39/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 15. Jänner
1996 unter der Nr. 9/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend '' die
verfassungswidrige Einrichtung einer Isolationsstation für Asylwerber'' gerichtet. Die aus
Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene Anfrage beantworte ich wie
folgt:
Einleitend ist festzustellen, daß der Sachverhalt, von dem die Anfrage ausgeht, in dieser
Anfrage nicht zutreffend dargestellt ist.
Es ist unzutreffend, daß seinerzeit in die Überprüfungsstation Traiskirchen ''hunderte
Menschen ... in die hermetisch abgeriegelte Station gepfercht worden sind''. Es ist weiters
unzutreffend, daß hievon ''vor allem unbequeme Asylwerberinnen betroffen waren'' . Richtig ist
vielmehr, daß die Überprüfungsstation zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt - nämlich im
September l991 - eine in Geltung stehende gesetzliche Grundlage im Asylgesetz hatte und daß
die Unterbringung in der Überprüfungsstation in jenen vom Gesetz angesprochenen Fällen
erfolgte, in denen die Identität oder der zugrunde liegende Sachverhalt einer Klärung bedurfte.
Die damals angewendete Norm des § 6 des Asylgesetzes wurde vom Verfassungsgerichtshof
erst im September 1992 als verfassungswidrig festgestellt, sodaß aus dem Umstand, daß sie
mehr als ein Jahr vorher angewendet wurde, den Vollzugsorganen kein Vorwurf gemacht
werden kann.
Weiters ist unrichtig - und dies ist für die folgende Beantwortung der Anfrage besonders
wesentlich -, daß es eine '' ausdrückliche Weisung des Leiters der Sektion III'' des
Iundesministeriums für Inneres im Jahr 1991 gab, nach der die Überprüfungsstation wieder
geöffnet werden mußte. Es gab auch keine Bescheide des Bundesministeriums für Inneres oder
sonstige Rechtsakte des Bundesministeriums für Inneres, die etwa von einem Gerichtshof des
öffentlichen Rechts behoben wurden und die als solche "Weisungen" zu qualifizieren gewesen
wären.
Unrichtig ist weiters, daß der Leiter der Sektion III des Bundesministeriums für Inneres
''Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien'' ist.
Schließlich ist unzutreffend, daß der Leiter der Sektion III im Bundesministerium für Inneres
"auf die Verfassungswidrigkeit der Isolierstation hingewiesen wurde''. Es war auch die
mögliche Verfassungswidrigkeit des § 6 des Asylgesetzes im Jahr 1991 nicht evident, da selbst
die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme im Gesetzesprüfungsverfahren von der Verfas-
sungskonformität der Norm ausging (diese Stellungnahme ist der Anfragebeantwortung
beigeschlossen).
Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1 :
Da es, wie bereits ausgeführt, keine Weisung des Leiters der Sektion III gegeben hat, die
Überprüfungsstation zu öffnen, konnte sich keine Notwendigkeit für Maßnahmen ergeben, die
daraus resultieren würden. Gegen den Leiter der Sektion III im Bundesministerium für Inneres,
Sektionschef Dr. Manfred Matzka, wurde weder ein Disziplinarverfahren eingeleitet noch eine
Strafanzeige wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Freiheitsentziehung erstattet, zumal sich aus
der dienstlichen Tätigkeit des Genannten keine Anhaltspunkte für eine gesetzwidrige
Wahrnehmung von Agenden ergaben.
Zu Frage 2:
Auf die Beantwortung der Frage 1 wird verwiesen.
Zu Frage 3 :
Da - wie bereits ausgeführt - keine Weisung erteilt wurde, konnte von einer solchen auch
niemand betroffen sein.
Im Kontext des Gesetzesprüfungsverfahrens zu § 6 Asylgesetz gab es nach den Auf-
zeichnungen des Bundesministeriums für Inneres 37 Beschwerdefälle.
