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Die Abgeordnete zum Nationalrat Anna-Elisabeth Aumayr und Kollegen haben am
1. Februar 1996 unter der Nr. 104/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend transeuropäische Wassernetze gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1. Erachten Sie die Errichtung von transeuropäischen Wassernetzen als sinnvoll und für
die Versorgung Europas mit Wasser für notwendig?
2. Sind Sie der Meinung, daß Österreich die wasserarmen Länder des Südens mit Wasser
beliefern soll? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen soll dies Ihrer Meinung nach
erfolgen und wenn nein, welche Gründe spreehen für Sie dagegen?
3. Welche Auswirkung hat lhrer Meinung naeh die Dotierung transeuropäischer Wasser-
netze auf die österreiehische EnergiebiIanz?
4. Können Sie von seiten Ihres Ressorts ausschließen, daß in Zukunft die Entscheidung
über österreichische Wasserressourcen in Brüssel fallen werden?
5. Was werden Sie unternehmen, wenn betreffend die Bewirtschaftung der Wasser-
ressourcen das Einstimmigkeitsprinzip im Zuge der Maastricht-Revision zugunsten des
Mehrstimmigkeitsprinzips fällt?
6. Besteht Ihrer Meinung nach durch den Art. 130 s des Beitrittsvertrages die Möglichkeit,
Österreich
a) an der Errichtung eines transeuropäischen Wassernetzes verbindlich zu beteiligen
b) und ist Österreich in der Folge verpflichtet, dieses transeuropäische Wassernetz aus
seinen eigenen Ressourcen zu dotieren?''
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Wasser ist nicht Gegenstand transeuropäischer Netzwerke der EU; den Fragen kommt keine
Aktualität zu. Grundsätzlich ist es meine Überzeugung, daß die Lösung von Wassermangel-
problemen national durch Einschränkungen und Maßnahmen zur optimalen Nutzung der
gegebenen Ressourcen sowie höchstens in einem übersehaubaren regionalen Ausgleieh
gefunden werden muß.
Zu Frage 3 : .
Da diesbezügliche Überlegungen und Rahmenbedingungen nicht vorliegen, kann hiezu keine
Aussage gemacht werden.
Zu den Fragen 4 bis 6:
Die Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur Bewirtschaftung von Wasserressourcen auf euro-
päischer Ebene ist Art. 130 s, Abs. 2 EG-Vertrag. Diesbezügliche Entscheidungen können
demnach nur nach dem Prinzip der Einstimmigkeit getroffen werden. Eine Entscheidung über
österreichische Wasserressourcen auf europäischer Ebene ohne Zustimmung Österreichs ist
daher ausgeschlossen. Eine Änderung dieser Rechtslage steht derzeit nicht zur Diskussion, sie
würde aber jedenfalls der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten der Europäischen Union
bedürfen. Ein Übergang vom Einstimmigkeits- zum Mehrstimmigkeitsprinzip im Bereich der
Bewirtschaftung von Wasserressourcen würde somit auch die Zustimmung Östereichs
erfordern. Österreieh sprieht sich aber gegen eine Änderung dieser Rechtsgrundlage und
gegen ein Abgehen vom Einstimmigkeitsprinzip aus. Die diesbezügliche Haltung ist auch in
den Leitlinien der Bundesregierung zur Regierungskonferenz 1996 festgehalten.
Abschließend möchte ich betonen, daß die Errichtung eines "transeuropäischen Wassernetzes"
nicht zur Diskussion steht. Eine verbindliche Beteiligung Österreichs an der Errichtung eines
Netzwerkes sowie eine Verpflichtung Österreichs zur Dotierung des Netzwerkes aus den
eigenen Ressourcen ohne österreichische Zustimmung wäre aber jedenfalls aus den genannten
Gründen nicht möglich.