4225/AB XX.GP

 

zur Zahl 4508/J - NR/1998

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Graf, Dr. Ofner und Kollegen haben an mich

eine schriftliche Anfrage, betreffend die Hintergründe der Zurücklegung von Anzei -

gen, gerichtet und folgende Fragen gestellt:

“1. Wie lautet der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Wien an die Ober -

staatsanwaltschaft Wien im Zusammenhang mit der 1996 erstatteten Anzeige

betreffend den Bauskandal am Flughafen Schwechat im Wortlaut? Wie lauten -

wenn sie erteilt wurden - alle im Zusammenhang mit der Zurücklegung dieser

Anzeige erteilten Weisungen?

2. Wie lautet der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Wien an die Ober -

staatsanwaltschaft Wien im Zusammenhang mit der Anzeige gegen

Dr. Kostelka und Dr. Ederer betreffend die widmungswidrige Weitergabe von

33 Mio. aus Mitteln der Klubfinanzierung an die SPÖ im Wortlaut? Wie lauten

- wenn sie erteilt wurden - alle im Zusammenhang mit der Zurücklegung dieser

Anzeige erteilten Weisungen?”

Bevor ich auf die gestellten Fragen eingehe, muß ich den in der Anfragebegründung

aufgestellten, völlig unbegründeten Vorwurf einer besonderen “Rücksichtnahme”

der Strafverfolgungsbehörden bei politisch brisanten Straffällen zu rückweisen. We -

der die Behandlung der zwei Anzeigen, die Gegenstand der gestellten Fragen sind,

noch die Zurücklegung der in der Anfragebegründung zusätzlich angesprochenen

Anzeige können bei objektiver Beurteilung den behaupteten Eindruck erwecken.

Die gestellten Fragen beantworte ich wie folgt:

Zu 1:

Eine im Herbst 1996 (dieser Zeitraum wird in der Anfragebegründung genannt) an

die Staatsanwaltschaft Wien gerichtete “fundierte Anzeige” mit Hinweisen auf einen

Bauskandal bei Arbeiten am Flughafen Schwechat konnte vom Leiter der Staatsan -

waltschaft Wien nicht ermittelt werden. Wie der Leiter dieser Staatsanwaltschaft wei -

ter berichtete, ist bei der Staatsanwaltschaft Wien am 22. März 1996 von einem an -

onymen Absender ein Ausschnitt aus einer Wochenzeitschrift eingelangt, der mit

"Sachverhaltsdarstellung" überschrieben wurde. Diese Eingabe ist am 19. April

1996 der Bundespolizeidirektion Wien mit dem Ersuchen um Sachverhaltserhebun-

gen übermittelt worden. Nach Einlangen des Erhebungsergebnisses ist die Anzeige

am 2. bzw. 4. September 1996 gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt worden. Nach

dem Tagebuchinhalt wurde in dieser Sache weder ein Bericht an eine vorgesetzte

Behörde erstattet, noch wurde der Staatsanwaltschaft Wien eine Weisung erteilt.

Zu 2:

Die Staatsanwaltschaft Wien hat am 17. April 1998 unter Bezugnahme auf § 8

Abs. 1 des Staatsanwaltschaftsgesetzes folgenden Anfallsbericht an die Oberstaats -

anwaltschaft Wien erstattet:

"Mit der in der Anlage in Kopie angeschlossenen anonymen Anzeige

vom 16.4.1998 gegen Dr. Peter KOSTELKA und Mag. Brigitte EDE -

RER wird vorgebracht, daß durch Zahlung eines Betrages von

S 33,000.000,-- im Dezember 1995 durch den Klubobmann der SPÖ,

Dr. Peter KOSTELKA, an die seinerzeitige Bundesgeschäftsführerin

der SPÖ, Mag. Brigitte EDERER, gesetz - und widmungswidrig sowie

unter Verletzung abgabenrechtlicher Bestimmungen Mittel des SPÖ -

Parlamentsklubs an die SPÖ zur Abdeckung von Kosten für die Na -

tionalratswahlen 1995 geflossen seien. Dr. Peter KOSTELKA und

Mag. Brigitte EDER ER bestätigten gegenüber der Zeitschrift "NEWS"

den behaupteten Geldfluß, bestreiten aber jegliche strafrechtliche Im -

plikation, zumal Dr. Peter KOSTELKA darauf verweist, daß die Mittel -

zuwendung zur Bezahlung der, von der SPÖ für den SPÖ - Parla -

mentsklub im Nationalratswahlkampf 1995 erbrachten Öffentlichkeits -

arbeit (somit entsprechend den Widmungszwecken des § 4 Klubfi -

nanzierungsgesetz 1985) verwendet und vom Klubvorstand beschlos -

sen worden sei. Auch vom Finanzreferenten der SPÖ, Werner

OBERMAYER, wurde gegenüber der Tageszeitung “Die Presse” fest -

gehalten, daß die Geldzuwendung widmungsgemäß, in Übereinstim -

mung mit der genannten Bestimmung des Klubfinanzierungsgesetzes

1985 erfolgt sei.

