5156/AB XX.GP

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Die Abgeordneten Niag Stoisits, Freundinnen Lind Freunde haben am 16 Dezember 1998

unter der Nr. 5366/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Amtshilfe der Post" gerichtet

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt

 

Grundsätzlich kann die Erhebung von Vermittlungsdaten (wer hat wann wen

angerufen) entweder in die Zukunft gerichtet durch eine Fangschaltung erfolgen oder über

Telefongespräche in der Vergangenheit. in dem nachträglich die Rufdaten ausgewertet werden.

Während die Fangschaltung schon seit längerer Zeit möglich ist, setzt eine nachträgliche

Rufdatenauswertung allerdings voraus, dass der betroffene Anschluss an ein Wahlamt

angeschlossen ist, das die Verbindung bereits auf digitalem Wege herstellt. Bei nicht

digititalisierten Wahlämtern ist eine Rufdatenrückerlassung von vornherein nicht möglich. Die Digitalisierung setzte zwar bereits 1985 mit der Umstellung von zwei Wahlämtern ein, der Großteil der Telefonanschlüsse wurde aber erst in den Jahren 1994 und 1995 umgestellt, wobei bei den zuständigen Stellen mit einem Abschluß dieser Arbeiten erst im Jahre 2000 gerechnet wird. Die Möglichkeit eines Zugriffes auf derartige Vermittlungsdaten besteht somit im wesentlichen erst seit Mitte dieses Jahrzehnts.

           Die Frage der rechtlichen Einstufung der Vermittlungsdaten wurde in der Lehre freilich schon früher und mit unterschiedlichen Standpunkten diskutiert, in der Rechtssetzung wurde diese Frage erstmals 1993 angesprochen, indem in den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Strafprozessänderungsgesetz 1993, BlgNr 924, XVIII GP, ausgeführt wird: „Unter Überwachung sind das Abhören, aber auch solche Erhebungen zu verstehen, die sich nicht auf die Gesprächsinhalte beziehen, wie z.B. über Frequenz und Dauer des Fernsprechverkehrs oder die Feststellung der Fernsprechstelle, von der aus mit dem überwachten Anschluß Kontakt aufgenommen wurde."

        Mit der Lutscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 6 Dezember 1995, 13 Os

161/95. wurde für alle Behörden der Strafverfolgung verbindlich klargestellt, dass auch

Vermittlungsdaten dem Schutz des Artikel 10a Staatsgrundgesetz (StGG) unterliegen

Hinsichtlich der Rechtsgrundlage für Auskünfte von Telekombetreiber muß danach

unterschieden werden, ob solche Ersuchen vor Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes,

BGBl Nr. 201/1996. oder danach gestellt wurden.

           In der Zeit vor der Privatisierung dieses Bereiches, konnte sich ein Ersuchen um

Hilfestellung auf Artikel 22 B - VG stützen, der alle Organe des Bundes. der Länder und

Gemeinden zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtete, oder, soweit es sich um

sicherheitsbehördliche Ersuchen handelte, auf § 53 Abs. 3 Sicherheitspolizeigesetz (SPG),

demnach sind die Sicherheitsbehörden berechtigt von den Dienststellen der

Gebietskörperschaften, den anderen Körperschaften des öffentlichen Rechtes und den von

diesen betriebenen Anstalten die Auskünfte zu verlangen, die sie als wesentliche

Voraussetzung für die Abwehr gefährlicher Angriffe oder für die Abwehr bandenmäßiger oder organisierter Kriminalität benötigen. Die ersuchte Stelle ist in diesen Fällen verpflichtet, die Auskunft zu erteilen.

        Mit dem Poststrukturgesetz waren die für die Artikel 22 B - VG und § 53 Abs 3 SPG

normierten Anwendungsvoraussetzungen für Betreiber von Fernmeldeeinrichtungen nicht mehr gegeben und die sich aus diesen Regelungen ergebende Verpflichtung zur Hilfeleistung und Auskunftserteilung war beseitigt, weil diese eben nicht mehr zu den Dienststellen der Gebietskörperschaften. den Körperschaften des öffentlichen Rechts oder den von diesen betriebenen Anstalten zu zählen waren.

 

        Im Übrigen beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt

 

Zu den Fragen 1 und 2:

           Bis zum Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes wurden im Rahmen der Amtshilfe

- ohne entsprechenden Gerichtsauftrag - jedenfalls Auskünfte über Stammdaten (Name.

Adresse und Telefonnummer) von der PTV erbeten und von dieser erteilt. Ob und wie weit in manchen Einzelfällen darüber hinausgehende Informationen über digital verfügbare Vermittlungsdaten beauskunftet wurden, kann heute nicht mehr beantwortet werden, da es keine gesonderte Erfassung jener Fälle gibt, in denen Amtshilfe der PTV in Anspruch genommen wurde Jedenfalls kann ausgeschlossen werden, dass Inhaltsdaten oder - nach dem oben zitierten Erkenntnis des OGH - Vermittlungsdaten ohne richterliche Anordnung an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet wurden.

 

Zu  Fragen 3 bis 5:

     Artikel 10a Staatsgrundgesetz normiert, dass in das Fernmeldegeheimnis nur auf Grund eines richterlichen Befehles in Gemäßheit bestehender Gesetze eingegriffen werden darf


im Hinblick darauf, dass Inhaltsdaten ohne richterlichen Befehl nicht weitergeleitet

wurden und dass allenfalls nach Beginn der Digitalisierung der Wahlämter bekanntgegebene Vermittlungsdaten erst nach dem oben zitierten höchstgerichtlichen Judikat als vom Schutz des Art. 1a StGG erfaßt anzusehen waren, war das sicherheitsbehördliche Vorgehen

verfassungskonform.

 

       Für strafgerichtliche Erhebungen waren hiebei § 24 StPO und Art 22 B - VG

maßgeblich, für den Sicherheitspolizeibereich hingegen § 53 Abs. 3 SPG. Die Bestimmungen scheinen mir im Hinblick auf Artikel 8 Abs. 2 EMRK oder die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgestellten Anforderungen an solche Regelungen völlig unbedenklich.

 

Zu den Fragen 6 und 7:

 

       Wie bereits oben ausgeführt, fiel mit der Privatisierung der Post die Anwendbarkeit des Artikel 22 B - VG sowie des § 53 Abs. 3 SPG weg. Damit bestand für die Betreiber nicht länger die Verpflichtung, auf Ersuchen entsprechende Auskünfte zu erteilen.

           Einer freiwillige Auskunftserteilung stellen rechtliche Bedenken nicht entgegen, weil die Sicherheitsbehörden nach wie vor berechtigt sind, personenbezogene Daten unter anderem für die Abwehr gefährlicher Angriffe oder bandenmäßiger Kriminalität zu ermitteln und zu verarbeiten und § 88 Telekommunikationsgesetz (TKG), der das Fernmeldegeheimnis im Rahmen dieses Gesetzes regelt, eine Auskunft durch die Betreiber nicht verbietet. Dem Fernmeldegeheimnis des § 88 TKG unterliegen nämlich nur die Inhaltsdaten und die näheren Umstände der Kommunikation, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war, sowie die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

              Somit ist es notwendig, dass die - gegenwärtig bestehende - Abhängigkeit der

Sicherheitsbehörden vom "Goodwill" der Betreiber durch eine Verpflichtung zur

Auskunftserteilung ersetzt wird.