4872/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.5164/J - NR/1998 betreffend Musikhochschule

MOZARTEUM - ein furchtbar “krankes” Haus, die die Abgeordneten Dr. POVYSIL und

Kollegen am 5. November 1998 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beant -

worten:

 

 

Zu den in der Einleitung zur gegenständlichen parlamentarischen Anfrage enthaltenen Ausfüh -

rungen ist Folgendes festzustellen.

 

- Die Aussage, wonach “auf Grund dieser Zeitbombe bereits einige Personen ihr Leben lassen

   mußten” ist bis lang jedenfalls sachlich unbewiesen und unbegründet. Wie insbesondere aus

   dem 3. Zwischenbericht der Landessanitätsdirektion vom 12. Oktober 1998, welcher am

   15. Oktober 1998 beim Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr eingegangen ist,

   ausdrücklich hervorgeht, haben die bisherigen Untersuchungen keinen sicheren Hinweis auf

   einen kausalen Zusammenhang zwischen nachgewiesenen Schadstoffen und dem Auftreten

   von drei bzw. vier Erkrankungen an myoloischer bzw. lymphatischer Leukämie ergeben.

 

- Der Neubau des lnstitutsgebäudes Dreifaltigkeitsgasse der Hochschule für Musik und

   darstellende Kunst Mozarteum in Salzburg (nunmehr Universität Mozarteum Salzburg)

    wurde als staatlicher Hochbau im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Bauten und

    Technik im Rahmen der Auftragsverwaltung gemäß Artikel 104 Bundesverfassungsgesetz

    durch den Herrn Landeshauptmann von Salzburg (BGV I ) geplant und errichtet und steht

    seit damals ebenfalls im Rahmen der Auftragsverwaltung ohne Unterbrechung in der

    bautechnischen Betreuung durch den Herrn Landeshauptmann von Salzburg (BGV I).

 

1. Ist es richtig, daß konkrete Hinweise auf Schadstoffkonzentrationen in Bodenstaub -

    proben polychlorierte Biphenyle (PCB) nachwiesen, welche Leber -, Milz - und Nie -

    renschäden sowie krebserregend sind?

 

Richtig ist, daß alle Messungen zeigen, daß die Schadstoffkonzentrationen unter den international

üblichen Grenzwerten liegen.

 

2. Diese PCB‘s stammen nachweislich aus PVC - Tapeten, schalldämpfenden Akustik -

    decken und Teppichböden. Welche Kriterien wurden auch in gesundheitlichen

    Belangen bei der seinerzeitigen Ausschreibung berücksichtigt?

 

Es gibt derzeit keinen Nachweis PCB - emittierender Quellen. Feststoffproben haben ergeben, daß

unter anderem in PVC - Tapeten, Akustikdämmfilzen und Teppichböden PCB enthalten ist.

Welche Stoffe allerdings PCB emittieren, bedarf weiterer Untersuchungen.

 

Es ist davon auszugehen, daß die Errichtung nach dem damaligen Stand der Technik erfolgte und

auch die damals gültigen Normen und Richtlinien eingehalten wurden.

 

3. Es wurden auch erhebliche Mengen an Phtalaten (Weichmachern) und hohe Formal -

    dehydemissionen nachgewiesen. Wer ist für die Prüfung und Verwendung von

    gesundheitsschädlichen Materialien in öffentlichen Gebäuden zuständig? Nach

    welchen Kriterien wird in Ihrem Ressort geprüft?

 

Was gesundheitsschädliche Materialien sind, wird durch Gesetze (z.B. Chemikaliengesetz,

Lebensmittelgesetz) bestimmt und durch Verordnungen (z.B. betreffend Asbest, Formaldehyd,

Lösungsmittel) präzisiert. Für alle Gebäude - und öffentliche Gebäude bilden da keine Ausnahme

- sind hinsichtlich der Sicherheit in erster Linie die Baupolizei und die Arbeitsinspektoren als

Behörde oder Sachverständige zuständig. Materialprüfungen im Zuge von Bauführungen obliegen

der ausschreibenden und die Baumaßnahmen durchführenden Stelle, die im gegenständlichen Fall

wie erwähnt der Herr Landeshauptmann von Salzburg (BGV I) ist.