Zu Frage 4:
Die Zahl der Beschwerdeführer in jenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, die zum
Gesetzesprüfungsverfahren betreffend den § 6 des Asylgesetzes geführt haben, ist als solche
nicht erfaßt. Auch die Zahl sonstiger allfälliger Verfassungsgerichtshofsverfahren betreffend
allfällige faktische Amtshandlungen in der Betreuungsstelle Traiskirchen ist nicht erfaßt. Vom
Verfassungsgerichtshof wurden - dazu liegen die Unterlagen abschließend vor - im
angesprochenen Zusammenhang l 3 Bescheide der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich
wegen der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behoben.
Zu Frage 5 :
Auf die Beantwortung der Frage 4 wird verwiesen.
Zu Frage 6:
Auf die Beantwortung der Frage 4 wird verwiesen.
Bezüglich des in der Anfrage angeführten angeblichen finanziellen Schadens für die Republik
Österreich wird allgemein festgehalten, daß im Bereich des Bundesministeriums für Inneres
keine diesbezüglichen Informationen vorliegen. Ein allfälliges Verfahren nach dem
Organhaftpflichtgesetz wurde daher nicht angestrebt. In den oben angesprochenen 13 Verfah-
ren aus Anlaß der Gesetzesprüfung wurden insgesamt Verfahrenskosten in der Höhe von S
210.000,- bezahlt.
Zu den Fragen 7 und 8:
Nach den Evidenzen der Sicherheitsdirektion Niederöstereich sind 4 UVS-Beschwerden im
angesprochenen Zus ammenhang aktenkundig; die Kosten für diese Verfahren betrugen jeweils
S 7.413,-.
Zu Frage 9:
Auf die Beantwortung der Frage 7 wird verwiesen.
Zu Frage 10:
Nach den Unterlagen des Bundesministeriums für Inneres wurde in einem Anlaßfall des
Gesetzesprüfungsverfahrens eine Entschädigung in der Höhe von S 45.000,- samt Zinsen
zugesprochen. Dieser Zuspruch erfolgte in 1. Instanz. In der Entscheidung wurde
ausgesprochen, daß ''die Organe der beklagten Partei grundsätzlich verpflichtet sind, auch das
verfassungswidrige Gesetz anzuwenden", es erübrige sich also, die Frage des Verschuldens
von Organen des Innenressorts zu prüfen; dennoch folge aus der Aufhebung des § 6 des
Asylgesetzes die Rechtswidrigkeit der Anhaltung und daraus der verschuldensunabhängige
Ersatzanspruch.
Zu Frage 1 l :
Da es, wie bereits ausgeführt, keine "rechtswidrige Weisung des Leiters der Sektion III''
gegeben hat, konnte hieraus auch kein finanzieller Schaden für die Republik Österreich
entstehen. Im Vergleichsweg wurde Beschwerdeführern in Anlaßfällen des Gesetzes-
prüfungsverfahrens eine Entschädigung von S 250.000,- ausbezahlt, wobei diese ihr Begehren
ausdrücklich ''nicht auf die Rechtswidrigkeit eines Bescheides" stützten, sondern auf den
Umstand, daß die der Einweisung zugrundeliegende Norm verfassungswidrig war.
Zu Frage 12:
Aufdie Beantwortung der Fragen 6 und 11 kann sinngemäß verwiesen werden.
Zu Frage 13 :
Es ist unzutreffend, daß im Zuge dieser Angelegenheit ein Beamter des Bundesministeriums für
Inneres, versetzt wurde. Der in Rede stehende ,,Dr. R" wurde seinerzeit aufgrund dienstlicher
Notwendigkeiten für den Zeitraum von ca. drei Monaten vorübergehend einer anderen
Organisationseinheit der Zentralleitung zur Dienstleistung zugewiesen, danach wurde der
Genannte wieder in seiner bisherigen Abteilung verwendet. Mittlerweile ist Dr. R. seit drei
Jahren in der Rechtsabteilung meines Ressorts tätig und er wurde von mir dort kürzlich mit der
Leitung eines eigenständigen Referates betraut.
Zu Frage 14:
Der Leiter der Sektion III verfügt in hohem Maße über die für seine Aufgabe erforderliche
Qualifikation. Eine Ruhestandsversetzung schließe ich aus.
Zu Frage 15 :
Ja. --.
Beilage wurde nicht gescannt !!!