4383/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4623/J - NR/1998 betreffend Wirkung von Gewalt
in Medien auf Kinder und Jugendliche, die die Abgeordneten Johann Schuster und Kollegen am
7. Juli 1998 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
1. Was wird in Schulen unternommen, um den Schülern bei der Verarbeitung von Gewalt
in den Medien zu helfen sowie ihnen den Umgang mit Konflikten zu vermitteln?
Antwort:
Eine der grundlegenden Hilfestellungen ist die Erstellung von Materialien, die die Lehrer / innen
zur Realisierung der Zielsetzungen des fächerübergreifenden Unterrichtsprinzips Medien -
erziehung anregen und ihnen Möglichkeiten der Umsetzung aufzeigen. Im Bereich der
Praktischen Medienerziehung wird das schülerzentrierte eigene Medienmachen angeregt und
unterstützt
Materialien:
Im Rahmen der Erstellung von Arbeitsmateriealien zur Medienerziehung und der Herausgabe
der periodischen Zeitschrift MEDIENIMPULSE - Beiträge wird der
Thematik "Gewalt und Medien" breiter Raum gegeben. Anerkannte Expertinnen und Experten
aus den Bereichen der Kommunikations - und Erziehungswissenschaft, der Politikwissenschaft
etc ‚ aber auch Praktiker aus Schule, Jugend - und Erwachsenenbildung werden eingeladen, ihre
Erkenntnisse und Erfahrungen an Lehrer/innen und Erzieher/innen weiterzugeben. Die Palette
reicht von wissenschaftlichen Theorien in Form von Artikeln über persönliche Einstellungen in
Form von Interviews bis hin zu praktischen Hilfestellungen in Form von ausgearbeiteten
Unterrichtsvorschlägen und Anregungen
für die Zusammenarbeit mit den Eltern
Einige Themen - Beispiele seien hier angeführt:
Aus Materialien für die Grundschule, Heft 2 " Helden, Helden?"
-- Klischees abbauen / Vorurteile abbauen / Rassismus bekämpfen / Konfliktlösungen ohne phy -
sische Gewaltanwendung / aggressive Medieninhalte erkennen / eigene Bedürfnisse erkennen
Aus: Materialien für die Grundschule, Heft 5 ,,Elternabend”
-- Vorschläge zur Gestaltung eines Elternabends “Unsere Kinder und Fernsehen”,
Sensibilisierung der Eltern für ihre Vorbildwirkung in Bezug auf das Medienverhalten der
Kinder
Aus Materialien ab der 5. Schulstufe, Heft 1 ,,Identifikation"
-- Erkennen von Konflikten, Vorschläge zur friedlichen Lösung, Erkennen, dass das ‚Andere‘
als das Böse, das Fremde dargestellt wird.
Aus Materialien ab der 5. Schulstufe, Heft 3 ,,Gewalt und Horror in den Medien”
-- Die Unterrichtseinheiten thematisieren das Erkennen und Durchschauen medialer Inhalte und
vor allem das Bewusstwerden des eigenen Aggressionspotenzials und dessen Bewältigung mit
friedlichen Mitteln: wie z.B. sachliche Führung von Auseinandersetzungen, Erkennen
gegensätzlicher Positionen, Sensibilisierung gegenüber Gewaltdarstellungen und Gewalt
Aus: Medienimpulse, Beiträge zur Medienpädagogik
Heft 2: Schwerpunktthema ‚Gewalt‘: Hintergrundinformationen, praktische Umsetzungs -
vorschläge, Hinweise für Eltern
Heft 5: Schwerpunktthema ‚Konflikte‘. Friedliches Miteinanderleben - Umgang mit Anderen
Heft 7: Thema Medienerziehung, B. Bachmair: Jurassic Park, S 62ff.
Helt 10: Thema Medienerziehung, J. Groebel: Medien, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit,
S 77ff.
Heft 12: Thema Medienerziehung, P.Vitouch: Neue Ansätze zur Gewaltforschung, S 72ff.
Hefte 18,19,20: Thema Medienerziehung, H. Oberlechner: Gewalt auf dem Bildschirm, S 61ff.,
S 77ff., S 85ff.
Heft 23: Schwerpunktthema ,,Gewalt und Medien von der Simplifizierung zur
Differenzierung”.
