenn nein, warum nicht?

7. Wurde gegen diesen Beamten Strafanzeige erstattet?

Wenn nein1 warum nicht?

8. Ist dieser Beamte schon früher durch judenfeindliche Äußerungen

aufgefallen?

Wenn ja, welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?

9. Fielen andere Beamte der Salzburger Polizeidirektion schon einmal

wegen eines ähnlichen Verhaltens auf?

Wenn ja, welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?

10. Wieviele Beamte waren am Abreißen und Zerstören der Davidsterne

beteiligt?

11. Wurden gegen diese Beamten disziplinäre Maßnahmen ergriffen?

Wenn nein, warum nicht?

12. Wurde gegen diese Beamten Strafanzeige erstattet?

Wenn nein, warum nicht?

13. Hat man sich von seiten der Polizeidirektion und/oder des Innenministeriums

bei den wegen des „provokanten Tragens des Davidsternes“ unter Strafandro -

hung Stehenden entschuldigt?

Wenn nein, warum nicht?

14. Hat man sich von seiten des Innenministeriums bei den israelitischen

Kultusgemeinden Österreichs wegen dieser höchst bedenklichen antise -

mitischen Ausfälle einer nachgeordneten Behörde entschuldigt?

a) Wenn ja1 in welcher Form?

b) Wenn nein, warum nicht?

15. Werden von Ihrer Seite Maßnahmen ergriffen, um in Hinkunft

derartige antisemitische Ausfälle zu verhindern?

a) Wenn ja, welche?

b) Wenn nein, warum nicht?“

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2:

Ich wurde am Tag des Geschehens, am 1.Nov.1997, darüber informiert und ver -

langte unmittelbar danach eine genaue Aufklärung über den Vorfall direkt durch die

vor Ort einschreitenden verantwortlichen Organe.

Zunächst möchte ich feststellen, daß die Sicherheitsorgane im vorliegenden Fall in

einem äußerst sensiblen Bereich tätig zu sein hatten. Es war bereits in den vergange -

nen Jahren am 1. November zu Vorfällen am Salzburger Kommunalfriedhof gekom -

men.

Am 1.Nov.1997 war die Situation vorerst nicht eindeutig zu beurteilen, verschärfte

sich jedoch dann massiv. Die Schwierigkeit des polizeilichen Einschreitens lag nun

darin, maßhaltend so vorzugehen, daß eine weitere Eskalation verhindert werden

kann. Tatsache ist, daß sich andere Friedhofsbesucher durch das Verhalten der Ak -

teure gestört fühlten und dies auch verbal zum Ausdruck brachten. Damit schien aber

objektiv der Verwaltungstatbestand der Ordnungsstörung gegeben und es wurden

daher diesbezügliche Anzeigen erstattet. Im Zuge der nachträglichen Würdigung aller

relevanten Umstände wurden die Tatbildmäßigkeit des Verhaltens und die Schuldhaf -

tigkeit der Beteiligten nicht mehr in dem für eine Bestrafung erforderlichen Maße als

gegeben erachtet, sodaß die Verfahren eingestellt wurden.

Zu Frage 3:

Mir sind solche nicht bekannt.

Zu Frage 4:

Der Begriff hat keine polizeispezifische Bedeutung und wurde im vorliegenden Fall in

unpassender Weise verwendet.

Zu den Fragen 5 bis 7 sowie 11 und 12:

Den beteiligten Beamten ist nach sorgfältiger Prüfung kein rechtswidriges oder diszi -

plinär zu ahndendes Verhalten anzulasten. Es waren daher keine Veranlassungen in

dieser Richtung zu treffen.

Zu den Fragen 8 und 9:

Mir wurde versichert, daß es im Zuge der gegenständlichen Amtshandlung seitens der

Beamten zu keinerlei antisemitischen Äußerungen gekommen ist. Auch aus der Ver -

gangenheit sind mir derartige Fälle nicht bekannt.

Zu Frage 10:

Mir wurde mitgeteilt, daß die aus gelbem Tonpapier angefertigten Davidsterne von

den Exekutivorganen weder abgerissen noch zerstört sondern von der Kleidung ab -

genommen, verwahrt und nach Beendigung der Veranstaltung den Besitzern wieder

unzerstört ausgefolgt wurden. Die Maßnahme erfolgte als gelinderes Mittel im Sinne

des Sicherheitspolizeigesetzes, um eine weitere Eskalation der Lage zu vermeiden.

Dadurch habe sich die Situation im Vorfallsort tatsächlich rasch beruhigt.

Insgesamt waren 11 Sicherheitswachebeamte im Friedhofsbereich im Einsatz.

Zu den Fragen 13 und 14:

Mit einigen Betroffenen wurden vom Polizeidirektor von Salzburg persönliche Gesprä -

che geführt. In anderen Fällen habe und werde ich persönlich bzw. schriftlich Aufklä -

rung über die näheren Umstände des polizeilichen Einschreitens geben.

Zu Frage 15:

Vom Polizeidirektor von Salzburg wurde mitgeteilt, daß er inzwischen mit den betrof -

fenen Mitarbeitern Gespräche geführt und sie auf die besondere Sensibilität des ge -

genständlichen Themas nochmals nachdrücklich hingewiesen habe. Der Polizeidi -

rektor werde persönlich dafür sorgen, daß künftig bei analogen Anlässen am 1. No -

vember am Salzburger Kommunalfriedhof bereits im Vorfeld alle aufgrund der bisheri -

gen Erfahrungen notwendig erscheinenden Vorkehrungen zur Vermeidung von kon -

frontationen zwischen Mitbürgern getroffen werden.