4495/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Grollitsch, Mag. Schweitzer, Mag. Haupt und
Kollegen haben am 17.7.1998 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 4825/J
betreffend “die zunehmende Gefährdung des Öko - Systems "Fluß" durch Kraftwerks -
bauten" gerichtet. Ich beehre mich, diese wie folgt zu beantworten:
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Mein Ressort verfügt über eine Reihe derartiger Studien. Hervorzuheben ist jene
Untersuchung der Universität für Bodenkultur, in der 5000 km der größten Fließge -
wässer Österreichs (ausgenommen Donau) untersucht wurden und die zu dem
Ergebnis kommt, daß nur noch 21% der untersuchten Flußstrecken intakte Lebens -
räume aufweisen. Weiters liegen nachfolgend angeführte Studien vor:
BMLF / BMUJF / WWF, 1998. Das “Buch der Flüsse", Wien.
Hary, N. & H. P. Nachtnebel, 1989. “Veränderungen durch das Donaukraftwerk
"Altenwörth". Veröffentlichungen des Österreichischen MaB - Programmes, Bd.
14, Universitätsverlag Innsbruck.
Muhar, S., M. Kainz, M. Kaufmann & M. Schwarz, 1996. “Ausweisung flußtypspezi -
fisch erhaltener Fließgewässerabschnitte in Osterreich - Bundesflüsse” lt. § 8
WBFG. Bundesministerium für Land - und
Forstwirtschaft, Wien, 167 pp.
Muhar, S., M. Kainz & M. Schwarz, 1998a. “Ausweisung flußtypspezifisch erhaltener
Fließgewässerabschnitte in Österreich - Fließgewässer mit einem Einzugsge -
biet < 500 km² ohne Bundesflüsse”. Bundesministerium für Land - und Forstwirt -
schaft, Wien, 177 pp.
Muhar, S., M. Kainz, M. Kaufmann & M. Schwarz, 1998b. “Erhebung und Bilanzie -
rung flußtypspezifisch erhaltener Fließgewässerabschnitte in Österreich”.
Österreichische Wasser - und Abfallwirtschaft 50: 119 - 127.
Österr. Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz, 1991. “Fischerei und Gewässer -
ausbau. Der Huchen - eine gefährdete Art". Öko - Text 1/91.
Waidbacher, H., G. Zauner, H. Kovacek & O. Moog, 1991. “Fischökologische Studie
Oberes Donautal in Hinblick auf Strukturierungsmaßnahmen im Stauraum
Aschach (OÖ)”. Im Auftrag der Wasserstraßendirektion, Wien, 175 pp.
Als Ergebnisse dieser Studien kann zusammenfassend gesagt werden, daß der
Anteil naturnaher Gewässerstrecken gering ist. Hinsichtlich der Wassergüte und
biologischen Gewässergüte hat sich die Situation hingegen durch den Bau von
Kläranlagen weitestgehendst entspannt.
ad 2
Über den Fischbestand gibt es beispielsweise folgende Studien:
Schiemer, F. et al., 1994. “Die Fische der Donau - Gefährdung und Schutz -
Ökologische Bewertung der Umgestaltung der Donau”. Grüne Reihe d. BMUJF,
Band 5.
Schmutz, S. & H. Waidbacher (1994): “Definition und Bewertung der fischökologi -
schen Funktionsfähigkeit im Rahmen von Gewässerbetreuungskonzepten
(GBKs)”. Wiener Mitteilungen, Band 120: 61 - 88.
Spindler, T., 1997. ,,Fischfauna in Österreich. Ökologie - Gefährdung - Bioindikation -
Fischerei - Gesetzgebung”. Monographien des Umweltbundesamtes, Band 87,
Wien, 158 pp.
Diese Studien lassen den Schluß zu, daß besonders die strömungsgebundenen
Arten gefährdet sind. Die Gründe dafür sind der Verlust von hydrologischer
Vernetzung Fluß - Nebengewässer, Fluß - Umland, eingeschränkte oder nicht mehr
vorhandene Passierbarkeit‚ sowie der Verlust wertvoller Habitatstrukturen im
Gewässer (Schotterbänke, Kolke, Totholz, Buchten).
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An den österreichischen Zubringerflüssen der Donau gibt es etwa 1.900 Flußkraft -
werke.
