3930/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3938/J - NR/1998, betreffend die Verzögerung des
Baus des Semmeringbasistunnels, die die Abgeordneten Fink und Kollegen am 25. März 1998
an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
1. Das Ausbauprogramm des Bundes zur Schaffung eines Eisenbahnhochleistungs -
streckennetzes in Österreich wurde Ende der 80er Jahre begonnen. Wie hoch ist die
Investitionssumme für die bisher bereits fertiggestellten und für die in Bau befindli -
chen HL - Streckenprojekte an der Westbahn und an der Südbahn?
Antwort:
Die Investitionssumme für die bisher bereits fertiggestellten und für die in Bau befindlichen
HL - Streckenprojekte an der Westbahn und an der Südbahn, die der HL - AG mittels Über -
tragungsverordnungen übertragen wurden, beträgt 23,7 Mrd.öS. Darüberhinaus ‚wurden den
Österreichischen Bundesbahnen Baumaßnahmen auf der als HL - Strecke ausgewiesenen
Südbahn im Gesamtvolumen von 1,933 Mrd. öS für den HL - Ausbau und 1,76 Mrd. öS für den
Nahverkehrsausbau und auf der als HL - Strecke ausgewiesenen Westahn Baumaßnahmen im
Gesamtvolumen von
5,015 Mrd. öS vorgenommen.
2. Welcher Anteil dieser Investitionssumme entfällt davon auf lnfrastrukturmaßnahmen
im Land Niederösterreich sowie im Land Wien?
Antwort:
Von der zu Frage 1 angeführten Investitionssumme der HL - AG für Streckenausbauten auf
West - und Südbahn von 23,7 Mrd. öS entfallen für Maßnahmen im Land Niederösterreich 20,7
Mrd. öS. Im Bundesland Wien wurden bisher noch keine HL - AG - Vorhaben fertiggestellt und
sind derzeit auch keine Vorhaben in Bau.
Von der zu Frage 1 angeführten lnvestitionssumme der ÖBB für HL - Bauvorhaben auf der
Westbahn von 5,015 Mrd. öS entfielen 2,2 Mrd. öS auf Niederösterreich. Von den den Nah -
verkehrsausbau auf der Südbahn ausgewiesenen 1,76 Mrd. öS entfiel der Gesamtbetrag auf
Niederösterreich, nämlich auf den Nahverkehrsausbau zwischen Liesing und Wiener Neustadt,
der mittelbar auch dem HL - Verkehr zugute kommt, da die Streckenkapazitäten im Nord - Süd -
Verkehr dadurch steigen.
3. Welcher Anteil entfällt im Vergleich dazu auf das Land Steiermark?
Antwort:
Von der zu Frage 1 genannten Investitionssumme von 23,7 Mrd. öS für alle Projekte der HL - AG
in Österreich entfallen für Projekte in der Steiermark 3,0 Mrd. öS. Von der zu Frage 1 genann -
ten lnvestitionssumme der ÖBB für HL - Projekte auf der Südbahn von 1,933 Mrd. öS entfiel der
Gesamtbetrag auf Ausbauvorhaben des HL - Verkehrs in der Steiermark.
4. Stehen aus Ihrer Sicht noch Entscheidungen für den Bau des Tunnels offen und wenn
ja, welche? Bis zu welchem Zeitpunkt werden die allenfalls offenen Entscheidungen
getroffen werden?
Antwort:
Die Entscheidung zum Bau des Semmeringtunnels ist prinzipiell bereits seitens der Bundes -
regierung getroffen worden und nach wie vor aufrecht. Aufgrund des neuen niederösterreichi -
schen Naturschutzgesetzes war jedoch eine Einstellung des Baues des Probestollens sowie ein
Abbruch der Ausschreibungsverfahren (Konzessionärssuche) notwendig. Nach Klärung der
verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieses niederösterreichischen Landesgesetzes durch den
Verfassungsgerichtshof wird eine Entscheidung über die weitere Vorgangsweise neuerlich zu
fällen sein. Dabei wird auch über die zu wählende Finanzierungsform sowie eine allfällige
neuerliche
Interessentensuche zu entscheiden sein.
5. Worin sind die Ursachen zu sehen, daß außer der Errichtung des Sondierstollens
bisher keine sonstigen Baumaßnahmen ergriffen wurden?
