5758/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Hermann Böhacker und Kollegen haben an mich

eine schriftliche Anfrage, betreffend “Bezirksgericht Stadt - Salzburg", gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1 bis 4:

Zur Behebung der mir bekannten, beengten Raumsituation im Landesgerichtsge -

bäude Salzburg ist beabsichtigt, die bereits derzeit teilweise (etwa zu einem Fünftel)

dem Bezirksgericht Salzburg zur Verfügung stehende Rudolfskaserne schrittweise

zur Gänze für dieses Gericht zu verwenden.

 

Um in der Rudolfskaserne weitere Abteilungen des Bezirksgerichtes Salzburg auf -

nehmen zu können, wird in einer ersten Bauphase die Errichtung eines Zubaues,

durch den eine Nutzfläche von ca. 700 m2 geschaffen wird, sowie die Sanierung des

Südtraktes der Rudolfskaserne für Zwecke des Bezirksgerichtes Salzburg erfolgen.

Die Vorentwurfsplanung dafür wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche An -

gelegenheiten mit Schreiben vom 28. April 1999 genehmigt. Bei einem für Oktober

1999 in Aussicht genommenen Baubeginn werden die neu geschaffenen sowie die

adaptierten Räumlichkeiten voraussichtlich Anfang des Jahres 2001 bezugsfertig

sein.

 

Eine Nutzung der gesamten Rudolfskaserne durch das Bezirksgericht Salzburg wird

erst nach Auszug der Polizeidienststellen möglich sein; dieser wird nach Mitteilung

der Bundesgebäudeverwaltung I Salzburg und des Polizeidirektors der Bundespoli -

zeidirektion Salzburg erst nach Errichtung eines neuen Exekutivzentrums erfolgen.

Der Baubeginn für dieses Exekutivzentrum steht derzeit noch nicht fest.

Zu 5 bis 7:

Die Finanzierung der auf ca. 40 Millionen Schilling geschätzten Baukosten erfolgt zu

Lasten der dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Verfü -

gung stehenden Mittel (finanzgesetzlicher Ansatz 1/64753), die Finanzierung der

voraussichtlich 3,5 Millionen Schilling betragenden Einrichtungskosten zu Lasten

des Bundesministeriums für Justiz (finanzgesetzlicher Ansatz 1/30203 bzw.

1/30208).

 

Zu 8:

Durch die Rudolfskaserne (nach Auszug der Polizeidienststellen und den Anbau zu

diesem Gebäude) wird der Raumbedarf des Bezirksgerichtes Salzburg langfristig

abzudecken sein.

 

Zu 9 bis 15:

Um die erste Bauphase der Erweiterung und Adaptierung der Rudolfskaserne in

wirtschaftlicher Weise umsetzen zu können, ist die Freimachung der bereits derzeit

in der Rudolfskaserne vom Bezirksgericht Salzburg genutzten Räume erforderlich.

Nach dem mir vorliegenden Bericht des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz

ist das ehemalige Diakonissenkrankenhaus für die vorübergehende Unterbringung

von Gerichtsabteilungen geeignet. Es wird vom Bundesministerium für Justiz im Hin -

blick auf die Lage, die vorhandenen Räumlichkeiten und den relativ günstigen Miet -

zins als Ausweichunterkunft angestrebt.

Bei den vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz mit dem Liegenschaftsei -

gentümer geführten Verhandlungen wurde grundsätzlich Einigung erzielt; vom Dia -

koniewerk wird ein Mietvertragsentwurf in den nächsten Wochen übermittelt werden.

 

Die Kosten der unbedingt erforderlichen Adaptierungen zur Nutzbarmachung der

Räumlichkeiten werden auf rund 1 Million S geschätzt. Die jährlichen Mietkosten

werden sich (inkl. Betriebskosten, Heizkosten und USt.) auf ca. 635.000 S belaufen.

Nach dem mir vorliegenden Bericht des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz

wird ein Bezug der anzumietenden Räumlichkeiten Anfang Oktober 1999 möglich

sein.

 

Zu 16:

Der erforderliche Raumbedarf könnte nach dem mir vorliegenden Bericht durch

räumliche Ausgliederung in kleine Bezirksgerichte nicht befriedigt werden.

Zu 17 und 18:

Die österreichische Gerichtsorganisation weist - im Vergleich zu anderen Behörden -

strukturen - eine starke örtliche Aufsplitterung auf. Bundesweit bestehen mehr als

doppelt so viele Bezirksgerichte wie Bezirksverwaltungsbehörden, obwohl der Bür -

ger im Laufe seines Lebens ungleich häufiger eine Bezirksverwaltungsbehörde auf -

sucht als - wenn überhaupt jemals - ein Bezirksgericht. Mit Abstand am Ungünstig -

sten ist die Gerichtsorganisation in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg

und Steiermark, wo seit der Errichtung der Bezirksgerichte vor mehr als 130 Jahren

nur ganz wenige Zusammenlegungen erfolgt sind. Von den 16 Bezirksgerichten im

Bundesland Salzburg sind sieben (Abtenau, Gastein, Mittersill, St. Gilgen, Taxen -

bach, Thalgau und Werfen) so klein, dass ihr richterlich zu erledigender Rechtspre -

chungsanfall nicht einmal einen Richter zur Gänze auslastet. Bei drei Bezirksgerich -

ten (Oberndorf, Radstadt und Tamsweg) ist gerade die Auslastung eines Richters

gegeben, bei weiteren drei Bezirksgerichten (Neumarkt, Saalfelden und St. Johann)

liegt die Auslastung zwischen einem und zwei Richtern, bei zwei Bezirksgerichten

(Hallein und Zell am See) ist die Auslastung für zwei Richter gegeben. Nur das Be -

zirksgericht Salzburg zählt mit rund 21 ausgelasteten Richtern zu den größeren Be -

zirksgerichten im Bundesgebiet.

