4144/AB XX.GP

 

An den

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

Wien, am 10. Juli 1998

GZ 61 1000/44 - Präs.1/98

Die Abgeordneten zum Nationalrat Langthaler, Freundinnen und Freunde haben am

15.5.1998 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 4442/J betreffend

“Verwertung und Entsorgung von Verpackungen” gerichtet. Ich beehre mich, diese

wie folgt zu beantworten:

ad 1

Die Entwicklung auf dem Verpackungssektor ist mir schon alleine wegen der

Verpflichtungen, die sich aus der Verordnung über die Festsetzung von Zielen zur

Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen und sonstigen

Verpackungen (ZielVO Verpackungsabfälle) ergeben, bekannt. Da ich mich immer

für die Verwendung von Mehrwegsystemen als Maßnahme zur Abfallvermeidung

eingesetzt habe, entspricht ein allfälliger Einwegtrend im Getränkebereich nicht den

abfallpolitischen Grundsätzen meines Hauses.

Zur Entwicklung bei den Mineralwässern ist festzuhalten, daß die Abfüllung in

Kunststoffflaschen erst durch die Aufhebung einer Bestimmung der

Mineralwasserverordnung (die die Abfüllung in Glasflaschen vorsah) durch den

Verfassungsgerichtshof möglich wurde. Angefochten wurde diese Bestimmung

bekanntlich von einem der großen österreichischen Mineralwasserabfüller.

ad 2

Der angesprochene Trend zu Einwegverpackungen ist in erster Linie im Bereich der

Getränkeverpackungen zu beobachten. Bei den Transportverpackungen ist jedoch

ein Trend zum vermehrten Einsatz von Mehrwegsystemen (wie z.B. Kistenpools)

festzustellen. Erfreulich ist auch, daß die generelle Tendenz zu leichteren

Verpackungen bei den Getränken zumindest teilweise durch Mehrwegflaschen

abgedeckt wird.

Gerade die Verpackungsverordnung hat den Mehrwegsystemen Wettbewerbsvor -

teile verschafft, da nunmehr externe Kosten (für die Sammlung und Verwertung) der

Einwegverpackungen im Produktpreis zu berücksichtigen sind. Die Förderung von

Mehrweggebinden ist auch ausdrückliches Anliegen der neuen Verpackungsverord -

nung.

Die Verpackungsverordnung hat demnach den Trend zu Einwegverpackungen ab -

geschwächt und nicht mitverursacht. Ebenso ist die behauptete Förderung von

Kunststoffverpackungen durch die Verpackungsverordnung nicht nachzuvollziehen.

ad 3, 9 und 10

Gemäß ZielVO Verpackungsabfälle sind Quoten für Getränkeverpackungen und

Restmengen für sonstige Verpackungen normiert. Da die aktuellen Überprüfungen

derzeit laufen, sind zunächst die Ergebnisse abzuwarten und bei allfälligen Zielver -

fehlungen die in der Zielverordnung vorgesehenen Maßnahmen zu treffen.

ad 4

Zur Erreichung der Vorgaben der Deponieverordnung bzw. der Wasserrechtsgesetz -

Novelle wird die Errichtung entsprechender Abfallbehandlungsanlagen zwingend

notwendig sein.

Obwohl zur Erfüllung der festgelegten Kriterien kein Behandlungsverfahren vorgege-

ben wird, wird die Reduktion organischer Abfallanteile im wesentlichen nur durch

thermische Behandlungsschritte erreicht. In diesem Zusammenhang wurde schon in

den Bundes - Abfallwirtschaftsplänen 1992, 1995 und 1998 unmißverständlich festge -

halten, daß die thermische Behandlung von Restmüll als sinnvolle und notwendige

Behandlungseinrichtung angesehen werden muß und bei Anwendung geeigneter

Technologien die umweltentlastenden Auswirkungen im Vergleich zu alternativen

Behandlungsverfahren überwiegen.

Die Deponieverordnung ermöglicht auch die Anwendung alternativer Verfahren, wie

der mechanisch biologischen Vorbehandlung, die aber mit einer thermischen Be -

handlung für die abgetrennten heizwertreichen Fraktionen kombiniert werden muß.

Der Bedarf an zusätzlichen thermischen Behandlungskapazitäten für nicht gefährli -

che Abfälle einschließlich Abfällen aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen liegt

gemäß Bundes - Abfallwirtschaftsplan 1998 bei zumindest 2,5 Mio. t. Bei alleiniger

Betrachtung von Abfällen aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen sind je nach

gewählter Behandlungsstrategie fehlende Kapazitäten in folgendem Ausmaß anzu -

führen:

- bei thermischer Behandlung (zusätzlich zu den bereits bestehenden Kapazitäten

in Wien und Wels) rd. 780.000 t/a;

- bei Kombination von mechanisch biologischer Vorbehandlung und thermischer

Behandlung der heizwertreichen Fraktionen zusätzlich rd. 330.000 t/a; für diese

Variante wären jedoch weitere Kapazitäten für die mechanisch biologische Be -

handlung im Ausmaß von rd. 200.000 t/a notwendig, sowie die Anpassung beste -

hender Anlagen an den Stand der Technik.

ad 5

Die Abfallrahmenrichtlinie legt in Anhang II A fest, daß die “Verbrennung an Land”

als “Beseitigungsverfahren” gilt. Anhang II B der Richtlinie erklärt hingegen die - 4 -

“Hauptverwendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung” zum

"Verwertungsverfahren".

Gemäß Verbringungsverordnung, welche unmittelbar in Österreich gilt, hat die zu -

ständige Behörde im Fall der Verbringung von Abfällen zur Beseitigung die Möglich -

keit, die Einwände der Entsorgungsautarkie oder des Prinzips der Nähe zu erheben.