Antwort:
Die Fertigstellung des Sondierstollens ist eine wesentliche Voraussetzung für die Inangriff -
nahme des Hauptstollens, da die beim Vortrieb des Sondierstollens gewonnenen geologischen
und hydrologischen Erkenntnisse unverzichtbar bzw. für einen effizienten und kostengünstigen
Vortrieb des Hauptstollens nützlich sind. Erst nach Auswertung der beim Bau des Sondier -
stollens gewonnenen Erkenntnisse kann - unabhängig von den rechtlichen und verfahrens -
mäßigen Fragen - aus technischer Sicht mit dem Vortrieb des Hauptstollens begonnen werden.
Es können weitere Baumaßnahmen, insbesondere auf niederösterreichischer Seite, jedoch erst
nach einem positiven Abschluß der erforderlichen Behördenverfahren in Angriff genommen
werden. Zu den rechtlichen Voraussetzungen hiefür siehe die Antwort zu Frage 4.
6. Beim Semmeringbasistunnel wird seitens des Verkehrsministeriums für die Projekt -
finanzierung eine private Beteiligung angestrebt. Wieso wurde diese Vorgangsweise
bei Projekten des Westbahnausbaus nicht in Betracht gezogen?
Antwort:
Bei den Ausbauprojekten auf der Westbahn handelt es sich um eine Vielzahl kleiner Strecken -
abschnitte, die entweder durch Zulegung zweier zusätzlicher Geleise verbreitert oder zum
Zwecke einer Streckenbegradigung viergleisig neu trassiert werden. Der Ausbau erfolgt aus
Gründen der Kapazitätsanforderungen des Güterverkehrs und des Nahverkehrs. Jeder der
Streckenabschnitte weist ein Investitionsvolumen auf, das unvergleichlich geringer ist als jenes
für den Bau des Semmeringtunnels. Aufgrund der betrieblichen Verflechtungen und der
intensiven Abhängigkeiten wäre eine zutreffende Zuordnung von Kosten und Nutzen zu den
einzelnen Streckenabschnitten ein äußerst komplexes Unterfangen. Eine klare Zuscheidung der
Wirkungen wäre aber unabdingbare Voraussetzung für ein PPP - Modell, so daß diese Vorgangs -
weise bei der Westbahn nicht in Betracht gezogen wurde. Es macht für einen möglichen
Konzessionär auch keinen Sinn, zB. einen Zwei - Kilometer - Abschnitt zu finanzieren und dann
Benützungsentgelte für diesen kurzen Abschnitt einzuheben.
Beim Semmeringtunnel hingegen handelt es sich jedoch um einen längeren Streckenabschnitt,
der hinsichtlich
des Investitionsvolumens eine gesonderte Betrachtung und Finanzierung
rechtfertigt. Auch ist auf diesem relativ langen Streckenabschnitt aufgrund dessen Attraktivität
(zB. Fahrzeit - und Energieersparnis) die Einhebung eines entsprechenden Benützungsentgeltes
sowohl aus administrativer als auch aus finanzieller Sicht sinnvoll.
7. und 8.
Gibt es für die Projekte des Ausbaus der Westbahn vergleichbare Wirtschaftlichkeits -
untersuchungen wie sie für den Semmeringbasistunnel vorliegen?
Wenn nein, warum nicht und auf welcher Grundlage erfolgt dann die Prioritätenset -
zung bei Infrastrukturprojekten?
Antwort:
Aus den bereits unter Punkt 6 angeführten Argumenten ergibt sich, daß die - isoliert gesehen -
relativ kurzen Neu - und Ausbauabschnitte auf der Westbahn nicht nur für eine Privatfinanzie -
rung durch Konzessionäre ungeeignet sind, sondern daß für diese Streckenabschnitte auch die
Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ungleich schwieriger ist als beim Sem -
meringtunnel.
Vergleichende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen wurden trotzdem bereits 1986 im Rahmen
der Untersuchung “Konzeption und Erarbeitung der Planungsvorgaben für das Hochleistungs -
streckennetz Österreichs” durchgeführt. Darüber hinaus befaßte sich die 1996/97 durchgeführte
Untersuchung “Evaluierung von Maßnahmen zum Ausbau der Schieneninfrastruktur” mit einer
betriebswirtschaftlichen Dringlichkeitsreihung noch offener Bauabschnitte auf dem Hochlei -
stungsstreckennetz, wobei u.a. mehrere Abschnitte der Westbahn betrachtet wurden.
Aufgrund der seit der “Ostöffnung” erwarteten raschen Entwicklung des Ost - West - Verkehrs im
Zuge der Donauachse hat der Ausbau der Westbahn Wien - Wels hohe Priorität und wird Zug
um Zug nach technischen und betrieblichen Gesichtspunkten umgesetzt.