 

4. Bei gezogenen Filterluftproben wurde auch festgestellt, daß die Luft “mutagen”

    (erbgutverändernd) wirkt. Welche Konsequenzen für die Studenten und Beschäftig -

    ten (seit 1979) des MOZARTEUM werden daraus gezogen?

 

Obwohl die angewandtenTestmethoden wissenschaftlich noch nicht erprobt sind, hat das Bun -

desministerium für Wissenschaft und Verkehr zur Hintanhaltung allenfalls nicht auszuschließendcr

Gefährdungen dennoch unmittelbar nach Vorliegen des 3. Zwischenberichtes der Landessanitäts -

behörde Salzburg, der erstmals eine dementsprechende Aussage enthält, am 15. Oktober 1998

den Rektor der Universität Mozarteum angewiesen, das Gebäude vorsorglich bis auf Weiteres,

d.h. bis zu einer Klärung der Angelegenheit zu sperren.

 

5. Im Jahr 1996 waren Mitarbeiter des MOZARTEUM an Blutkrebs (Leukämie)

    verstorben. Mittlerweile sind auch Studenten betroffen und die Zahl liegt derzeit bei

    fünf Personen. Warum wurden damals nicht schon 1996 dahingehende Untersu -

    chungen durchgeführt, zu mal ja seit Jahren immer mehr Klagen über Symptome wie

    Übelkeit, Kopfschmerzen und Allergien bekannt wurden?

 

Vermutungen, daß all fällige Zusammenhänge nicht ausgeschlossen werden könnten, ergaben sich

erst im Sommer 1998 und waren eben Anlaß für die nunmehr laufenden Untersuchungen.

 

6. Nach den vorliegenden Untersuchungen sowie nach den Biomonitoring von

    20 Mitarbeitern des MOZARTEUM wird sich das wahre Ausmaß der des Gesund -

    heitsschaden im MOZARTEUM konkretisieren. Wer haftet für die entstandenen

    Gesundheitsschäden?

 

Da bisher weder Ursachen noch Zusammenhänge bekannt bzw. nachgewiesen sind, kann diese

Frage derzeit nicht beantwortet werden.

7. Wer trägt die Kosten der durchgeführten und noch durchzuführenden Untersu -

    chungen, welche sich derzeit auf über eine Million Schilling belaufen?

 

Um alle möglichen Ursachen und Zusammenhänge zu ergründen, trägt vorerst das Bundesmini -

sterium für wirtschaftliche Angelegenheiten die Kosten für alle raum - und baustoffrelevanten

Untersuchungen, das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr die Kosten für alle

personenbezogenen Untersuchungen.

 

8. Haben Sie nach dem Fall MOZARTEUM eine stichprobenartige Überprüfung

    anderer Musikhochschulen und Universitäten aufetwaige gesundheitsschädigende

    Schadstoffe veranlaßt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Einrichtungen

    werden überprüft?

 

9. Vor allem Gebäude aus den 70ern und 80ern bereiten Probleme in Bezug auf Innen -

    raumbelastungen durch flüchtige chemische Verbindungen. Dies ist auch seit Jahren

    bekannt (Institut für Baubiologie und Ökologie (IBO)). Welche Schritte wurden von

    Ihrem Ressort seither gesetzt?

 

Es handelt sich um keinen Fall “Mozarteum”. In Verdacht steht ein Institutsgebäude der nun -

mehrigen Universität Mozarteum Salzburg. Ob der geäußerte Verdacht zutrifft, ist nach den

derzeit vorliegenden Fakten nicht feststellbar.

 

In Bezug auf andere Universitätsgebäude, sei es in Salzburg oder aber in anderen Städten, wurde

bisher nicht einmal ein “Verdacht” laut. Für einen generellen Prüfauftrag im Sinn der Anfrage fehlt

einerseits der sachliche Grund, zum anderen wäre für eine solche Maßnahme das Bundesmini -

sterium für wirtschaftliche Angelegenheiten zuständig.

