5851/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Manfred Lackner und Genossen haben an mich ei -
ne schriftliche Anfrage, betreffend „die Tätigkeit von Sachwaltern", gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
In Österreich sind derzeit insgesamt für 34.804 Personen Sachwalter nach § 273
ABGB bestellt. Davon haben 1.005 Personen einen Sachwalter zur Besorgung einzel -
ner Angelegenheiten, 11.012 Personen einen Sachwalter zur Besorgung eines be -
stimmten Kreises von Angelegenheiten und 22.787 Personen einen Sachwalter zur
Besorgung aller Angelegenheiten. In 21.978 Fällen wurden den Betroffenen naheste -
hende Personen, in 6.616 Fällen Angehörige von Rechtsberufen und in 6.210 Fällen
von einem geeigneten Verein namhaft gemachte Personen zum Sachwalter bestellt.
Zu 3:
Bis heute wurden vier Vereine gemäß § 1 Vereinssachwalter - und Patientenanwaltsge -
setz, BGBl. Nr.158/1990, anerkannt und zwar:
a) Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft
1200 Wien, Forsthausgasse 16 - 20
Verordnung des Bundesministeriums für Justiz vom 16.11.1990,
BGBl. Nr.704/1990
b) Niederösterreichischer Landesverein für Sachwalterschaft
3100 St. Pölten, Josefsstraße 5
Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 16.11.1990,
BGBl. Nr.704/1990
c) Institut für Sozialdienste (lfS) - Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft
9800 Bregenz, Schadlerstraße 10
Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 16.11.1990,
BGBl. Nr.704/1990
d) Salzburger Hilfswerk -Verein für Sachwalterschaft
5800 St. Johann/Pongau, Hauptstraße 91d
Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 30.12.1993,
BGBI. Nr.952/1993
Zu 4:
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass mit der Schaffung des Bundesgesetzes über die
Sachwalterschaft für behinderte Personen, BGBl. Nr. 136/1983, sowie des Bundesge -
setzes über die Unterbringung psychisch Kranker in Krankenanstalten, BGBl. Nr.
155/1990, und des Bundesgesetzes über Vereine zur Namhaftmachung von Sachwal -
tern und Patientenanwälten, BGBl. Nr. 156/1990, gegenüber der früher geltenden Ent -
mündigungsordnung bedeutende und sich in der Praxis überaus bewährende Verbes -
serungen für psychisch kranke und geistig behinderte Menschen erreicht werden konn -
ten.
Dem Bundesministerium für Justiz ist aber bekannt, dass ein wesentliches Problem bei
der Vollziehung des Sachwalterschaftsrechts das - im Verhältnis zum Bedarf - zu ge -
ringe Angebot an geeigneten Sachwaltern darstellt. Nach den Erfahrungen der Gerich -
te sind die gemäß § 281 Abs. 1 ABGB primär berufenen, einem Betroffenen naheste -
henden Personen aus unterschiedlichen Gründen nicht in ausreichender Anzahl bereit
oder geeignet, eine Sachwalterschaft zu übernehmen. Die bestehenden Sachwalter -
vereine sind der Auffassung, zumindest was ihre hauptberuflichen Mitarbeiter angeht,
an die Grenzen ihrer personellen und finanziellen Kapazitäten gelangt zu sein.
Die Praxis hat zudem gezeigt, dass die geltenden Regelungen des Sachwalterrechts in
Einzelfällen für die Gerichte zu wenig flexible Reaktionsmöglichkeiten auf geänderte
Verhältnisse zum jeweiligen Wirkungskreis einer bestehenden Sachwalterschaft bie -
ten. Derzeit erfordern auch geringfügige Änderungen im Wirkungsbereich eines Sach -
walters die neuerliche Durchführung eines gesamten Sachwalterbestellungsverfah -
rens, was sich nicht zuletzt gerade auf die behinderte Person selbst sehr belastend
auswirken kann.