Besonders empfohlen: E.Forster: Macht mediale Gewalt Alltagsgewalt unsichtbar?,
S 5ff.
"...die Medien helfen uns, diese Welt zu verstehen" - Diskussion, S 41ff.
Zusammenfassend sei nochmals darauf verwiesen, dass gerade in jenen Bereichen, in denen
sachliche Information wohl aufklären, aber kaum oder gar nicht zu im Emotionellen liegenden
Ursachen (auch für Gewalt) vorstoßen kann, eine emanzipatorische, Kinder und Jugendliche
stärkende Medienerziehung eine wichtige Rolle spielt. Ihr Ziel ist, die Hinführung von Kindern
und Jugendlichen zur Medienkompetenz, d.h. zu einem selbstbestimmten Umgang mit Medien.
Praktische Erziehung
Kindern und Jugendlichen, die verbale Beeinflussung von außen prinzipiell ablehnen und auf der
Basis logischer Argumente schwer erreichbar sind, bietet eigenes Medienmachen eine probate
Möglichkeit, ihre Themen, d.h. latente Aggression, Zukunftsängste u.ä. zu kanalisieren und
ventilieren Interessierten Schulen wird Hilfestellung und Begleitung bei der Planung und
Durchführung von Medienproduktionen angeboten.
2. Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, vonseiten der Schulen z.B. Anti - Gewalt - Filme bzw.
friedensstiftende Filme auszuzeichnen, um damit eine höhere mediale Aufmerksamkeit
dafür zu erreichen?
Antwort:
Seitens meines Ressorts sind Veranstaltungen im Rahmen der Lehrerfortbildung (Kursangebot
des Pädagogischen Institutes Wien) vorgesehen, in denen Lehrer über die Tätigkeit der
Jugendfilmkommission (Alterskennzeichnung von Filmen, Feststellung der Jugendeignung)
informiert werden sollen. Bei dieser Gelegenheit werden die Prüfkriterien der
Jugendlilmkommission und sicher auch die Bewertung von Gewaltdarstellungen referiert
werdet, wobei besonders auf den kontextuellen Zusammenhang dieser Medieninhalte
hingewiesen werden muss. Aus der Sicht der Jugendfilmkommission ist jedenfalls nicht jede
Gewaltdarstellung per se problematisch, sondern es kommt vielmehr sehr auf die thematische
Einbettung dieser Darstellung an. So etwa sind Filme wie "Schindlers Liste" zwar äußerst
gewalttätig, benützen die Gewaltdarstellung aber für einen flammenden Appell für humanität
und Frieden Aus diesem Grunde bevorzugt die Jugendfilmkommission eher auch den Begriff
der "Gewaltverherrlichung".
Darüberhinaus können selbstverständlich auch die Erfahrungen der
Lehrer mit jugendgefährdenden Inhalten von Medien und deren Wirkung (z.B. exzessive
Gewaltanwendung) besprochen und diese Erfahrungen bei der Filmprüfung berücksichtigt
werden.
Schließlich sei noch erwähnt, dass demnächst ein Video über die Arbeitsweise der
Jugendfilmkommission vorliegen wird, dass sich ebenfalls für den Einsatz an Schulen und im
Rahmen der Elternbildung eignet.
Die Umsetztung des genannten Vorschlags wird mit diesen Maßnahmen wesentlich erleichtert.
3. Sind zur Zeit der österreichischen EU - Präsidentschaft länderübergreifende Projekte
und Aktionen zur Bekämpfung von Gewalt in den Medien geplant?
Antwort:
Die Jugendfilmkommission beteiligt sich seit 1994 an einer ländeübergreifenden
Zusammenarbeit im Rahmen des Jugendmedienschutzes.
Zuletzt hat im Juni eine Konferenz im EU - Rahmen stattgefunden, deren Anliegen es war, die
Erfahrungen aus der eher traditionellen Filmprüfung auch für die neue Aufgabe der Prüfung der
jugendgefährdenden Inhalte der neuen Medien, insbesondere des Internet und der Online -
Dienste nutzbringend anzuwenden.
4. Welche Erfahrungen haben Sie in den letzten Jahren mit Gewalt bzw. Aggression an
Schulen gemacht?
