5459/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Ewald Stadler und Kollegen haben

an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend „einige aufklärungswürdige Vorgänge

im Justizbereich“, gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

 

Das Ersuchen um Bekanntgabe der Entscheidungsgründe in dem der Anfrage zu

Grunde liegenden Verfahren ist inhaltlich ein Begehren auf Akteneinsicht, das -

mangels einer ausdrüclichen Regelung im Außerstreitgesetz - nach § 219 ZPO zu

beurteilen ist. Diese Bestimmung legt fest, dass dritte Personen nur mit Zustimmung

der Parteien in die Akten Einsicht nehmen dürfen. Fehlt eine solche Zustimmung, so

kann einem Dritten, soweit er ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, Aktenein -

sicht gestattet werden. Über die Berechtigung eines Dritten zur Einsichtnahme ent -

scheidet der Richter in einem Akt der Rechtsprechung.

 

Ich ersuche daher um Verständnis, dass mir eine inhaltliche Beantwortung der Fra -

ge nicht zusteht. Nach den mir vorliegenden Informationen hat das Landesgericht

für Zivilrechtssachen Wien als zuständiges Rechtsmittelgericht mit Beschluss vom 3.

März 1999 die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.

 

Zu 2 und 3:

 

Das Bundesministerium für Justiz ist die österreichische zentrale Behörde nach dem

Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980, BGBl. Nr. 512/1998, über die zivil -

rechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und hat demgemäß die ihm

durch dieses Übereinkommen übertragenen Aufgaben wahrzunehmen. Dazu gehö -

ren unter anderem die Verpflichtungen, ein gerichtliches (oder behördliches) Verfah -

ren einzuleiten oder die Einleitung eines solchen Verfahrens zu erleichtern, um die

Rückgabe eines entführten Kindes zu erwirken, darüber zu wachen, dass Verfahren

auf Rückgabe von Kindern mit der gebotenen Eile behandelt werden, und Hindernis -

se, die einer Anwendung des Übereinkommens entgegenstehen, soweit wie möglich

auszuräumen.

 

In der in Rede stehenden Pflegschaftssache wurde der Antrag auf Erlassung einer

Einstweiligen Verfügung am 18. Jänner 1999 gestellt und am 20. Jänner 1999 hat

die zuständige Richterin - ohne dass es vorher zu einer Kontaktaufnahme mit dem

Bundesministerium für Justiz gekommen ist - die einstweilige Obsorge über das in

der Anfrage genannte Kind der Kindesmutter zugesprochen. Nachdem der für die

Durchführung des zitierten Haager - Übereinkommens zuständige Abteilungsleiter

des Bundesministeriums für Justiz Kenntnis von diesem Beschluss erlangt hatte, hat

er am 26. Jänner 1999 folgende Note an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien ge -

richtet:

 

                „Das Bundesministerium für Justiz in seiner Eigenschaft als österreichische

                zentrale Behörde nach dem im Gegenstand genannten Übereinkommen

                (BGBl. Nr. 512/1988) ersucht, ihm unverzüglich eine Ausfertigung des dg.

                Beschlusses vom 20.1.1999 vorzulegen.

 

                Überdies stellt es, ohne freilich der Rechtsprechung vorgreifen zu können,

                dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien anheim, einen Beschluss zu fassen,

                mit dem dem Kindesvater im Hinblick auf den dg. Beschluss vom 20.1.1999

                aufgetragen wird, das Kind an die Kindesmutter unverzüglich herauszuge -

                ben.

 

                Nach den praktischen Erfahrungen der österreichischen zentralen Behörde

                begnügen sich nämlich die zentralen Behörden der Vertragsstaaten des

                anglo - amerikanischen Rechtssystems in der Regel nicht allein mit einem

                Beschluss, mit dem die Obsorge einem Elternteil übertragen wird, sondern

                verlangen auch einen ausdrücklichen Beschluss betreffend die Herausgabe

                des Kindes, das entgegen einer Obsorgeentscheidung zurückgehalten wird.

 

                Sollte dieser Anregung entsprochen werden, so wird auch um ehestmögli -

                che Vorlage einer Ausfertigung dieser Entscheidung ersucht."

 

Ich lege Wert auf die Feststellung, dass (auch) in dieser Rechtssache von Mitarbei -

tern des Bundesministeriums für Justiz kein Druck auf die zuständige Richterin aus -

geübt wurde, eine Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu treffen. Die aus

Anlass der vorliegenden Anfrage um Stellungnahme ersuchte Richterin betonte in

ihrer Äußerung, die Entscheidung auf Grund der Gesetzeslage gefällt zu haben und

seitens des Bundesministeriums für Justiz keinem Druck ausgesetzt gewesen zu

sein, in einer bestimmten Weise zu entscheiden.

 

Die der Frage zugrunde gelegte Unterstellung weise ich nachdrücklich zurück.