 

Da Klagen vor allem im Zusammenhang mit der Klimaanlage laut wurden, hat das Bundesmini -

sterium für Wissenschaft und Verkehr daraufgedrungen, daß bei Neubauten derartige Anlagen

nur im unbedingt notwendigen Umfang installiert und ausreichend Fenster für die Lüftung vor -

gesehen werden.

 

Zur Materialauswahl wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

10. Ist auszuschließen, daß ähnliche gesundheitsschädigende Stoffe z.B. in der Wirt -

      schaftsuniversität Wien vorhanden sind?

 

Neubauten (auch sonst bewilligungspflichtige Maßnahmen) sind nach dem jeweiligen Stand von

Technik und Wissenschaft zu errichten, der in den zugehörigen Genehmigungen (Baubewilligung,

Benützungsbewilligung usw.) konkretisiert ist. In diesem Sinn sind gesundheitsschädigende Stoffe

einerseits auszuschließen, andererseits kann aber, wie die Erfahrung zeigt, sich ein Erkenntnisstand

wandeln.

 

Von Seiten der Wirtschaftsuniversität Wien wurden dem Bundesministerium für Wissenschaft und

Verkehr keinerlei Beschwerden im Zusammenhang mit bestimmten Materialien vorgebracht.

 

11. Bestehen in Ihrem Ressort schadstoffbegrenzende Richtwerte, im Sinne § 1 Bau -

      technikgesetz und gemäß anderer nicht bewilligungspflichtiger Einrichtungsgegen -

      stände, welche eine Rechtssicherheit und somit auch all fällige Haftungen imple -

      mentieren würden? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

 

Für den Bereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr bestehen keine geson -

derten schadstoffbegrenzenden Richtwerte. Es gelten auch für die vom Wissenschaftsressort

genutzte Gebäude die auf alle anderen Bauten anzuwendenden Bestimmungen. Die Einhaltung

dieser Richtwerte ist durch die jeweils zuständigen Behörden (Baubehörde, Arbeitsinspektorat

usw.) zu prüfen bzw. sicherzustellen.

 

12. Seit wann weiß die Landesregierung Salzburg, respektive Ihr Ressort und das

      Gesundheitsressort, von den Problemen im MOZARTEUM?

 

Der erste Bericht der Landessanitätsdirektion über mögliche Schadstoffinnenraumbelastungen im

Institutsgebäude Dreifaltigkeitsgasse der Universität Mozarteum Salzburg ist mir am 21. August

1998 zugegangen.

 

13. Sind Ihnen in anderen Gebäuden, welche in Ihr Ressort fallen, derartige oder

      andere Gifte bekannt? Wenn ja, was haben Sie unternommen?

Dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr liegen keine Informationen vor, daß in

irgendwelchen im Ressortbereich bereits genutzten Gebäuden Schadstoff - Grenzwerte über -

schritten werden.

 

14. Bestehen ressortübergreifende Möglichkeiten der Gesundheitskontrolle von

      Gebäuden wie Schulen, Ministerien, Universitäten, seitens des Bundes und der

      Länder? Welche?

 

Die Dienststellen und Behörden, die Landes - und Bundesgesetze vollziehen, handeln ressort -

übergreifend.

 

15. Werden Sie einen Untersuchungsausschuß in der Causa Mozarteum nach Vorlie -

      gen endgültiger Untersuchungsergebnisse unterstützen, umso mehr als bereits in 

      den USA Meldungen von Nachkommen an Krebs verstorbener ehemaliger Profes -

      soren des MOZARTEUM vorliegen? Wenn nein, warum nicht?

 

Die Frage der Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist allein Sache des

Parlaments.

 

16. Waren Ihrem Ressort oder dem Gesundheitsressort vor dem 16. Juli d.J. Be -

      schwerdefälle aus dem MOZARTEUM bekannt?

 

Siehe Antwort zu Frage 12.

 

17. Welcher Zeitspanne entsprechen die sechs Millionen Schilling aus den Mitteln

      Ihres Ressorts für die Ausweichquartiere und die psychologische Betreuung,

      nachdem ein Neubau/Sanierung ca. 10 Jahre dauern würde?

