3997/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stoisits, Freundinnen und Freunde

haben am 15. April 1998 unter der Nr. 4264/J an mich eine schriftliche parla -

mentarische Anfrage betreffend die innerstaatliche Umsetzung des nunmehr in

Österreich ratifizierten Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Min -

derheiten gerichtet, deren Wortlaut in der Beilage angeschlossen ist.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des

Europarates läßt den nationalen Staaten einen weiten politischen Spielraum, im

Rahmen dessen sie völkerrechtlich verpflichtet sind, angemessene

Umsetzungsmaßnahmen zu setzen. Durch den im Rahmenübereinkommen

vorgesehenen Kontrollmechanismus wird ein europäischer Standard des

Volksgruppenschutzes aufgezeigt, an dem die weiteren politischen

Vorgangsweisen zu messen sein werden. Das Rahmenübereinkommen

verwendet den Begriff der “nationalen Minderheit”, gibt jedoch keine Definition

dieses Begriffes. Im österreichischen Volksgruppenrecht ist in § 1 Abs. 2

Volksgruppengesetz eine Definition des Begriffes der “Volksgruppe” enthalten.

Der Nationalrat hat beschlossen, daß sich der Anwendungsbereich der

Rahmenkonvention auf denselben Personenkreis beziehen soll. Um

sicherzustellen, daß das Rahmenübereinkommen im Sinne des

österreichischen Begriffs der “Volksgruppe” angewendet wird, wurde eine

diesbezügliche interpretative Erklärung anläßlich der Ratifikation abgegeben.

Damit ist auch sichergestellt, daß die Regelungen des Volksgruppengesetzes

als Ausführungsbestimmungen zur Rahmenkonvention anzusehen sind. Eine

Neukodifizierung des Volksgruppenrechtes, die im Memorandum der

Volksgruppen auch nicht gefordert wird, erachte ich nicht für erforderlich.

Zu Frage 2:

Der Inhalt des Art. 7 des Staatsvertrages von Wien ist vor einem bestimmten

historischen Hintergrund zu verstehen. Die in der Zwischenzeit getätigten ge -

samteuropäischen Bemühungen gehen von einem anderen und umfassenden

Ansatz des Volksgruppenschutzes aus. Hinsichtlich des Rahmenübereinkom -

mens des Europarates ist davon auszugehen, daß der daraus resultierende

Schutz allen österreichischen Volksgruppen in gleichem Maß zukommt. Die

Europäische Charta für Regional - oder Minderheitensprachen räumt den Mit -

gliedstaaten einen gewissen Spielraum ein, im Hinblick auf die unterschied -

lichen Bedürfnisse und gegebenen Sachlagen der Volksgruppen differenziert

vorzugehen.

Zu Frage 3:

Zum einen ist auf die in der Bundesverfassung vorgesehene Kompetenzvertei -

lung zwischen Bund und Ländern zu verweisen, in deren Rahmen

entsprechende Minderheitenschulgesetze und Landeskindergartengesetze

erlassen wurden. Ungeachtet dieses Umstandes, wird sich das

Bundeskanzleramt - dort, wo dies erforderlich ist - bemühen, im Rahmen seiner

Möglichkeiten zu einem politischen Klima beizutragen, in dem Maßnahmen

getroffen werden können, die den Anliegen der Volksgruppenangehörigen

entsprechen.

Zu Frage 4:

Die BFG - Novelle 1998, BGBI. 1. Nr.74/1998, ausgegeben am 3. Juni 1998,

sieht vor, daß der Bundesminister für Finanzen ermächtigt ist, im Finanzjahr

1998 die Zustimmung zur Überschreitung beim Voranschlagsansatz 10506 bis

zu einem Betrag von 15 Millionen Schilling zur Förderung der Volksgruppenor -

ganisationen, die im Rahmen eines Lizenzträgers Volksgruppenlokalradio be -

treiben, zu geben, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/

oder durch Mehreinnahmen sichergestellt werden kann. Für das Budgetjahr

1999 hat der Nationalrat am 28. Mai 1998 die inhaltlich gleiche Vorgangsweise

im Rahmen des Bundesfinanzgesetzes 1999 beschlossen.

Zu Frage 5:

Soweit der Vollzug der Amtssprachenverordnungen mit dieser Frage

angesprochen ist, sind dem Bundeskanzleramt keine besonderen Probleme

beim Vollzug dieser Verordnungen durch die zuständigen staatlichen Organe

bekannt. Dort wo die Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes gegeben ist,

nämlich im Bereich der Behandlung der Volksgruppen - Förderungsansuchen,

verweise ich darauf, daß diese im Rahmen der volksgruppengesetzlichen und

haushaltsrechtlichen Bedingungen und nach Maßgabe vorhandener finanzieller

Mittel behandelt werden, wobei in besonderem Maße darauf Bedacht

genommen wird, daß die Förderung der Erstellung schriftlicher Unterlagen

(Broschüren, Plakate, sonstige Druckwerke) insbesondere dann erfolgt, wenn

diese in der Volksgruppensprache oder zweisprachig verfaßt werden. Zu den

zweisprachigen Ortstafeln ist darauf hinzuweisen, daß zur Zeit politische Ge -

spräche - insbesondere auf Landesebene - stattfinden, von denen ich mir

konsensfähige Lösungsvorschläge erwarte.