Antwort:
Gewalt und Aggression an Schulen werden aktuell als Synonyma gebraucht. Eine
wissenschaftlich fundierte Abgrenzung der beiden Begriffe hängt wesentlich von der
Forschungsperspektive ab Die Motivationspsychologie definiert Aggression als eine der
Triebwurzeln des Menschen, während die Sozialpsychologie und die Soziologie starker die
Umfeldbedingungen für körperlich und seelisch verletzendes Verhalten erforschen und
beschreiben.
Die “Gewalt an Schulen" ist Realität, wenn man die persönlichen Mitteilungen aller
Schulpartner ernst nimmt. Der Wunsch nach Hilfe und Unterstützung findet sich bei Schülern,
Lehrern und Lehrerinnen und Eltern
gleichermaßen.
Schule ist neben dem Elternhaus ein bedeutendes Sozialisationsfeld und in der
Persönlichkeitsentwicklung der Schüler/innen gefordert. Es gilt im sozialen Kontext - es
bestehen unterschiedliche Voraussetzungen im geistig - seelischen Bereich - Bildungsziele zu
verwirklichen
Die Schulbehörden befassen sich in Tagungen (Landesschulratsdirektoren, Landesschulinspek -
toren, Bezirksschulinspektoren, Schulleiter), Konferenzen (Präsidenten der Landesschulräte,
Stadtschulrat für Wien) und in der Lehreraus - und - fortbildung mit dieser Thematik.
Aus internationalen Studien wird deutlich, dass zur empirischen Erfassung der “Gewalt an
Schulen" eine Definition unerlässlich ist. Ein komplexes Verhalten wie “Gewalt an Schulen"
entzieht sich einer monokausalen und eindimensionalen Betrachtungsweise, weil es wesentlich
auf die Analyse der Gesamtsituation (Kontext: direkt und indirekt Beteiligte), die persönlichen
Voraussetzungen der Handelnden und den Zielaspekt ankommt
Erfassbar wird “Gewalt an Schulen", wenn diese durch
• Physische Gewalt als Schädigung und Verletzung eines anderen durch körperliche Kraft und
Stärke
• Psychische Gewalt als Schädigung und Verletzung eines anderen durch Abwendung,
Ablehnung. Abwertung, durch Entzug von Vertrauen, durch Entmutigung und emotionales
Erpressen
• Verbale Gewalt als Schädigung und Verletzung eines anderen durch beleidigende,
erniedrigende und entwürdigende Worte
• Sexuelle Gewalt als Schädigung und Verletzung eines anderen durch erzwungene intime
Körperkontakte oder andere sexuelle Handlungen, die dem Täter eine Befriedigung eigener
Bedürfnisse ermöglichen
• Frauenfeindliche Gewalt, die physische, psychische, verbale oder sexuelle Form der
Schädigung und Verletzung von Mädchen und Frauen, die unter Machtausübung und in
diskriminierender und erniedrigender Absicht vorgenommen wird
Fremdenfeindliche und rassistische Gewalt, die physische, psychische und verbale Schädigung
und Verletzung eines anderen Menschen auf Grund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seines
Aussehens oder seiner Religion (Gewaltbegriff von Bründel, Hurrelmann, 1994 Gewalt macht
Schule, Droemer/Knaur) konkretisierbar ist
Weiters Gewaltbegriff nach (Olweus, 1996, Gewalt in der Schule, Huber Bern).
Ein Schüler oder eine Schülerin ist
Gewalt ausgesetzt, wenn er oder sie wiederholt und über eine
längerere Zeit den negativen Handlungen (d.h. absichtlich einem anderen Verletzungen oder
Unanehmlichkeiten zufügen) eines oder mehrerer anderer Schülerinnen oder Schüler ausgesetzt
ist.
Negative Handlungen können mit Worten z.B. durch Drohen, Spotten, Hänseln,
Beschimpfen,... begangen werden, sich durch Körperkontakt z.B. Schlagen, Treten, Stossen,
Kneifen, Festhalten,... äußern, ergänzt durch Fratzen schneiden, schmutzige Gesten oder
"Schneiden".
Wenn der Begriff Gewalt verwendet wird, muss ein Ungleichgewicht der Kräfte vorliegen:
Schüler, die der negativen Handlung ausgesetzt sind, haben Mühe, sich selbst zu verteidigen und
sind in irgendeiner Weise hilflos.