 

Der genannte Betrag für die Ausweichquartiere bezieht sich jeweils auf ein Jahr.

 

18. Welcher Plan bestellt nun ressortübergreifend (Wissenschaft, Wirtschaft, Gesund -

      heit und Finanzen) zur Schadensbehebung und Hintanhaltung ähnlicher Schäden in

      anderen Gebäuden?

Derzeit liegen weder abschließende Untersuchungsergebnisse noch Gutachten vor. Es fehlen

daher für die Entwicklung von “Plänen” noch die sachliche Grundlagen.

 

19. Wird die geplante Steuerungsgruppe (Umweltschutz, Gesundheit, Landesbaudirek -

      tion und BGV I sowie internationaler Experten) auch zur Überprüfung in anderen

      Gebäuden des Bundes herangezogen werden?

 

Die Tätigkeit der bereits konstituierten Arbeitsgruppe "Institutsgebäude Dreifaltigkeitsgasse der

Kunstuniversität Salzburg” erstreckt sich nur auf das Institutsgebäude Dreifaltigkeitsgasse.

 

20. Welche Maßnahmen hat Ihr Ressort für die von 1979 bis 1989 Betroffenen des

      Institutes für Geschichte ergriffen?

 

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr hat sich bereit erklärt, für alle potentiell

Betroffenen die Kosten für medizinische Untersuchungen und psychologische Betreuungen nach

einem von der landessanitätsdirektion bzw. der psychologischen Studentenberatung entwickelten

Modell zu übernehmen. Diese Zusage ist nicht nur auf Angehörige der Kunstuniversität be -

schränkt, sondern gilt auch für alle seinerzeit im Bereich des Institutes für Geschichte in diesem

Gebäude tätigen Universitätsangehörigen. Dies wurde dem Rektor der Universität Salzburg auch

bereits mitgeteilt.

 

21. Wird Ihr Ressort eine diesbezügliche rasche Novellierung des Bautechnikge -

      setzes sowie des Baupolizeigesetzes veranlassen? Wenn ja, wann? Wenn nein,

      warum nicht?

 

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr hat für die in der Frage genannte Materie

keine Zuständigkeit.

 

22. Welche Neuregelungen stellen Sie sich in Zusammenarbeit mit dem Gesundheits -

      ministerium vor, um auf Landes - und Bundesebene weitere ähnliche Fälle hinkünf -

      tig zu vermeiden?

Für die Errichtung von Gebäuden für die Universitäten gelten alle für die Erlangung von Bau - und

Benützungsbewilligungen bestehenden Vorschriften in gleicher Weise wie auch für alle anderen

Gebäude. Es wird auch auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen.

 

Für spezielle Neuregelungen wären insbesonders das Bundesministerium für wirtschaftliche

Angelegenheiten, das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales bzw. die Länder

zuständig.

 

23. Durch die Ersatzanmietungen konnte bis dato der Unterricht nur sehr einge -

      schränkt wieder aufgenommen werden. Besteht ein Krisenstab oder ein Konzept

      für die Leitung des Neuen Mozarteums, nachdem seit Juli d.J. die drohende Schlie -

      ßung und die damit verbundenen Auswirkungen bereits bekannt waren? Wenn nein,

      warum nicht?

 

Ein “Krisenstab” zwischen Bund und Land Salzburg hinsichtlich des Institutsgebäudes Drei -

faltigkeitsgasse besteht (Arbeitsgruppe Institutsgebäude Dreifaltigkeitsgasse der Kunstuniversität

Salzburg) und zwischen der Kunstuniversität und dem Bund besteht auch Einvernehmen über die

Aufrechterhaltung des Betriebes.

 

Es ist nicht richtig, daß eine drohende Schließung und damit zusammenhängende Auswirkungen

bereits seit Juli dieses Jahres bekannt waren, da, wie bereits ausgeführt, sich nicht schon auf

Grund des 1. Berichtes, sondern erst aufGrund des 3. Zwischenberichtes der Landessanitäts -

behörde in Salzburg Verdachtsmomente ergeben haben.