4232/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Johann Schuster, Matthias Elimauer, Dr. Moser -

Starrach und Kollegen haben am 18.6.1998 an mich eine schriftliche Anfrage mit der

Nr. 4585/J betreffend “Langfristige Familienförderungspläne” gerichtet. Ich beehre

mich, diese wie folgt zu beantworten:

ad 1

In bezug auf die genannte Studie “Welche Partnerschaften scheitern” gelten meine

Bemühungen in erster Linie der vorbereitenden und vorbeugenden Information der

potentiellen Ehepartner und Eltern, um negative Folgen einer Trennung sowohl für

die Partner wie auch für die betroffenen Kinder so gering wie möglich zu halten.

Die diesbezüglichen Maßnahmen meines Ressorts sind folgende:

- In Absprache mit dem Fachverband der Standesbeamt/innen habe ich daher veran -

laßt, daß in den Standesämtern ein kostenloser informativer Leitfaden zur Ehe auf -

liegt. Diese Broschüre geht auch auf Probleme ein, die in einer Ehe entstehen kön -

nen.

- Aus Mitteln meines Ressorts werden Elternbildungsmaßnahmen gefördert und über

300 Familienberatungsstellen in erheblichem Ausmaß finanziert.

- Auf der Basis der Ergebnisse des in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium

für Justiz durchgeführten Modellprojektes “Familienberatung bei Gericht, Mediation

und Kinderbegleitung bei Trennung oder Scheidung der Eltern” wird an der Etablie -

rung dieser Angebote gearbeitet. Mittlerweile wird an 26 Gerichtsstandorten in

nahezu allen Bundesländern eine Familienberatung am Gerichtsstandort angebo -

ten.

Die Erfahrungen aus dem Modellprojekt sind überdies - in Entsprechung der Ent -

schließung des Nationalrates E - 156 NR 18. GP über die Behandlung des “UN -

Übereinkommens über die Rechte des Kindes” - in die vom Bundesministerium für

Justiz federführend vorbereitete Reform des Scheidungsrechts sowie des Schei -

dungsverfahrens - und Scheidungsfolgenrechts eingegangen. Mitarbeiter/innen

meines Ressorts haben in den Arbeitsgruppen, die beim Bundesministerium für

Justiz zur Vorbereitung dieser Reform eingerichtet wurden, mitgewirkt. Vorgesehen

ist unter anderem eine Informationspflicht des Gerichts gegenüber scheidungswilli -

gen Parteien über das Angebot der Mediation.

Auch die Mediation - in der qualitativ hochwertigen Form der "Co - Mediation" - wird

mittlerweile in den Bundesländern Wien, Steiermark, Kärnten, Tirol, Oberösterreich

und Salzburg angeboten. Der Verein Co - Mediation wird seitens meines Ressorts

und des Justizministeriums gefördert, so daß auch Personen in finanziell ange -

spannten Situationen von diesem Angebot Gebrauch machen können.

- Zur weiteren Entwicklung des Projektes Kinderbegleitung wurde einerseits der

Verein "Rainbows" in das Projekt aufgenommen und zum anderen werden den

Eltern von betroffenen Kindern weitergehende Informationen über kinderspychob -

gische bzw. kindertherapeutische Kontaktstellen in ganz Österreich gegeben.

Überdies stellt mein Ressort als praktische Ratgeber die Broschüre “Meine Eltern

lassen sich scheiden” den Kindern über 10 Jahren und die Publikation “Trotz Tren -

nung Vater bleiben” den Eltern zur Verfügung.

ad 2

Zunächst verweise ich auf die Familiensteuerreform im Umfang von 12 Mrd. Schil -

ling. Sie wird zu einer deutlichen Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen

für Familien führen. Die Umsetzung dieser Reform erfolgt in zwei Etappen und wird

im Jahr 2000 den Vollausbau erreichen. Darüber hinaus werden seitens des Bundes

für die Jahre 1999 und 2000 weitere 600 Mb. Schilling für den Ausbau von Kinder -

betreuungsangeboten zur Verfügung gestellt.

