4847/AB XX.GP

 

Beantwortung

der Anfrage der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen

betreffend die Überforderung der Jugend- und Sozialämter,

Nr. 5154/J.

 

Die Fragen 1 bis 8 beziehen sich auf die Vollziehung des Jugendwohlfahrtsgesetzes

1989 (JWG) sowie auf Fragestellungen im Zusammenhang mit Sachwalterschaften.

Meine Vollzugskompetenz hinsichtlich des JWG erschöpft sich in der - mit den

gegenständlichen Fragen in keinerlei Zusammenhang stehenden - Mitteilungspflicht

der Sozialversicherungsträger über Versicherungs- und Beschäftigungsverhältnisse,

da die Angelegenheiten der Jugendfürsorge im Sinn des Art. 12 B - VG in den Voll -

zugsbereich der Länder fallen. Auch die Vollziehung hinsichtlich Sachwalterschaften

fällt nicht in den Wirkungsbereich meines Ressorts.

 

Soweit jedoch die Neuregelung der ärztlichen Verschwiegenheits -, Anzeige - und

Meldepflicht im Ärztegesetz angesprochen ist (Frage 9) führe ich folgendes aus:

 

Eingangs möchte ich auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Ärztegesetz

1998 verweisen: Gemäß § 2 Abs. 3 JWG darf die öffentliche Jugendwohlfahrt in

familiäre Bereiche und Beziehungen nur insoweit eingreifen, als dies zum Wohl des

Minderjährigen notwendig ist. Dies ist besonders auch dann der Fall, wenn zur

Durchsetzung von Erziehungszielen Gewalt angewendet oder körperliches oder

seelisch es Leid zugefügt wird. Gemäß § 37 Abs. 1 JWG haben die Behörden,

besonders soweit sie für Einrichtungen zur Betreuung und zum Unterricht von Min -

derjährigen zuständig sind, und die Organe der öffentlichen Aufsicht den Jugend -

wohlfahrtsträgern alle bekanntgewordenen Tatsachen mitzuteilen, die zur Vollzie -

hung der Jugendwohlfahrt erforderlich sind.

 

Schon aus der geltenden Rechtslage ergibt sich daher eine umfassende Pflicht der

öffentlichen Jugendwohlfahrt zur Sicherung des Wohles von Minderjährigen. Ausge -

hend von dieser Gesetzeslage wurden laut der Statistik der Jugendwohlfahrt im Jahr

1996 27.231 Jugendwohlfahrtsmaßnahmen angeordnet, davon 2.503 wegen körper -

licher oder sexueller Mißhandlung. Es ist nicht anzunehmen, daß aufgrund der vor -

liegenden Neuregelung der ärztlichen Verschwiegenheits -, Anzeige - und Melde -

pflicht ein nachhaltiger Anstieg dieser Zahlen zu erwarten ist.

 

Wie die vorstehenden Zahlen belegen, erfolgt selbstredend und aufgrund der

geltenden Bestimmungen des JWG bereits bisher eine Befassung der Jugendwohl -

fahrtstrager in den Fällen körperlicher oder sexueller Gewalt gegen Minderjährige.

Dies auch deshalb, da nach ärztlichen Anzeigen gemäß § 27 des Ärztegesetzes

1984 an die Sicherheitsbehörden diese in der Folge an die Jugendwohlfahrtsträger

herantreten. Mit der vorgeschlagenen Neuregelung ist zu erwarten, daß die Ver -

ständigung der Jugendwohlfahrtsträger unverzüglich und direkt - und nicht erst nach

vorangehender Anzeige an die Sicherheitsbehörde - erfolgt, was zu einer außeror -

dentlich begrüßenswerten Beschleunigung der Einleitung der gebotenen Schritte auf

diesem Gebiet führen wird. Die vorgeschlagene Neuregelung bedeutet damit aber

keine Steigerung der Aufgaben der Jugendwohlfahrtsträger, sondern bloß, daß die

im JWG normierten Aufgaben besser, das heißt insbesondere schneller, wahrge -

nommen werden können. Schließlich ist noch zu bedenken, daß in der erwähnten

Zahl von 2.503 Maßnahmen im Jahr 1996 wegen körperlichen oder sexuellen

Mißbrauchs von Minderjährigen nur ein - statistisch nicht ausgewiesener - Teil auf

ärztliche Interventionen zurückgeht, so daß bei einer Verteilung der Fälle auf

ca. 130 Jugendwohlfahrtsträger insgesamt eine nicht ins Gewicht fallende Größen -

ordnung von Aufgaben, die auch nach dem geltenden JWG wahrzunehmen sind,

überhaupt zur Diskussion steht.