5198/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

haben an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage, betreffend „Überwa -

chungsmaßnahmen gegen den Journalisten Karl Wendl“, gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

Die Staatsanwaltschaft Wien beantragte am 31. Oktober 1998 und am 1. November

1998 in der Strafsache gegen Wolfgang Rieger die Überwachung des Fernmelde -

verkehrs betreffend ein Wertkartenhandy (zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am

31. Oktober 1998 war der Inhaber dieses Mobiltelefons noch nicht bekannt) und

stützte sich dabei auf die Bestimmung des § 149 a Abs. 1 Z 2 lit. b StPO. Diesen im

Rahmen des Journaldienstes gestellten Anträgen folgte der für diese beiden Tage

zuständige Journalrichter durch entsprechende Beschlüsse, die gemäß § 149 b

Abs. 1 StPO durch die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ge -

nehmigt wurden. Die beantragten und vom Gericht angeordneten Maßnahmen hat -

ten zum Ziel, den Aufenthaltsort des wegen schwerer Delikte gegen fremdes Ver -

mögen (Strafrahmen ein bis zehn Jahre) weltweit gefahndeten Wolfgang Rieger

ausfindig zu machen, hatten Ermittlungen der Wirtschaftspolizei doch ergeben, dass

der Gefahndete über ein Mobiltelefon Kontakt mit dem Inhaber des Gerätes hatte.

Während mit Beschluss vom 31. Oktober 1998 lediglich die Peilung dieses Mobilte -

lefons angeordnet wurde, hat der Journalrichter am 1. November 1998 den Be -

schluss auf Rufdatenrückerfassung und auf Überwachung der Mailbox des Wertkar -

tenhandys des (mittlerweile namentlich bekannten) Journalisten Karl Wendl gefasst.

 

Zu 2 bis 4:

Gemäß § 149 a Abs. 2 StPO ist die Überwachung des Fernmeldeverkehrs von Anla -

gen eines Medienunternehmens (§1 Z 6 MedienG) im Falle des Abs. 1 Z 2 lit. b leg.

cit. nur zulässig, wenn zu erwarten ist, dass dadurch die Aufklärung einer strafbaren

Handlung gefördert werden kann, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit einer

zeitlichen Freiheitsstrafe bedroht ist, deren Untergrenze nicht weniger als fünf Jahre

und deren Obergrenze mehr als zehn Jahre beträgt. Durch die zitierte, früher ähn -

lich in § 31 Abs. 3 MedienG enthaltene Ausnahmebestimmung sollte die redaktionel -

le Tätigkeit eines Medienunternehmens im Hinblick auf die in der Praxis vielfach

vorliegende größere Zahl von Telefonanschlüssen (Nebenstellen), die alle von einer

solchen Maßnahme betroffen wären, geschützt werden (vgl. RV zum MedienG)

2 BlgNR 15. GP, 43; Hartmann/Rieder, MedienG, Anm. 10 zu § 31). Nach dem

Wortlaut werden jedoch die privaten Telefonanlagen und Mobiltelefone der Medien -

mitarbeiter nicht erfasst, wird doch ausdrücklich auf § 1 Z 6 MedienG (Medienunter -

nehmen) und nicht auf § 1 Z 11 MedienG (Medienmitarbeiter) verwiesen. Bei Vor -

liegen der sonstigen Voraussetzungen des § 149 a StPO können daher auch Mobil -

telefone und sonstige private Telefone von Journalisten Gegenstand einer Telefon -

überwachung sein.

Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu dem insbesondere im Rahmen einer

journalistischen Tätigkeit durch Art. 10 MRK garantierten Recht auf freie Meinungs -

äußerung und verletzt auch nicht den im § 31 MedienG verankerten Schutz des Re -

daktionsgeheimnisses.