Im Zuge der Familiensteuerreform wurde auch ein “Familienpaket” mit längerfristigen

Maßnahmen zur strukturellen Unterstützung von Familien und zu deren finanzieller

Entlastung in spezifischen Situationen ausgearbeitet. Im finanziellen Bereich sieht

dieses Paket unter anderem eine Erhöhung des Karenzgeldes (inkl. Zuschuß) vor,

Anreizmechanismen für die Inanspruchnahme von Teilzeitkarenz auch für Väter,

eine höhere Verdienstfreigrenze für Studierende, Verbesserungen im Bereich der

Schülerfreifahrt für lnternatsschüler, aber auch eine Erhöhung der Mittel für den

Familienhärteausgleich. Strukturell sind Maßnahmen, wie der Ausbau der Familien -

beratungsstellen bei Gericht und die Beratung von Eltern beim Wiedereinstieg ins

Berufsleben nach der Kinderpause Teil des "Familienpakets 2000".

Die Umsetzung der Maßnahmen ist nach Maßgabe der budgetären Entwicklung des

Familienlastenausgleichsfonds vorgesehen. Die diesbezüglichen Verhandlungen

sind noch nicht abgeschlossen.

Darüber hinaus habe ich eine Machbarkeitsstudie zum Thema: “Entwicklung von

Modellen eines Kinderbetreuungsschecks und Analyse der Auswirkungen" in Auftrag

gegeben. Hierbei handelt es sich um die Schaffung einer neuen familienpolitischen

Leistung mit den Zielen, den Eltern Wahlfreiheit im Hinblick auf Dauer und Form

(inner - oder außerfamilär) der Betreuung ihrer Kleinkinder zu gewähren, im System

liegende Defizite bei der Kinderbetreuung zu beheben und Anreize für den Wieder -

einstieg nach der Kinderpause zu schaffen.

ad 3

Bei meinen familienpolitischen Plänen erachte ich für die nächsten Jahre

• die Entwicklung von Strategien zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf,

• die Verhinderung von familienbedingten Armutsfaktoren und

• Maßnahmen zur Unterstützung von Familien in besonderen Situationen

ad 4

In erster Linie werden beim Problemkreis familienfreundliche Arbeitsbedingungen

folgende Ziele verfolgt:

• Bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf;

• Ausbau und qualitative Verbesserung von Kinderbetreuungseinrichtungen;

• Schaffung von Maßnahmen, um den Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder Wahl -

freiheit zuteil werden zu lassen;

• Entlastung der Mütter von der Doppel - und Dreifachbelastung;

• Einbeziehung der Männer als Väter und Partner in die Familienarbeit und die

Betreuung der Kinder;

• Anerkennung der in der Familie erbrachten Leistungen;

• effizientere Maßnahmen zur Unterstützung des Wiedereinstiegs nach der Kinder -

pause, auch wenn diese mehrere Jahre gedauert hat;

• Flexibilisierung und Erhöhung des Karenzgeldes;

• Bewußtseinsarbeit, daß familienfreundliche Maßnahmen auch betriebswirtschaftli -

che Vorteile bringen;

• Bewußtseinsarbeit, daß Familienarbeit Schlüsselqualifikationen vermittelt, die im

Erwerbsleben sehr gut eingesetzt werden können.

ad 5

Ich habe die Entwicklung eines Audits für eine familienfreundliche Arbeitswelt in

Österreich veranlaßt. Mit diesem instrument wird, auf der Basis einer status quo - Er -

hebung ein betriebsspezifischer Standard an familienfreundlichen Maßnahmen erar -

beitet. Wenn sich das Unternehmen verpflichtet, diesen Standard umzusetzen, erhält

es ein Grundzertifikat. Nach drei Jahren erfolgt eine Reauditierung.

Derzeit wird das Prüfverfahren an neun Unternehmen und dem Bundesministerium

für Umwelt, Jugend und Familie durchgeführt. Auf Basis der Erfahrungen dieser

Pilotphase wird der Regelbetrieb des Audits vorbereitet.

