493/AB
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 474/J-NR/96
betreffend Überprüfung der Vorgangsweise des Bundesdenkmalamtes
im Zusammenhang mit der Bewilligung zum Abriß von zwei Objekten
aus dem Jahr 1662 bzw. um 1760 in Mistelbach, NÖ. , die die
Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und GenossInnen am
24. April 1996 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
1.a) Ist es richtig, daß die Erhebungen zur Feststellung des
öffentlichen Interesses gemäß § 2 Abs. 1 Denkmalschutz-
gesetz, BGBl. Nr. 473/1990 ausschließlich bei den
Betreibern des Bauvorhabens vorgenommen wurden?
b) Warum wurden seitens des Bundesdenkmalamtes nicht
weitere, unbefangene und kompetente Personen befragt?
Antwort:
a) Das Bundesdenkmalamt führt stets von Amts wegen Erhebungen
durch. Die Angehörigen des Bundesdenkmalamtes sind gemäß der
ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Amtssach-
verständige gemäß § 52 AVG und sind daher von der Behörde in
erster Linie als Sachverständige beizuziehen.
b) Das Bundesdenkmalamt hat mit zahlreichen lokalen Persönlich-
keiten Kontakt aufgenommen, insbesondere aber auch mit
Dr. Wolfgang Schuller, der sich als Lokalhistoriker führend
an der Kampagne zur Erhaltung der gegennständlichen Objekte
beteiligt hat .
Mit diesem hat das Bundesdenkmalamt bereits vor Bescheider-
lassung Kontakte gehabt und hat die von diesem zur Verfügung
gestellten Unterlagen ( archivalische Nachrichten) eingehend
geprüft . Eine genaue Analyse des heute vorhandenen Bau-
bestandes hat jedoch gezeigt, daß von der beschriebenen Bau-
substanz nichts oder nur mehr geringe Reste vorhanden sind;
jüngere Adaptierungen haben starke Einbußen an der Altsub-
stanz sowie überhaupt starke Veränderungen bewirkt . Aus dem
Vcrhandensein von Resten hat das Bundesdenkmalamt nicht mehr
die vom Gesetzesgeber für das Vorhandensein eines öffent-
lichen Interesses an der Erhaltung der Objekte geforderte
Bedeutung ableiten können.
2 .a) Welche Unterlagen trugen zur Entscheidung des Bundesdenk-
malamtes bei?
b) Sind ein mangelhaftes Aktenstudium und oberflächliche
Erhebungen durch das Organ des Bundesdenkmalamtes erkenn-
bar?
Antwort :
a) Die oben genannten Erhebungen und Studien einschließlich der
von lokaler Seite zur Verfügung gestellten Unterlagen führ-
ten zur Entscheidung. Daß das Bundesdenkmalamt die Bedeutung
der Reste dieser Objekte geringer einstuft als andere
Persönlichkeiten dies tun, stellt nun einmal die vom Gesetz-
geber geforderte und vom Bundesdenkmalamt durchzuführende
fachliche Beurteilung dar. Als Eigentumseinschränkung sind
die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung (bzw. das
Festhalten an einer automatischen § 2-Unterschutzstellung)
stets streng auszulegen.