Es soll außerdem zwischen unmittelbarer Gewalt - mit verhältnismäßig offenen Angriffen - und
mittelbarer Gewalt in Form gesellschaftlicher Ausgrenzung und absichtlichem Ausschluss
unterschieden werden.
Die Erfahrungen mit “Gewalt und Aggression an Schulen" zeigen, dass eine Generalisierung
des Problems, wie “die Schüler/innen sind vermehrt aggressiv und gewalttätig" abzulehnen ist,
sondern eine alle Betroffenen einbeziehende und beratende (z.B. durch Schulpsychologen.
Beratungslehrer, Peers,...) Vorgangsweise, die sachorientiert und offen ist, konstruktive
Ergebnisse erbringt.
5. Gibt es eine Zunahme von Gewalt an Schulen?
Antwort:
Die oft geäußerte Feststellung, Gewalt hätte an Schulen zugenommen, spiegelt den subjektiven
und vermeintlichen Erfahrungshintergrund von Schülern, Lehrern und Eltern, wider
Die Studienergebnisse sind auf Österreich übertragbar.
Melzer/Schubarth/Tillmann (1995) kommen bei der Analyse von Studien (BRD) - vorwiegend
sind es Befragungen der Schüler und Schulleiter - zum Thema “Gewalt an Schulen” der 90er
Jahre zu folgendem Resümee (Schule, Gewalt und Rechtsextremismus, Leske und Budrich,
Opladen)
Die Studien (rund 20) ergeben ein differenziertes, mitunter widersprüchliches Bild. Als
weitgehend gesichert könne gelten, dass nur bei einer Minderheit von Schulen Aggressionen und
Gewalt ein größeres Ausmaß
angenommen haben, wodurch das Schulleben erheblich
beeinträchtigt würde Gleichwohl müssen die existierenden Probleme ernst genommen werden.
insbesondere das Ausmaß an verbal - aggressiven Verhaltensweisen, die eng mit physischen
Aggressionen in Zusammenhang stünden. Weiters sprechen die wenigen empirischen Befunde,
die sich im Zeit verlauf interpretieren ließen, eher für einen leichten Anstieg gewalttätiger
Verhaltensweisen als für eine dramatische Zunahme. Der Kreis der “Gewaltausübenden scheinen
relativ klein zu sein, überwiegend männlich, aus mittleren Klassenstufen, eher leistungsschwach
und stark cliquen - orientiert. Hurrelmann/Bründel (1994 zit. a.a.O.) stellen die Frage, was
eigentlich anders im Vergleich zu früher geworden ist und kommen zu folgendem Schluss:
“Nach unserer Einschätzung ist eine Tendenz besonders beunruhigend: Die Intensität der Gewalt
hat sich verändert, vor allem die der körperlichen Gewalt. Viele Kindergärtner/innen, viele
Lehrer/innen und auch viele Eltern stimmen darüber überein, dass sich eine Verschärfung der
Gewalt in den Handlungen einiger Kinder und Jugendlicher zeigt. Offenbar hat sich das Klima
des Zusammenlebens verändert. Kinder und Jugendliche schlagen heute schon bei nichtigen
Anlässen schneller und mitleidloser als früher zu. Besonders beunruhigend ist die schleichend
wachsende ganz alltägliche Gewaltbereitschaft unter Schülern, ihr fehlendes Mitgefühl und ihre
sinkende Hemmschwelle. Alles dies führt dazu, dass auch dann noch geprügelt wird, wenn das
Opfer schon am Boden liegt. Große Sorgen bereiten das fehlende Unrechtbewusstsein und die
fehlende Verantwortung für den anderen Ordnungs - und Erziehungsmaßnahmen werden häufig
nur als Schikane empfunden, die Täter - Opfer - Situation wird auf den Kopf gestellt: Der
Angeklagte macht sich selbst zum Ankläger. Jedoch: “Nicht alle Kinder und Jugendliche
reagieren auf. Enttäuschungen und Versagen mit Aggression. Die meisten ziehen sich bei solchen
Frustrationserlebnissen in sich selbst zurück, fühlen sich erniedrigt, ohnmächtig und reagieren
mit depressivem Verhalten oder psychosomatischen Erkrankungen. Diese nach innen gerichtete
Form der Problem - und Konfliktverarbeitung ist der eine Pol, den anderen Pol bildet die nach
außen gerichtete Form, die wir als Aggression und Gewalt bezeichnen.”