Aufbauend auf den in der Steiermark entwickelten Wettbewerb zur Auszeichnung

des frauen - und familienfreundlichsten Betriebes bereite ich einen Bundeswettbe -

werb zur Prämiierung von best - practice - Modellen vor. Ziel ist die Bekanntmachung

von familienbewußten Maßnahmen in Betrieben und die Motivation für andere Unter -

nehmen, diesem Beispielen zu folgen.

Darüber hinaus ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Schwerpunktthema

des Familienberichts 1999.

ad 6

Familienpolitik ist eine Querschnittsmaterie, d.h. alle Gebietskörperschaften sind

aufgerufen, familiäre Netzwerke in ihrem Umfeld zu stärken und zu unterstützen.

Zum Serviceangebot des Familien - und Jugendministeriums zählt das Familienser -

vice, welches eine Hotline betreibt und Bürgerinnen und Bürger für Fragen zur Ver -

fügung steht sowie Informationsmaterial anbietet. Das Familienservice und die

Jugend-Info-Stelle sind zum Ortstarif aus ganz Österreich erreichbar. Darüber hinaus

steht die Kinder- und Jugendanwältin des Bundes, die ebenfalls zum Ortstarif unter

der Telefonnummer 0660/6076 erreichbar ist, allen Familien und Kindern zur Verfü -

gung.

Mit dem bereits beschlossenen Bundesgesetz über die Dokumentations - und Infor -

mationsstelle für Sektenfragen (Bundesstelle für Sektenfragen), wurde die Möglich -

keit geschaffen, die Bürgerinnen und Bürger über die von Sekten oder sektenähnli -

chen Gruppierungen ausgehende Gefährdungen zu informieren.

Aus Mitteln des Familienhärteausgleichs habe ich die Möglichkeit, in Not geratenen

Familien eine finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang auch das Österreichi -

sche Institut für Familienforschung, welches zu einem nicht unwesentlichen Teil auch

vom Familienministenum finanziell unterstützt wird und für Anfragen aus der Praxis

sowie für familienwissenschaftliche Fragestellungen zur Verfügung steht. Dieses

Institut wurde nach einem umfangreichen Ausschreibungsverfahren nunmehr seitens

der EU - Kommission, GDV beauftragt, als Europäische Beobachtungsstelle für natio -

nale Familienpolitik tätig zu werden. Auch dadurch wird den für die Familienpolitik

interessierten Personen Zugang zu neuen Informationen eröffnet.

ad 7

Ein erfolgreicher Wiedereinstieg für Mütter und Väter nach einer Familienpause ist

Voraussetzung dafür, daß Mütter und Väter ihre Lebensplanung betreffend Familie

und Beruf nach ihren Wünschen und Möglichkeiten verwirklichen können.

Zahlreiche Faktoren spielen für den gelungenen Wiedereinstieg eine Rolle. Ebenso

vielfältig müssen daher die Maßnahmen sein, um einen späteren Wiedereinstieg zu

erleichtern. Ich habe daher veranlaßt, daß diesem Thema auch beim Audit für eine

familienfreundliche Arbeitswelt ein besonderer Stellenwert beigemessen wird.

Großen Einfluß auf einen gelungenen Wiedereinstieg ist die Frage, ob es gelingt,

während der Karenzzeit mit dem Arbeitgeber in Kontakt zu bleiben. Dies kann bei -

spielsweise durch die Übernahme von Vertretungen, die Teilnahme an Weiterbil -

dungsveranstaltungen oder durch die Mithilfe bei Arbeitsengpässen erfolgen. Dies zu

unterstützen, ist Ziel der seit 1.1.1998 geltenden Neuregelung beim Karenzgeldbe -

zug. Sie sieht vor, daß der Anspruch auf das Karenzgeld erhalten bleibt, auch wenn

über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus dazu verdient wird.

Mein Ressort ist seit mehreren Jahren mit der Arbeitgeberseite in einem intensiven

Dialog, was sich in der Durchführung gemeinsamer Expertentagungen, in der Veran -

staltung von Workshops oder in der Mitwirkung der Arbeitgeberseite bei der Ent -

wicklung des Audits für eine familienfreundliche Arbeitswelt niederschlägt. Darüber

hinaus werden anlaßbezogen immer wieder Gespräche mit der Arbeitgeberseite zu

spezifischen Fragen geführt.