b) Nein. Ein Amtssachverständiger des Bundesministeriums für
Unterricht und kulturelle Angelegenheiten führte zur Über-
prüfung der von lokaler Seite vorgebrachten Beschwerden über
die Freigabe seitens des Bundesdenkmalamtes am 7. 2.1996
einen Augenschein durch, um die Bedeutung der Objekte und
ihre Lage in der Gesamtsituation zu überprüfen. Die vom
Bundesdenkmalamt für seinen Bescheid herangezogenen Grund-
lagen und gutächtlichen Meinungen haben sich dabei bestä-
tigt. Auch der Amtssachverständige des BMUK konnte keinerlei
Umstände feststellen, die darauf hätten schließen lassen,
daß die Entscheidung des Bundesdenkmalamtes unrichtig oder
auch nur zweifelhaft wäre. Die beiden fraglichen Objekte
befinden sich zwar in einer ''sensiblen Zone'' , ein Neubau
sollte auf die Umgebung dementsprechend Rücksicht nehmen,
eine Einflußnahme der Denkmalschutzbehörde auf die Neube-
bauung ist aber rechtlich nicht möglich sondern ausschließ-
lich Angelegenheit der Baubehörde. Dies hat der Verfassungs-
gerichtshof erst wieder in seinem Erkenntnis vom
29. September 1995, G 50/95, klar zum Ausdruck gebracht.
3 .a) War dem Bundesdenkmalamt bei der Zustimmung zum Abbruch
bekannt, daß der gesamte Pfarrbezirk im Schutzzonenatlas
(herausgegeben vom Bundesdenkmalamt 1970) als besonders
schutzwürdig und als Ensemble ausgewiesen ist?
b) Warum hat sich das Bundesdenkmalamt mit seinem Bescheid
über den § 1 Abs. 1 des Bundesdenkmalschutzgesetzes
hinweggesetzt?
c) Sieht diese Bestimmung nicht eindeutig den Schutz für
Gruppen von unbeweglichen Gegenständen (Ensembles) vor?
Antwort :
a) Die Erwähnung im Schutzzonenatlas bedeutet noch nicht, daß
die innerhalb einer Zone befindlichen Objekte unter enkmal-
schutz gestellt werden sollten oder auch nur unter Denkmal-
schutz gestellt werden könnten. Der Begriff ''Denkmal" umfaßt
gemäß § 1 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz alle Objekte, denen
eine gewisse geschichtliche, künstlerische oder kulturelle
Bedeutung zugesprochen werden kann. Eine Unterschutzstellung
ist nur dann möglich, wenn ihre Bedeutung derart ist, daß
ihre Erhaltung und damit auch Beschränkung ''im öffentlichen
Interesse gelegen" ist. Würden sämtliche Objekte, die sich
innerhalb von Zonen des im Jahr 1970 vom Bundesdenkmalamt
herausgegebenen Schutzzonenatlas befinden, unter Denkmal-
schutz gestellt, würde dies eine unabsehbar große Menge an
Unterschutzstellungen von Objekten bedeuten, die - wenn auch
innerhalb eines ''Ensembles'' - keineswegs so bedeutend sind,
daß sie unter Denkmalschutz gestellt werden könnten.
Vielfach bedeuten die im Schutzzonenatlas angeführten Zonen
nichts anderes, als daß sich ddarin - unter Einschluß diver-
ser schützenswerter Denkmale - ein im Sinne des Ortsbild-
schutzes schützenswerter Siedlungsteil (Ensemble) befffindet.
) Das Bundesdenkmalamt hätte sich dann über das Denkmalschutz-
gesetz hinweggesetzt, wenn es die Objekte trotz des Wissens,
daß sie im Sinne des Denkmalschutzgesetzes nur von geringer
Bedeutung sind, unter Denkmalschutz gestellt hätte.
) Der Schutz von Ensembles im Sinne des Denkmalschutzgesetzes
ist nur möglich, wenn es so bedeutend ist, daß eine Erhal-
tung wegen dieser besonderen Bedeutung im öffentlichen
Interesse gelegen ist. Ist es das nicht, dann wäre die
Unterschutzstellung eines - zu geringwertigen - Ensembles
rechtswidrig.
4 . Welche Schritte werden Sie setzen, um dieses historische
Gebiet vor der Zerstörung zu retten?
Antwort :
Der gegenständliche Bescheid des Bundesdenkmalamtes ist rechts-
kräftig. Eine Aufhebung ist nicht möglich, da bereits dritte
Personen Rechte erworben haben. arüber hinaus aber besteht
auch nicht der geringste Zweifel, daß der gegenständliche
Bescheid zurecht ergangen ist und das Bundesdenkmalamt zurecht
gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz nach einem Prüfungsverfahren
festgestellt hat, daß an der Erhaltung der Objekte kein öffent-
liches Interesse besteht .
Es ist nun allein Angelegenheit der Baubehörde dafür zu sorgen,
daß ein dem Ortsbild angemessenes Projekt an jener Stelle
errichtet wird.