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Meinem Ressort kommt grundsätzlich keine behördliche Zuständigkeit im Genehmi -
gungsverfahren von Flußkraftwerken zu; lediglich im Zuge UVP - pflichtiger Vorhaben
ist mein Ressort involviert.
Um die noch naturnah verbliebenen Flußstrecken in Österreich vor weiterer Verbau -
ung zu schützen, wurde jedoch im Frühjahr dieses Jahres von mir gemeinsam mit
dem Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft und mit dem WWF die Kampagne
“Lebende Flüsse” ins Leben gerufen.
Bis zum Jahr 2000 sollen folgende Ziele erreicht werden: Der Schutz von 1.300
Flußkilometern (aufgeteilt auf 74 Fließstrecken und 51 Flüsse) steht an der ersten
Stelle. Außerdem sollen 500 Kilometer Gewässer revitalisiert, 500 Hektar Überflu -
tungsräume gewonnen, 500 Hektar Auwald geschaffen und 500 Hektar neue Ufer -
randstreifen gesichert werden.
Die Erhaltung und die Revitalisierung erfolgt primär durch die Bundes -
wasserbauverwaltung im Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, welches
deshalb die Ausgaben für ökologische Leistungen auf 20 Prozent der Mittel aus dem
Katastrophenfonds, die für den Schutzwasserbau jährlich zur Verfügung stehen, er -
höht. Für die kommenden fünf Jahre bedeutet das eine Bundesleistung von insge -
samt 600 Mio. öS.
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Der Entwurf für eine Richtlinie des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für
Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, über den sich die Um -
weltminister am letzten EU - Umweltministerrat grundsätzlich geeinigt haben, sieht
vor, daß durch entsprechende Maßnahmen sämtliche Oberflächengewässer der
Union einen “guten Zustand” bzw. im Fall stark veränderter künstlicher Wasserkörper
“ein gutes ökologisches Potential und einen guten chemischen Zustand” erreichen
sollen.
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Die EU stellte im Rahmen des EU - LIFE - Naturschutzprogramms für die Jahre 1998
und 1999 jeweils ca. 50 Mio. ECU an Fördermitteln zur Verfügung. Im Jahr 1998
waren fünf der sechs österreichischen LIFE - Natur - Projekte Vorhaben, die der Auf -
rechterhaltung des Ökosystems Fluß dienen.
Darüber hinaus werden seitens meines Ressorts Mittel zur Revitalisierung und Öko -
logisierung von Kleinwasserkraftwerken (bis 500 kW) bereit gestellt. Diese Mittel aus
der Umweltförderung im Inland dienen einerseits der energetischen Optimierung der
Kleinwasserkraftwerke, andererseits aber auch der Erfüllung der freiwilligen oder
behördlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Wiederherstellung des
Fließkontinuums. Falls das geförderte Kleinwasserkraftwerk in einem EU - Zielgebiet
liegt, kann es auch mit EU - Mitteln
kofinanziert werden.
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Österreich hat im Jahr 1998 ca. 10 % der von der EU im Rahmen des LIFE - Natur -
Programms vergebenen Fördermittel lukrieren können. Als Beispiel sei ein derzeit
anlaufendes LIFE - Projekt im Nationalpark - Gebiet Donauauen erwähnt.
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Ich werde mich weiterhin für Förderungsmöglichkeiten zur Aufrechterhaltung und
Verbesserung der österreichischen Fluß - Ökosysteme sowie für den Schutz von noch
unverbauten, naturnahen Strecken einsetzen.
Im Fall einer Regionalförderung wird von meinem Ressort insbesondere darauf ge -
achtet werden, daß die EU - Mittel im optimalen Ausmaß für ökologische Maßnahmen
von Kleinwasserkraftwerken genutzt werden. Es werden daher auch die zukünftigen
Förderungsansuchen im Rahmen der Umweltförderung im Inland auf ihre EU - Kofi -
nanzierbarkeit geprüft werden.
Im Falle von Direktförderungen der EU an die Kraftwerksbetreiber ist es primär eine
innerbetriebliche Entscheidung der Kraftwerksbetreiber, ob und in welchem Ausmaß
sie sich um die EU - Fördergelder bemühen.
Allfällige Informationen über EU - Mittel werden selbstverständlich an die Interessen -
Vertretungen und Interessierte weitergegeben.