4549/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4857/J - NR/1998 betreffend Institute für Geriatrie und
Medizinrecht, die die Abgeordneten Dr. GREDLER und PartnerInnen am 17. September 1998 an
mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Die Schlußfolgerungen der ,,Nach - Lainz - Debatte" wurden selbstverständlich in die umfassenden
Beratungen einbezogen, die ab Beginn der 90er - Jahre zwischen dem damaligen Bundesministerium für
Wissenschaft und Forschung, dem damaligen Gesundheitsministerium, dem ÖBIG, den Medizinischen
Fakultäten und verschiedenen anderen Organisationen geführt wurden. Aufgabe dieser Arbeitskreise
war die Aufbereitung des Materials für eine Neuordnung des Medizinstudiums.
Die Entschließung des Nationalrates vom 26. April 1989 ging, soweit sie sich auf die Reform des
Studiengesetzes für die Studienrichtung Medizin bezog, von der damaligen Rechtslage aus. Inzwischen
hat jedoch die lange und ausführlich diskutierte generelle Studienreform für die Universitäten und
Hochschulen eine grundlegende Veränderung gebracht. Das mit Wirksamkeit vom 1. August 1997 in
Kraft getretene Universitäts - Studiengesetz sieht auf Gesetzesstufe keine Studien - und Prüfungsfächer
mehr vor, sondern überträgt diese Entscheidung den Universitäten im autonomen Wirkungsbereich.
Die Medizinischen Fakultäten haben nach den Studienplänen für das neue Zahnmedizin - Studium nun
neue
Studienpläne für das Studium der Humanmedizin auszuarbeiten und zu
beschließen.
Gemäß Ziffer 4 der Anlage 1 zum Universitäts - Studiengesetz ist - diese Anordnung ist u.a. auch ein
Ergebnis der "Nach - Lainz - Diskussion” - bei den medizinischen Studienrichtungen auch auf medizin -
ethische, präventive, rehabilitative, pflegerische, insbesondere geriatrisch - pflegerische und ambulante
Aspekte einzugehen. Es wird also Aufgabe der Studienkommissionen sein, diese gesetzliche Vorgabe
bei der Erarbeitung der neuen Studienpläne ebenso sorgfältig zu beachten wie die einschlägige EU -
Richtlinie. Es darf erwartet werden, daß die Studienkommissionen bei der Ausarbeitung der Studien -
pläne die Ergebnisse der in den letzten Jahren im Inland und im Ausland geführten Diskussionen über
eine Reform des Medizinstudiums berücksichtigen.
Die Frage der Verankerung einervertieften Befassung mit den spezifischen Problemen alter Menschen,
Behinderter und chronisch Kranker in der Studentenausbildung - und nur diese liegt in der Kompetenz
des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr, während die Inhalte der postpromotionellen
Ausbildung in den Kompetenzbereich des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales fallen -
ist nicht mit der Festschreibung von Prüfungsfächern und mit der Schaffung von Professuren bzw.
Instituten/Kliniken für Geriatrie und Medizinrecht gleichzusetzen. Die Schaffung spezifischer Organi -
sationseinheiten in den Klinischen Bereichen der Medizinischen Fakultäten erfordert eine vorher -
gehende intensive wissenschaftliche Befassung mit der jeweiligen Thematik und entsprechende
Schwerpunktsetzung. Darüber hinaus ist insbesondere im sensiblen Bereich der Gerontologie die
Frage der inhaltlichen Abgrenzung zu den bestehenden medizinischen Sonderfächern und andererseits
die Frage der Verankerung im kostenintensiven hochtechnisierten klinischen Betrieb der Universitäts -
kliniken zu lösen. Die Frage des “Überganges” der Akutbehandlung durch die zuständige Universitäts -
klinik auf die im gerontologischen Bereich in der Folge oft erforderliche Langzeitbetreuung, für die aber
eine Universitätsklinik kaum geeignet ist, konnte bislang noch nicht soweit gelöst werden, daß die
Voraussetzungen für die Errichtung einer entsprechenden universitären Organisationseinheit gegeben
wären.
Da diese Problematik auch in anderen medizinischen Bereichen auftritt, die eine Langzeitbehandlung
der betroffenen Patienten erfordern, wurde zwischen dem Bundesministerium für Wissenschaft und
Verkehr und dem
Wiener Krankenanstaltenverbund eine Kooperationsvereinbarung hinsichtlich der
medizinischen Basisversorgung, der Forschung und klinisch - praktischen Aus - und Weiterbildung in
geeigneten medizinischen Bereichen abgeschlossen. Das erste Projekt im Rahmen dieser Koopera -
tionsvereinbarung bezieht sich auf den Bereich der Rheumatologie, der von der oben dargestellten
Problematik nicht minder betroffen ist. Dieses Projekt wurde nach dreijähriger Durchführungszeit
nunmehr von internationalen Fachleuten evaluiert und kann als erfolgreicher Ansatz bezeichnet werden.
Es ist daher - nach Vereinbarung mit dem Krankenanstaltenverbund - eine Ausweitung aufweitere
Fachgebiete vorgesehen.
Die Medizinische Fakultät der Universität Wien hat auch bereits Gespräche mit dem Wiener Stadtrat
für Gesundheitswesen aufgenommen und Einvernehmen über die vordringliche Schaffung geeigneter
Strukturen zur Abdeckung des wichtigen Bereiches der Gerontologie hergestellt. Es besteht laut
Mitteilung des Dekans der Medizinischen Fakultät der Universität Wien die Absicht, mit dem vollen
Wirksamwerden des UOG 1993 die entsprechenden organisatorischen Maßnahmen zu treffen.