Nach § 31 Abs. 1 MedienG haben Medieninhaber (Verleger), Herausgeber, Medien -

mitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes das

Recht, in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde als Zeugen

die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Ein -

senders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hin -

blick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen. Nach Abs. 2 leg. cit. darf

dieses Recht nicht umgangen werden, insbesondere nicht dadurch, dass dem Be -

rechtigten die Herausgabe von Schriftstücken, Druckwerken, Bild - oder Tonträgern

oder Datenträgern, Abbildungen und anderen Darstellungen mit solchem Inhalt auf -

getragen wird oder diese beschlagnahmt werden. Der Schutz des Redaktionsge -

heimnisses bedeutet somit nicht Immunität der Medien, sondern die Befreiung ihrer

Mitarbeiter von der Zeugnispflicht und im Zusammenhang damit das Verbot der Be -

schlagnahme von Unterlagen, die Hinweise auf den Gewährsmann oder den Inhalt

der Information enthalten und sich in Gewahrsam des vom Zeugnis Befreiten befin -

den. Das Redaktionsgeheimnis, das nur soweit reicht, wie das Zeugnisentschla -

gungsrechtl selbst, schützt somit zwar die Vertraulichkeit der Informanten, Informati -

onsquellen und der Unterlagen des Journalisten, statuiert jedoch keine umfassende

Immunität der journalistischen Tätigkeit. Medienmitarbeiter wurden daher auch nicht

in den Kreis jener Personen aufgenommen, bei denen Telefonüberwachungen nach

§ 149 a Abs. 1 Z 2 lit. b StPO grundsätzlich unzulässig sind. Eine solche Unzulässig -

keit ist auch aus dem Umgehungsverbot des § 31 Abs. 2 MedienG nicht generell ab -

zuleiten. Allenfalls könnte es in einzelnen Fällen dazu kommen, daß anlässlich einer

Telefonüberwachung bei einem Medienmitarbeiter erlangte Informationen dann für

das weitere Verfahren einem Verwertungsverbot unterliegen, wenn sich dieser in

der Folge auf das Redaktionsgeheimnis berufen sollte. Solche Aufzeichnungen

wären dann gemäß § 149 c Abs. 7 StPO zu vernichten.

Die vom Bundesministerium für Justiz um Prüfung der geschilderten Vorgangsweise

des Landesgerichts für Strafsachen Wien ersuchte Generalprokuratur hat keinen

Anlass für die Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes

gefunden.

 

Zu 5 bis 9:

Die am 1. November 1998 beschlussmäßig angeordnete Rufdatenrückerfassung

wurde durch richterliche Anordnung am 2. November 1998 beendet. Nach der

Aktenlage wurden keine Rufdaten des Karl Wendl rückwirkend erfasst.

Zu 10 und 11:

Laut Bericht der Bundespolizeidirektion Wien wurden bis zur Beendigung der in Re -

de stehenden Maßnahme Telefongespräche des Journalisten Karl Wendl nicht

überwacht, sondern nur einige Mitteilungen von der Mailbox dieses Wertkartenhan -

dys abgehört. Diese standen alle im Zusammenhang mit der Strafsache gegen

Wolfgang Rieger.

 

Zu 12 und 13:

Der Fernmeldeverkehr der auf Wolfgang Rieger angemeldeten Anlagen sowie der

ihm zur Verfügung stehenden Mobiltelefone wurden vom 16. Oktober bis

2. November 1998 überwacht.

 

Zu 14:

Im Zuge der Fahndung nach Wolfgang Rieger wurde auch die Überwachung des

Fernmeldeverkehrs in Ansehung einiger in seinem Umfeld stehender Personen be -

antragt und gerichtlich angeordnet. Ich ersuche um Verständnis, dass ich von der

Bekanntgabe der Namen dieser Personen insbesondere aus datenschutzrechtli -

chen Erwägungen absehen muss.

 

Zu 15 und 16:

Zu einem automationsunterstützten Datenabgleich nach den §§ 149 i ff StPO ist es

in dieser Sache nicht gekommen.

 

Zu 17:

Nach meiner Ansicht garantiert die bestehende Rechtslage einen ausreichenden

Schutz sowohl der redaktionellen Tätigkeit von Medienunternehmen als auch des

Redaktionsgeheimnisses.