In rechtlicher Würdigung des Anzeigensachverhaltes ist auszuführen,

daß - ungeachtet der Frage der Mittelverwendung - eine Untreue

bzw. Veruntreuung zum Nachteil der - klubfinanzierenden - öffentli -

chen Hand schon deshalb ausscheidet, weil Zuwendungen der öffent -

lichen Hand an die Parlamentsklubs nach dem Klubfinanzierungsge -

setz 1985, welches im § 1 und § 4 lediglich bestimmte Verwendungs -

zwecke der im übrigen frei zugewendeten Geldmittel anführt, eine

Verfügungsgewalt im fremden Namen (der öffentlichen Hand) nicht

begründen. Derartige Zuwendungen sind mangels Anvertrautseins

gegenüber der öffentlichen Hand auch nicht Tatobjekt des § 133

StGB (vgl. den ähnlich gelagerten Sachverhalt des Nichtabführens

eingehobener Abgaben durch den Abfuhrpflichtigen in Mayerhofer -

Rieder, I4 E. 55 zu § 133 StGB). Dafür, daß Zuwendungen von Sei -

ten der SPÖ - Parlamentsklubs bereits von vornherein in der Absicht,

diese nicht zu Zwecken des Klubfinanzierungsgesetzes 1985 zu ver -

wenden, vereinnahmt worden wären (§148 StGB), finden sich im An -

zeigevorbringen keinerlei Anhaltspunkte.

Nach Lage des Falles, zumal im Hinblick auf die von Dr. KOSTELKA

vorgebrachte Beschlußfassung des SPÖ - Klubvorstandes über die

Zuwendung an die SPÖ, sowie die naturgemäß gleichgelagerte Inter -

essenlage der SPÖ sowie des SPÖ - Parlamentsklubs im Nationalrats -

wahlkampf 1995, darf auch ausgeschlossen werden, daß im Sinne

der §§ 133,153 StGB gegenüber dem SPÖ - Parlamentsklub (und zu

dessen Nachteil) eigenmächtig gehandelt wurde.

In abgabenrechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß politische Partei -

en (wie auch Körperschaften des öffentlichen Rechts) lediglich für

den Bereich der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit der Steuer -

pflicht unterliegen, im übrigen aber gemäß Artikel VI Abgabenände -

rungsgesetz 1975 (Gleichstellung mit Körperschaften des öffentlichen

Rechts) als solche nicht steuerpflichtig sind, sodaß eine Verwendung

der zugewendeten Mittel durch die SPÖ für politische Ziele zur Öf -

fentlichkeitsarbeit - was zumal mangels gegenteiligen substantiellen

Vorbringens in der anonymen Anzeige prima vista angenommen wer -

den darf - nicht steuerpflichtig wäre. Bemerkt wird, daß nach fern -

mündlicher Mitteilung von Sektionschef Dr. NOLZ - Sektion IV des

Bundesministeriums für Finanzen - an Staatsanwalt Dr. Erich MÜL -

LER vorn heutigen Tage die konkrete Geldverwendung der zugewen -

deten Mittel durch die SPÖ durch die Finanzverwaltung auf Grund ei -

ner beim Bundesministerium für Finanzen eingelangten gleichlauten -

den anonymen Anzeige bereits geprüft wird.

Das Ergebnis der Steuerprüfung durch die Sektion IV des Bundesmi -

nisteriums für Finanzen wird somit abgewartet und sodann über das

weitere beabsichtigte Vorgehen berichtet werden.”

Am 15. Mai 1998 hat die Staatsanwaltschaft Wien der Oberstaatsanwaltschaft Wien

einen weiteren Bericht vorgelegt, in dem folgendes ausgeführt wird:

“Nach Prüfung des Falles durch die Steuersektion des Bundesmini -

steriums für Finanzen liegt ein abgabenrechtlich relevanter Sachver -

halt nicht vor, da die bloße Weitergabe von Publizistikmitteln einen

Betrieb gewerblicher Art nicht begründen kann.

Die Anzeige wurde daher am 15.5.1998 nach Einholung der telefoni -

schen Genehmigung des Herrn Generalanwaltes Dr. Christoph

MAYERHOFER gemäß § 90 Absatz 1 StPO zur Gänze zurückge -

legt."

Eine Weisung zur Zurücklegung der Anzeige wurde weder von der Oberstaatsan -

waltschaft Wien noch vom Bundesministerium für Justiz erteilt.