Tillman (1997, Forschung über Gewalt an Schulen, Juventa - Verlag) resümiert die
Forschungslage der 9Oer Jahre:
1 die besonders harten, besonders spektakulären, überwiegend auch strafrechtlich relevanten
Delikte wie z.B. schwere Körperverletzungen, Erpressungen, Bandenschlägereien sind nach
wie vor seltene Ereignisse in unseren Schulen (z.B. etwa 2% der befragten Schüler geben an,
oft oder sehr oft Opfer von Erpressungen geworden zu sein)
2 Die Untersuchungen stimmen darüber überein, dass verbale Attacken, dass Beschimpfungen
tind fleleidigungen zwischen Schülern im Schulalltag weit verbreitet sind (etwa 50% der 6
bis l0 - jährigen hessischen
Schüler/innen beobachten dies mehrmals wöchentlich).
3 Im Gegensatz zu dem Eindruck den viele Presseberichte erweckt haben, kann von einer
Veralltäglichung massiver Gewalttaten in unseren Schulen keine Rede sein. Vielen
Pädagogen macht es jedoch Sorgen, dass verbale Attacken unterschiedlichster Art den
alltäglichen Kommunikationsstil in Schulen - und zwar in allen Schulformen prägen
6. Wenn ja, gegen wen richtet sich diese hauptsächchlich?
Antwort:
Nach international Übereinstimmenden Forschungsergebnissen zeigt sich die Gewalt und
Aggression in differenzierter Weise (Olweus, Holtappels, Tillmann, 1997)
Ca 15% der Schülerschaft an Grund - und weiterführenden Schulen sind als Täter oder Opfer
“hin und wieder” bzw. öfter an Gewalt beteiligt.
9% waren Opfer, 7% waren Täter und 2% sowohl Opfer als auch Täter.
“Etwa einmal die Woche" oder häufiger haben 3% der Schülerschaft Gewalt erlitten und ca 2%
waren sowohl Gewalttäter als auch Gewaltopfer.
Es sind die jüngeren und schwächeren Schüler, die sagen, dass sie am meisten betroffen sind
(11% der 7 bis l2 - jährigen, gegenüber 5% der 13 bis 15 - jährigen).
Körperliche Gewalt nimmt mit zunehmendem Alter ab
Mehr als 50% der 7 und 8 - jährigen erfahren Gewalt durch ältere Schüler
Jungen sind in der Sekundarstufe I häufiger unmittelbare Gewaltopfer als Mädchen
Mädchen sind eher mittelbaren Formen der Gewalt (Ausgrenzung, üble Nachrede, Verbreitung
von Gerüchten) ausgesetzt,
Mehr als 60% der 11 bis 13 - jährigen Mädchen erfahren Gewalt durch Jungen, weitere 15 - 20%
sagen, dass sie diese sowohl von Jungen als auch Mädchen erfahren haben. 80% der Jungen
werden durch Jungen gemobbt.
Viermal so viele Jungen wie Mädchen üben in der Sekundarstufe I Gewalt aus.
Jungen sind häufiger Opfer und vor allein Täter bei Gewalttätigkeiten.
Gewalttäter oder - opfer zu sein, ist etwas, das eine lange Zeit, oft mehrere Jahre anhalten kann.
7.Was wird in Schulen unternommen, wenn Aggressionspotential bei Schülern erkannt
wird?
Antwort:
Die Palette schulischer Bewältigungsstrategien erstreckt sich über
1. das Lehrer - Schülergespräch
2. die im Schulunterrichtsgesetz normierten Erziehungsmittel, Anerkennung, Aufforderung
