4887/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
haben am 24. November 1998 unter der Nummer 5205/J - NR/1998 an mich eine
schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Initiativen gegen die Fertigstellung von
Atomkraftwerken gestellt, welche folgenden Wortlaut hat:
1.) “Wann und mit welchem Inhalt übermittelten Sie Ihre Bedenken über die
Fertigstellung Temelins den tschechischen Regierungsstellen, die den Bericht über
die außenpolitischen Konsequenzen einer allfälligen Inbetriebnahme Temelins
verfassen?
2.) Sind Sie mit den anderen Nachbarstaaten Tschechiens, insbesondere Deutschland
in Kontakt getreten, um eine akkordierte Vorgangsweise zu erreichen und was ist das
Ergebnis dieser Kontakte?
3.) Mit welchen Staaten wurde bereits Kontakte aufgenommen, damit sie ähnlich wie
Österreich ihre Betroffenheit geltend machen und Einwendungen gegen die
Fertigstellung der ukrainischen Kernreaktoren K2/R4 im Rahmen des
Umweltverträglichkeitsverfahrens für den EBRD - Kredit vorbringen? Was ist das
Ergebnis dieser Kontakte?
4.) Werden Sie sich darum bemühen, weitere Staaten für diese Einwendungen zu
gewinnen? Wenn
nein, warum nicht?
ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1:
Die Bedenken Österreichs betreffend eine Fertigstellung des KKW Temelin sind der
tschechischen Regierung bestens bekannt. Im Hinblick auf die Entschließung des
Nationalrates Nr. 140 vom 7. Oktober 1998 haben die Bundesminister Prammer und
Bartenstein anläßlich ihrer Besuche in Prag im Oktober 1998 gegenüber den
tschechischen Regierungssstellen auf die erheblichen Sicherheitsbedenken und die
ökonomische Fragwürdigkeit des Projektes, die eine Erstellung von
Atomausstiegskonzepten dringlich erscheinen lassen, hingewiesen. Im Dezember 1998
hat das Bundeskanzleramt der tschechischen Botschaft in Wien nach interministerieller
Abstimmung die österreichische Antiatompolitik mündlich und schriftlich ausführlich
erläutert. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer zusammenfassenden
Darstellung zu diesem Thema, die der tschechischen Regierung in Bälde übergeben
werden wird.
Zu Frage 2:
Unter den Nachbarstaaten Tschechiens ist derzeit nur Deutschland bereit, das Thema
nuklearer Sicherheit gegenüber der Tschechischen Republik anzusprechen. Ich habe
deshalb Außenminister Fischer ersucht, auf alle Beitrittskandidaten, insbesondere aber
auf Tschechien im Hinblick auf das KKW Temelin, in seiner Eigenschaft als EU -
Ratspräsident einzuwirken. In diesem Zusammenhang weise ich auf die
Schlußfolgerungen des Rates über nukleare Sicherheit im Rahmen der Erweiterung der
Europäischen Union hin, die der Rat Allgemeine Angelegenheiten unter meinem Vorsitz
am 7. Dezember 1998 verabschiedet hat. Diese wie auch die Schlußfolgerungen des
Europäischen Rates von Wien, die auf die Wichtigkeit der nuklearen Sicherheit unter
dem Kapitel Umwelt und Nachhaltige
Entwicklung hinweisen, sowie jene der EU -
Umweltminister vom 22. Juli 1998 wurden der Tschechischen Republik zur Kenntnis
gebracht.
Zu Frage 3 und 4:
Ich möchte hier auf das am 9. Dezember 1998 in Wien abgehaltene öffentliche Round -
Table - Gespräch mit Vertretern der EBRD und dem Projektbetreiber ENERGOATOM
verweisen, bei welchem die Ergebnisse des österreichischen Gutachtens zur
Projektdokumentation des Projektes K2/R4 dargestellt und zur Diskussion gestellt
wurden. Die wesentlichen Elemente dieses Gutachtens wurden seinerzeit allen
Mitgliedern des Direktoriums der EBRD übermittelt. Entsprechend einem Beschluß der
Bundesregierung werde ich dieses, anläßlich einer möglichen Kreditvergabe durch die
EBRD im Auftrag der Österreichischen Bundesregierung erstellte, kritische Gutachten
zur Projektdokumentation für das Fertigstellungsprojekt der Kernkraftwerke
Khmelnitsky - 2 und Rivne - 4 in der Ukraine mit einem Aide - Mémoire der
Österreichischen Bundesregierung meinen Kollegen in den EU - Mitgliedstaaten, dem
zuständigen EU - Kommissar sowie allen in die Kreditentscheidung involvierten bzw.
interessierten Regierungen und Institutionen zur Kenntnis bringen und in konsequenter
Fortsetzung der österreichischen Kernenergiepolitik um Unterstützung für die
österreichische Haltung werben.