Zu 5:
Ich halte vor allem die gerichtliche Überprüfung von Maßnahmen der Personensorge,
besonders im Bereich der Beschränkung wichtiger Persönlichkeitsrechte, für rege -
lungsbedürftig. Die diesbezüglich
vorhandenen Bestimmungen sind - nicht zuletzt auch
im Verhältnis zu den die Kontrolle von Vermögensangelegenheiten regelnden Rechts -
vorschriften - nicht zufriedenstellend. Den Gerichten stehen zür Überprüfung von Maß -
nahmen der Personensorge zwar Regelungen zur Verfügung, die im Sinn heutiger ver -
fassungsrechtlicher Standards angewandt und umgesetzt werden können, doch ist das
Bundesministerium für Justiz bemüht, in wiederholten und intensiven Gesprächen vor
allem auch mit Praktikern zeitgemäße und den Bedürfnissen behinderter Menschen
angepasste Regelungen zu erarbeiten.
Bei legislativen Schritten stellt sich freilich das Problem, dass Erhöhungen des Schutz -
standards voraussichtlich zu Kostensteigerungen, und zwar sowohl im Bereich der Ju -
stiz, der Vereinssachwalterschaften als auch der Betreuungseinrichtungen führen wer -
den.
Zu 6:
Nach meinem Informationsstand sind gegen (ehemalige) Vereinssachwalter keine Ver -
fahren wegen Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht gerichtsanhängig.
Da die Einbringung einer Schadenersatzklage gegen einen Sachwalter wegen Verlet -
zung seiner Sorgfaltspflichten dem Bundesministerium für Justiz nicht berichtspflichtig
ist, stehen mir für Sachwalter außerhalb der Vereinssachwalterschaft keine konkreten
Informationsquellen zur Verfügung. Erhebungen wären nur mit einem unvertretbaren
Verwaltungsaufwand möglich, sodass ich um Verständnis bitte, dass ich insoweit die
Frage nicht exakt beantworten kann. Ich meine aber, dass derartige Verfahren überaus
selten sind.
Zu 7:
Nein.
Zu 8:
Ich halte Antragsrechte Außenstehender auf Bestellung eines Sachwalters nicht für
sinnvoll. Die Beseitigung der in der Entmündigungsordnung aus dem Jahr 1916 vorge -
sehenen Antragsrechte naher Angehöriger und des Staatsanwalts auf Entmündigung
einer behinderten Person durch das Bundesgesetz über die Sachwalterschaft für be -
hinderte Personen, BGBl. Nr. 136/1983, hat sich meines Erachtens nach durchaus be -
währt. So darf etwa nicht übersehen werden, dass die Einbringung eines Antrags auf
Bestellung eines Sachwalters durch einen nahen Angehörigen nach den Erfahrungen
in der Praxis geeignet sein kann, Unfrieden in
familiäre Verhältnisse hineinzutragen.
Zu 9:
Das Bundesministerium für Justiz bereitet eine Novelle auf dem Gebiet des Sachwal -
terschaftsrechts vor. Diesbezüglich verweise ich zunächst auf meine Antworten zu den
Fragen 4 und 5.
Darüber hinaus plane ich auch legislative Schritte zur Regelung der zivilrechtlichen
Verhältnisse zwischen den Bewohnern und den Trägern von Heimen und ähnlichen
Betreuungseinrichtungen.
Ziel der Neuregelungen wird es unter anderem sein, eine bessere gerichtliche Überwa -
chung der Vertretungshandlungen des Sachwalters im Bereich der Personensorge zu
erreichen. Darüber hinaus sollen Verfahrenserleichterungen im Fall der Beendigung,
Einschränkung oder Erweiterung der Sachwalterschaft geschaffen werden. Ein weite -
res Reformbemühen gilt schließlich der maßvollen Zurückdrängung des Anwendungs -
bereichs der Sachwalterschaft; in Verwertung und Umsetzung der bisherigen Erfahrun -
gen soll es durch klarstellende neuere Regelungen noch besser als bislang gelingen,
die Sachwalterschaft auf jene Fälle einzuschränken, in denen sie tatsächlich erforder -
lich ist.