Im Fall der Verbringung zur Verwertung gelten hingegen diese Einwandgründe nicht.

Da die in der Abfallrahmenrichtlinie getroffene Unterscheidung in Verwertungs - und

Beseitigungsverfahren einen breiten Interpretationsspielraum offen läßt und da die

Verbringungsverordnung Einwände, die sich auf Abfallwirtschaftspläne stützen, auch

bei der Verbringung zur Verwertung zuläßt, werden im Bundes - Abfallwirtschaftsplan

1998 "Einstufungsgrundsätze für Verfahren zur sonstigen Behandlung in Beseiti -

gungs - und Verwertungsverfahren" festgelegt.

Die Verbrennung von Hausmüll ist aufgrund der inhomogenen und schwankenden

Zusammensetzung und insbesondere aufgrund der mangelhaften Regelbarkeit des

Abbrandes als Beseitigung zu sehen.

Als mittelfristiger Lösungsansatz ist auch eine Änderung bzw. Konkretisierung des

EU - Rechts anzusehen.

Bezüglich der Verbringung von Kunststoffabfällen ins Ausland sei erwähnt, daß be -

stimmte sortenreine Kunststoffabfälle zwar keiner Genehmigung für den Export be -

dürfen, allerdings sind Unterlagen mitzuführen, die die Verwertung im Ausland bele -

gen.

Im Fall der thermischen Verwertung von Verpackungsabfällen sind sowohl im Inland

als auch im Ausland bestimmte Verwertungskriterien für den thermischen Anteil ein -

zuhalten (Einhaltung vorgegebener Emissionsstandards, Einhaltung des Emissions -

grenzwertes für Dioxin/Furan - Verbindungen von 0,01 ngTE/Nm3, keine Ver -

schlechterung der Emissionsverhältnisse der Anlage, Ressourcenschonung durch

Ersatz von konventionellen Brennstoffen, optimale Nutzung des Energieinhaltes aller

Einsatzstoffe und eine definierte Qualität aller Einsatzstoffe).

ad 6

Die Tatsache der mangelnden Auslastung thermischer Abfallbehandlungsanlagen in

Deutschland ist bekannt. Die gemäß “Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASI)”

erforderliche Anpassung von bestehenden Deponien an den Stand der Technik bis

zum Jahr 2005 führte vorerst zur Verfüllung von bestehenden Deponien bei weite -

rem Preisverfall und zum Wettbewerbsnachteil für Verbrennungsanlagen. Bei Ablauf

der Übergangsfristen für die Anpassung bestehender Deponien an den Stand der

Technik ist aber davon auszugehen, daß die bestehenden Kapazitäten für die ther -

mische Behandlung von Abfällen benötigt werden.

ad 7 und 8

Mit der mit 1.1.1997 in Kraft getretene Deponieverordnung wurde ein bundeseinheit -

licher Standard für die Qualität der abzulagernden Abfälle festgelegt. Eine weitere

Maßnahme zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen wurde mit der Novelle

zum Altlastensanierungsgesetz vorgenommen, die eine drastische Erhöhung von

Altlastensanierungsbeiträgen für das Deponieren von unbehandelten Abfällen auf

nicht dem Stand der Technik entsprechenden Deponien vorsieht. Der Altlastensanie -

rungsbeitrag für die Ablagerung von Hausmüll steigert sich bis zum Jahr 2001 von

derzeit 200 öS/t auf 600 öS/t (1998: 200 öS/t, 1999: 400 öS/t, 2001: 600 öS/t). Eine

weitere lenkungspolitische Maßnahme stellt der zusätzlich aufzuwendende Strafbei -

trag von jeweils 400 öS/t für eine unzureichende bautechnische Ausstattung der

Deponie (mangelnde Basisabdichtung und / oder fehlende Deponiegaserfassung)

dar.

Um Abfälle umweltgerecht und dennoch wirtschaftlich zu entsorgen, muß eine Müll -

verbrennungsanlage in Anlehnung an marktwirtschaftliche Prinzipien betrieben wer -

den. Eine thermische Abfallbehandlungsanlage wird daher in den meisten Fällen

überregionale Bedeutung haben. In Entsprechung marktwirtschaftlicher Prinzipien

und bei Einhaltung einschlägiger Bestimmungen kann daher auch der Import von

Abfällen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Einschränkungen durch ent -

sprechende gesetzliche Bestimmungen, mit denen versucht wird, die Behandlung

bestimmter Abfallströme ausschließlich in bestimmten Anlagen zu normieren, ist im

Hinblick auf Art. 4 B - VG (einheitliches Wirtschaftsgebiet) sowie auf das Grundrecht

der Freiheit der Erwerbsausübung problematisch. Daher ist ein Kontrahierungs -

zwang auf Bundesebene nicht vorgesehen. Eine Bindungswirkung durch privatrecht -

liche Übernahmeverträge ist jedoch grundsätzlich unproblematisch.

ad 11

Die Verwertung der getrennt gesammelten Verpackungen aus Kunststoff erfolgt der -

zeit etwa je zur Hälfte stofflich und thermisch. Sowohl die stoffliche als auch die

thermische Verwertung von Kunststoffverpackungen ist im Sinne einer Ressourcen -

schonung auch eine ökologisch vertretbare Maßnahme. Voraussetzung dafür ist

allerdings eine getrennte Sammlung, die eine Verwertung anstelle der sonst notwen -

digen Beseitigung als Hausmüll (durch Deponierung, Hausmüllverbrennung oder

mechanisch - biologische Behandlung) ermöglicht. Die getrennte Sammlung von

Kunststoffverpackungen in Frage zu stellen würde daher auch bedeuten, deren Ver -

wertung in Frage zu stellen, was keinesfalls die Linie meines Ressorts ist.