 

Im Vergleich dazu bestehen in allen unseren Nachbarstaaten auf der Ebene der Be -

zirks -  bzw. Amtsgerichte im Durchschnitt wesentlich größere Einheiten. So sind in

Bayern bei keinem Amtsgericht weniger als sieben Richter ausgelastet. Beispiels -

weise sind beim Amtsgericht Lauffen, das unmittelbar an der österreichischen Gren -

ze vis à vis von Oberndorf liegt, zwölf Richter tätig. Der Sprengel dieses Amtsgerich -

tes grenzt im Norden an die Bezirksgerichte Wildshut und Oberndorf und im Süden

an die Bezirksgerichte Saalfelden und Werten. Die österreichische Bezirksge -

richtsstruktur und insbesondere die im Bundesland Salzburg stellt daher im europäi -

schen Vergleich geradezu eine Anomalie dar.

 

Um der dezentralen Struktur der österreichischen Gerichtsorganisation entgegen zu

kommen, hat die Justiz in den letzten Jahren sehr weitgehende, bis an die Grenze

des Vertretbaren ausgedehnte Kompetenzverlagerungen von der Gerichtshofebene

zu den Bezirksgerichten sowohl im strafrechtlichen als auch im zivilrechtlichen Be -

reich veranlasst.

 

Gerade die soweit ausgedehnten und besonders sensible Lebensbereiche berüh -

renden Kompetenzen der Bezirksgerichte verlangen aber auch eine besondere Lei -

stungsstärke dieser Gerichtseinheiten. Dies erfordert - wie bei jedem Unternehmen -

nicht nur eine kompetente Führung durch managementorientierte Richterpersönlich -

keiten, gut aus -  und fortgebildete Mitarbeiter und eine moderne Büroausstattung,

sondern auch eine gewisse Mindestgröße des Bezirksgerichtes.

 

Nur eine gewisse Mindestgröße ermöglicht eine heute auch in der Rechtsprechung

notwendige, zumindest ansatzweise Spezialisierung (im Zivilrecht, Strafrecht, Fami -

lienrecht und in der Justizverwaltung), eine unkomplizierte wechselseitige Vertretung

im Verhinderungsfalle und das möglichst ständige Antreffen wenigstens eines Rich -

ters bei Gericht. Kleinstgerichte, deren richterlich zu erledigender Rechtsprechungs -

anfall nicht einmal die Arbeitskraft eines Richters auslastet, machen die Ernennung

des Richters zu einem zweiten Bezirksgericht erforderlich, was dazu führt, dass er

nur einzelne Tage in der Woche bei dem einen bzw. anderen Bezirksgericht anzu -

treffen ist, was naturgemäß den Kontakt zwischen den Rechtsuchenden und dem

Richter erschwert.

 

Schließlich ist auch zu bedenken, dass an den Standorten der Kleinstgerichte längst

keine Anwälte mehr niedergelassen sind, sodass anwaltliches Einschreiten dort für

die Bevölkerung mit erhöhten Kosten verbunden ist.

 

Die Verbesserung der Leistungskraft der Justiz auf der Bezirksgerichtsebene durch

Vergrößerung der kleinen Betriebseinheiten ist daher nicht durch weitere Kompe -

tenzverlagerungen, sondern nur durch eine Änderung der Bezirksgerichtsstruktur,

also eine maßvolle Zusammenlegung von Kleinst -  und Kleinbezirksgerichten mög -

lich. Dies wird dadurch erleichtert, dass sich die Verkehrsverhältnisse in den letzten

Jahrzehnten stark verbessert haben, ganz allgemein die Mobilität der Bevölkerung

ungleich höher als früher ist und dass schließlich das Grundbuch nunmehr von

überall abrufbar ist.

 

Auch der Rechnungshof hat sich in seinem Tätigkeitsbericht über das Jahr 1996

deutlich für eine - über die Absichten der Justiz hinausgehende - Konzentration auf

Bezirksgerichtsebene ausgesprochen. Für den Bereich des Oberlandesgerichts -

sprengels Linz hat er ermittelt, dass dadurch rund 4,5 Richterplanstellen und etwa

22,5 nichtrichterliche Planstellen personell angespannt ausgestatteten Gerichten zu -

gute kommen und damit zu einer größeren Verteilungsgerechtigkeit führen könnten.

Auch beim Sachaufwand und natürlich beim Bau -  und Instandhaltungsaufwand er -

gebe sich ein beachtliches Einsparungspotential. Auch diese Mittel könnten an an -

derer Stelle zweckmäßiger eingesetzt werden.

Im Bundesland Salzburg sollten daher - den Empfehlungen des Rechnungshofes

folgend - zumindest die allerkleinsten Gerichte, nämlich das Bezirksgericht Abtenau

mit dem Bezirksgericht Hallein, das Bezirksgericht Taxenbach mit dem Bezirksge -

richt Zell am See sowie die Bezirksgerichte St. Gilgen und Thalgau zusammenge -

legt werden.

 

Aus der Sicht des Bundesministeriums für Justiz könnten diese Gerichtszusammen -

legungen innerhalb kürzester Zeit erfolgen, wenn die dafür derzeit verfassungrecht -

lich notwendige Zustimmung der Salzburger Landesregierung erteilt wird. Die dazu

geführten Verhandlungen haben auf Grund der nach wie vor ablehnenden Haltung

der Salzburger Landesregierung bislang nicht zu der erforderlichen Zustimmung ge -

führt.