oder Zurechtweisung, Versetzung und Androhung des Ausschlusses, Suspendierung
3. Information und Beratung der Erziehungsberechtigten
4. Beratung durch den schulpsychologischen Dienst
5. Unterstützung durch Beratungs - und Vertrauenslehrer/innen
6. Einbeziehung von Jugendamt, Kinderklinik, Heilpädagogische Station
7. Pädagogische Klassen - und Schulkonferenzen
8. Klassen - und Schulprojekte z.B. Soziales Lernen, Konfliktmediation, peer - group - education
9. Schulzentrierte Lehrerfortbildung z.B. Lehrer/innentraining, Supervision
8. Gibt es eine Zunahme von verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen in Schulen?
Antwort:
Die Verhaltensauffälligkeiten im Schulbereich lassen sich nach Schenk - Danzinger 1991,
Entwicklung, Sozialisation, Erziehung, Klett - Cotta in
a) Schwierigkeiten im Leistungsbereich (Leistungsversagen, Teilnahmslosigkeit, Konzentrati -
onsprobleme, mangelnde Ausdauer, verlangsamtes Arbeitstempo),
b) Schwierigkeiten im sozialen Bereich (Aggressivität, Sichzurückziehen, Geltungsstreben),
c) Schwierigkeiten in der Anpassung an Regeln und Normen (Verfehlungen gegen die Ordnung
der Schule wie z. B. Zuspätkommen, Schulschwänzen, Nichtbringen von Aufgaben,
Verfehlungen gegen das allgemeine Rechtsbewusstsein wie z. B. Diebstahl, Erpressung,
Sachbeschädigung,
d) Schwierigkeiten im Zusammenhang mit mangelnder Triebhemmung und Triebbeherrschung
(z.B. Lutschen, Beißen, Einnässen, Einkoten, Phobien)
einteilen
Entsprechend den Atist‘uhrtingen unter Frage 5 wird von Lehrern subjektiv eine Zunahme von
verhaltensauffalligen Kindern und Jugendlichen postuliert. Im Rahmen der schulpsycholo -
gischen Beratungen ist eine Steigerung der Inanspruchnahme der Beratungsleistungen aus dem
Anmeldegrund ,,Verhaltensschwierigkeiten seit
Jahren zu beobachten
9.Gibt es einen Unterschied zwischen Stadt - und Landschulen hinsichtlich der Gewalt -
bereitschaft bzw. verhaltensauffälligkeit von Schülern?
Antwort:
Die häufig geäußerte Einschätzung, in städtischen Schulen gäbe es mehr Gewaltbereitschaft als
in ländlichen, in großen mehr als in kleinen bestätigt sich nicht (Tillmann, Olweus u.a. ).
10.Welche Schultypen sind besonders von Gewalt bzw. Aggression betroffen?
Antwort:
Wie Studien in der Bundesrepublik Deutschland zeigen (Tillmann, Dettenborn/Lautsch, Kolbe
zit. in Tillmann 1997, a.a. O. ), “steht bei allen Formen körperlicher Aggressivität die
Sonderschule führ Lernbehinderte an der Spitze, in der Regel gefolgt von der Hauptschule das
Gymnasium hingegen weist fast immer die niedrigsten Häufigkeitswerte auf".
11. In welcher Altersklasse gibt es die meisten gewalttätigen Zwischenfälle in Schulen?
Antwort:
Eine Art "Gewaltspitze" scheint bei den 13 bis 15 - jährigen zu liegen, danach nimmt die
Häufigkeit von Gewalthandlungen und auch die Gewaltbilligung wieder ab. Es sind vor allem
männliche heranwachsende, insbesondere solche mit schulischen Leistungsproblemen. Das
Ausmaß von Gewalthandlungen hängt außerdem mit der Einbindung in bestimmte
Jugendcliquen zusammen: Gewaltaktive Jugendliche bewegen sich überwiegend in Cliquen, die
einen aggressiven Umgang mit sich selbst und anderen pflegen.
12.Wer unterstützt die Lehrer im Umgang mit Gewalt an Schulen?
Antwort:
Auf der Ebene der Unterstützungssysteme sind anzuführen:
Schulleitung, Kollegen, Schülerberater/innen, Beratungslehrer/innen, Schulpsychologinnen,
Schulaufsicht
Auf der Ebene der persönlichen Auseinandersetzung:
Aus - und Fortbildungsangebote der Pädagogischen Akademien und Pädagogischen Institute,
Superversionen.
Auf der Ebene einschlägiger Publikationen des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle
Angelegenheiten:
Sedlak “Worte statt Waffen”, “So geht es"; “Reden wir darüber";"Verhaltensauffällig - was
nun?"
"Lesen gegen Gewalt" - Eine Aktion des BMUK gemeinsam mit dem Salzburger
Büchereiservice,
Filme und CD - ROM aus dem Medienservice
Miedienimpulse “Gewalt und Medien"