1. Wann wurde geprüft, ob Professuren bzw. Institute für Geriatrie, und Medizinrecht zu
schaffen sind?
2. In welchem Gremium wurde diese Frage geprüft und wer gehörte diesem Gremium an?
Zur Frage der Prüfung, ob Professuren bzw. Institute/Klimken für Geriatrie und Medizinrecht zu
schaffen sind, wurde kein eigenes Gremium eingerichtet. Es befaßten sich jedoch die für derartige
Fragen gemäß UOG zuständigen Fakultätskollegien aller drei Medizinischen Fakultäten mit diesem
Themenkomplex.
3. Ergab die Prüfung die Notwendigkeit der Errichtung derartiger Professuren bzw. Institute
4. Wenn ja, weshalb gibt es bis heute noch keine Professur bzw. noch kein Institut für diese
Fachbereiche?
5. Wenn nein, welche Gründe sprachen dagegen?
Für Medizinrecht und Ethik in der Medizin sind eigene Professorenplanstellen an den Medizinischen
Fakultäten wohl nicht zweckmäßig. Das Medizinrecht sollte nicht isoliert sein, sondern in die Rechts -
wissenschaften eingebunden bleiben, zumal Medizinrecht kein streng abgegrenztes Fachgebiet ist,
sondern sowohl in das Öffentliche Recht als auch in das Privatrecht sowie in das Arbeits - und Sozial -
recht hineinreicht. Dementsprechend befassen sich auch Experten aus allen diesen großen juristischen
Fächern mit den für die Mediziner und für das Gesundheits - und Krankenanstaltenwesen relevanten
Rechtsfragen. Es ist aber wünschenswert, speziell auf angehende Ärzte zugeschnittene Lehrver -
anstaltungen anzubieten.
Für Ethik in der Medizin wurde an der Universität Wien eine eigene Besondere Universitätseinrichtung
geschaffen, die bewußt nicht einer bestimmten Fakultät und schon gar nicht der Medizinischen Fakultät
eingegliedert wurde, sondern fakultätsübergreifend organisiert ist.
Rehabilitation wird einerseits in Universitätskliniken für Physikalische Medizin und Rehabilitation (eine
solche besteht derzeit nur in Wien, für Innsbruck und in Graz ist eine solche Klinik in der mit dem
jeweiligen Krankenanstaltenträger vereinbarten Struktur geplant) und andererseits in Universitäts -
kliniken für Neurologie (Klinische Abteilungen für Neurologische Rehabilitation) betreut. Die mit der
Leitung einschlägiger Klinischer Abteilungen für Neurologische Rehabilitation betrauten Universitäts -
professoren haben demnach die Rehabilitation auch in Forschung und Lehre zu vertreten.
Die eingangs erwähnten Beratungen ergaben das Bedürfnis nach intensiverer inhaltlicher Befassung mit
diesen Themen und nach Errichtung geeigneter Organisationseinheiten für den Bereich der Geriatrie
und Gerontologie. Die Tatsache, daß bis zum heutigen Zeitpunkt noch keine entsprechende Professur
errichtet worden ist, ergibt sich aus den oben dargestellten Problemen. Insbesondere ist die fachliche
Abgrenzung und die Eingliederung in den klinischen Betrieb im Einvernehmen mit dem jeweiligen
Krankenanstaltenträger zu klären und auch in einer betriebswirtschaftlich und damit budgetär vertret -
baren Form
sicherzustellen. So hat bereits im Jahre 1994 das Fakultätskollegium der
Medizinischen
Fakultät der Universität Wien den Antrag auf Errichtung einer gemeinsamen klinischen Einrichtung für
Gerontologie gestellt. Allerdings blieben bei diesem an sich begrüßenswerten Ansatz die für die
Errichtung einer derartigen Orgartisationseinheit wesentlichen Fragestellungen wie z.B. ein Ressourcen -
plan hinsichtlich des personellen, ausstattungsmäßigen und räumlichen Bedarfes, Angaben über die
geplante räumliche Situierung und insbesondere eine Folgenkostenschätzung ungelöst. Der Vorschlag
war daher in dieser Form nicht realisierbar.
Eine Isolierung der Geriatrie wäre aber jedenfalls zu vermeiden. Akut kranke ältere Patienten werden
auch weiterhin in den Kliniken für die entsprechenden ärztlichen Fächer zu behandeln sein, die für das
vorrangig zu behandelnde Leiden zuständig sind. Die Arzte dieser Kliniken müssen mit den gegenüber
jüngeren Erwachsenen unterschiedlichen Spezialproblemen der älteren Menschen vertraut sein.
Weitere vorrangig gereihte Anträge der Medizinischen Fakultäten auf Errichtung von entsprechenden
Organisationseinheiten bzw. auf Schaffung von entsprechenden Professoren - Planstellen wurden dem
Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr nicht vorgelegt.
6. Werden Sie veranlassen, daß diese Fragen aufgrund dergeänderten Situation nochmals
geprüft werden?
7. Werden Sie sich für die Errichtung von Professuren bzw. Instituten für Geriatrie und
Medizinrecht einsetzen ?
8. Wenn ja, wann rechnen Sie mit deren Realisierung?
Diese Fragen sind im Zuge der Prüfung der neuen Studienpläne neuerlich zu behandeln. Den Fakultä -
ten ist vom Gesetzgeber im UniStG eine Übergangsfrist zur Erlassung der neuen Studienpläne bis zum
31. Juli 2004 eingeräumt, ich hoffejedoch, daß diese Studienpläne bereits früher fertiggestellt werden
können.