524/AB

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat lngrid Tichy-Schreder und Kollegen haben an

mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Behandlung von Angeklagten im Landes-

gericht für Strafsachen Wien, gerichtet und folgende Fragen gestellt:

 

''1 . lst die Berichterstattung korrekt?

2. Wie beurteilen Sie die, eindeutige Zweifel an der richterlichen Unvereingenom-

menheit aufkommen lassenden Bemerkungen des VerhandIungsrichters?

3. Welche Maßnahmen werden Sie im konkreten Fall setzen?

4. Was werden Sie generell unternehmen, um solchem Fehlverhalten enspre-

chend vorzubeugen?''

 

 

lch beantworte diese Fragen wie folgt:

 

Zu 1 :

Es ist zutreffend, daß drei Polizeibeamte von dem gegen sie wegen §§ 83 Abs. 1 ,

84 Abs. 1 StGB erhobenen Strafantrag mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsa-

chen Wien vom 24.4.1996 freigesprochen wurden. Gegen dieses Urteil hat die

Staatsanwaltschaft Wien am 25.4.1996 Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld an-

gemeldet. Bei der Behauptung in der Einleitung der Anfrage, auf den Verletzten war-

te eine Anklage wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, handelt es sich bloß

um eine Vermutung. Der Betroffene wurde zwar im Zuge gerichtlicher Vorerhebun-

gen als Verdächtiger vernommen, die Staatsanwaltschaft Wien macht aber die wei-

tere Antragstellung vom rechtskräftigen Ausgang des Strafverfahrens gegen die Po-

lizeibeamten abhängig.

 

lm übrigen verweise ich auf die folgenden Punkte der Anfragebeantwortung.

 

Zu 2 bis 4:

Vorweg weise ich darauf hin, daß jeder Richter im dienstlichen Verkehr mit Ange-

klagten, Zeugen und anderen Verfahrensbeteiligten zu einer strengen Sachlichkeit

verpflichtet ist. lch bedaure es außerordentlich, wenn Äußerungen von Richtern be-

wirken, daß eine Hauptaufgabe unserer Gerichtsbarkeit, nämlich die Gewährlei-

stung eines fairen Verfahrens, in Zweifel gezogen werden kann. Die Justizverwal-

tung überprüft die ihr - auf welchem Weg immer - zukommenden Hinweise auf sol-

che Vorfälle und ist mit Nachdruck bestrebt, UnzukömmIichkeiten abzustellen.

 

Der erkennende Richter in dem Verfahren, auf das sich die Anfrage bezieht, hat im

Zuge des dienstbehördlichen Einschreitens des Präsidenten des Landesgerichts für

Strafsachen Wien, von dem ihm die Berichterstattung in den Medien vorgehalten

worden ist, zum Teil bestritten, die Äußerungen in der wiedergegebenen Form ge-

macht zu haben, zum Teil hat er erklärt, sich nicht mehr an den genauen Wortlaut

erinnern zu können, zum Teil hat er seine ''ungeschickte'' Ausdrucksweise eingese-

hen.

 

Der Richter wurde vom Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien er-

mahnt und hat versichert, sich künftig um eine korrekte Wortwahl zu bemühen. lm

übrigen hat er jedoch betont, daß er in der Sache in keiner Weise voreingenommen

gewesen sei.