5836/AB XX.GP

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und

Genossen vom 23. April 1999, Nr. 6172/J, betreffend des ehemaligen Bankhauses

„M. Thorsch & Söhne“, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Herr Lorentz Gudenus und seine Frau, geborene Hartig, Urenkelin des damaligen

Konzessionsinhabers Alphons Thorsch, sprachen seit Februar 1998 mehrmals im Bundes -

ministerium für Finanzen in der Angelegenheit Rückstellung der Bankkonzession des Bank -

hauses Thorsch vor. Hiebei wurde ihnen Gelegenheit gegeben, in die noch vorhandenen

bezughabenden Akten, Abschriften und Kopien Einsicht zu nehmen bzw. wurden letztere

ausgehändigt. Dies umfaßte auch die Beschaffung von Akten aus dem österreichischem

Staatsarchiv. Insoweit hatten die betroffenen Erben bzw. Familienangehörigen Gelegenheit,

das dem Bundesministerium für Finanzen bekannte Material aufzuarbeiten.

 

Eine darüber hinausgehende Aufarbeitung von möglicherweise noch vorhandenen Unter -

lagen betreffend ehemalige Banken der Zwischenkriegszeit, fällt nicht in den Aufgabenbe -

reich meines Ressorts.

 

Zu 2. bis 6.:

Soweit den noch vorhandenen Akten zu entnehmen ist, wurde mit rechtskräftiger Ent -

scheidung des Bundesministeriums für Finanzen vom 9. Februar 1955, Zl. 202.121 - 34/1955,

der Antrag auf Rückstellung der Firma M. Thorsch & Söhne samt dazugehöriger Gewerbe -

berechtigung, Bankkonzession, Geschäftsräumlichkeiten und verschiedener zur Verlassen -

schaft der Ehegatten Thorsch gehörender Vermögenswerte abgewiesen.

 

Die Rechtsnachfolge nach Dr. Alphons Thorsch ist bisher dem Bundesministerium für

Finanzen gegenüber nicht so nachgewiesen worden, daß berechtigte Erben erkannt werden

könnten. Denn obwohl die Ehegatten Thorsch fünf Töchter hatten, bestimmte Dr. Alphons

Thorsch in seinem Testament die Barclays Trust Company of Canada in Montreal zur Erbin

und setzte seinen Töchtern Fruchtgenußrechte aus. Im Zuge der vom Bezirksgericht Innere

Stadt Wien abgeführten Verlassenschaftsabhandlung nach Dr. Thorsch wurde dessen in -

ländischer Nachlaß dem Trust eingeantwortet. Dieser wurde in der Zwischenzeit aufgelöst,

sodaß er nicht mehr vorhanden ist. Es müssen also Berechtigte ihre Ansprüche gegenüber

dem Bundesministerium für Finanzen nachweisen, wobei anzumerken ist, daß der Oberste

Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 9. Oktober 1991,1 Ob 585/91 angenommen hat,

daß die als behauptete Rechtsnachfolger nach Dr. Thorsch einschreitenden Personen dazu

keine Legitimation hatten.

 

In der jüngeren Vergangenheit wurde mein Ressort im Februar 1998 neuerlich mit Fragen

des Bankhauses M. Thorsch & Söhne und dem damit in Zusammenhang stehenden An -

liegen auf Rückstellung bzw. Wiederbelebung der Bankkonzession dieses Institutes befaßt.

Auf den historischen Hintergrund des Bankhauses M. Thorsch & Söhne möchte ich hier

nicht näher eingehen, dieser ist in dem in der Anfrage zitierten Buch des Hubertus Czernin,

„Die Auslöschung, der Fall Thorsch“, ausführlich dargestellt.

 

Mit der Teilnahme Österreichs am Europäischen Wirtschaftsraum ab 1. Jänner 1994 (und in

Folge der EU - Mitgliedschaft ab 1. Jänner 1995) hat Österreich die bankrechtlichen Vor -

schriften der Europäischen Union übernommen. Die Richtlinien der Europäischen Union und

somit auch das Bankwesengesetz (BWG, BGBl. Nr.532/1993 idgF.) kennen nicht die

„ruhende konzession“. Wird der Bankbetrieb sechs Monate nicht ausgeübt, kann das

Bundesministerium für Finanzen gemäß § 6 BWG die Konzession zurücknehmen. Dessen

ungeachtet sind bei aufrechter Konzession die Melde - und Berichtserfordernisse auch dann

einzuhalten, wenn das Kreditinstitut nicht operativ tätig ist. Eine aufrechte Bankkonzession

bedarf somit einer Grundorganisation (z.B. notwendiges Anfangskapital, Vorhandensein

zumindest zweier persönlich und fachlich qualifizierter Geschäftsleiter, EDV, Meldewesen,

interne und externe kontrollverfahren), die Fixkosten entstehen läßt, die ohne aktiven Ge -

schäftsbetrieb nicht tragbar erscheinen.

Auch konnte ein Einzelunternehmen bereits nach den Bestimmungen des Kreditwesen -

gesetzes 1979 (KWG) nach Ablauf einer Übergangsfrist nicht weitergeführt werden und

mußte zumindest in eine Personenhandelsgesellschaft übergeführt werden. Nach den Be -

stimmungen des BWG kann eine neue Bank nur mehr in der Rechtsform einer Kapitalge -

sellschaft, einer Genossenschaft oder einer Sparkasse gegründet werden; selbst die Grün -

dung einer Personenhandelsgesellschaft ist nach geltendem Recht nicht möglich.

 

Der "Übergang der Konzession“ an einen Dritten ist nur durch Wechsel der Eigentümer des

Kreditinstitutes möglich. Hiebei kommen wesentliche Elemente des Verfahrens einer Neuer -

teilung der Konzession zur Anwendung.

 

Ich erachte es daher für zielführend, bei konkreter Absicht des Betriebes von Bankge -

schäften im Sinne des § 1 BWG unter Vorlage von Unterlagen gemäß den §§ 4 und 5 BWG

- hier werden die Konzessionserfordernisse geregelt - an das Bundesministerium für

Finanzen heranzutreten. Erste Gespräche in diese Richtung haben in der für Konzessionser -

teilungen zuständigen Abteilung bereits stattgefunden. Die Einhaltung der gesetzlichen Er -

fordernisse vorausgesetzt, steht man einem derartigen Anliegen grundsätzlich nicht ab -

lehnend gegenüber.

 

Inwieweit eine aufrechte Bankkonzession die Erben der Familie Thorsch berechtigen würde,

im Ausland Ansprüche auf das Vermögen des ehemaligen Bankhauses M. Thorsch & Söhne

geltend zu machen, kann ich nicht beurteilen.