598/AB

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 562/J betreffend "Irreführende Werbung (UWG-Novelle)", welche die Abgeordneten Mag.  Johann Maier und Genossen am 7.5.1996 an mich richteten und aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich fest:

 

Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:

 

Die Richtlinie des Rates vom 10.9.1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (84/450/EWG) ist durch das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG, BGBl.  Nr. 448/1984, idF des BGBl.  Nr. 227/1993, umgesetzt.

 

Art. 4 der Richtlinie bestimmt, daß Personen oder Organisationen, die nach dem nationalen Recht ein berechtigtes Interesse an der Verhinderung irreführender Werbung haben, eine entsprechende Klagsbefugnis eingeräumt werden muß.

 

Gemäß § 14 UWG ist u.a. der Bundesarbeitskammer, einer Organisation, die gemäß § 4 Abs. 2 Z 5 des Arbeiterkammergesetzes u. a. zur Wahrnehmung von Interessen des Konsumentenschutzes berufen ist, die Aktivlegitimation eingeräumt.  Damit erscheint dem Art. 4 der Richtlinie ausreichend entsprochen.

Art. 6 bestimmt, daß die Mitgliedstaaten z.B. den Gerichten Befugnisse zu übertragen haben, die sie ermächtigen, in Verfahren wegen irreführender Werbung gemäß Art. 4 der gegenständlichen Richtlinie vor den Zivilgerichten

 

a)       vom Werbenden Beweis für die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu verlangen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Inter­essen des Werbenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles angemessen erscheint, und

 

b)      Tatsachenbehauptungen als unrichtig anzusehen, wenn der gemäß Buchstabe a) verlangte Beweis nicht angetreten wird oder wenn er von dem Gericht für unzureichend erachtet wird.

 

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 2 UWG in zahlreichen Fällen eine Beweislastumkehr vorgenommen und hat ausgesprochen, daß dann, wenn der Beklagte seiner in diesen Fäl­len bestehenden Beweispflicht nicht nachgekommen ist, das Gericht von der Unrichtigkeit der beanstandeten Angabe ausgehen kann (vgl. beil.  Entscheidungen des OGH: 8.2.1977, ÖBl 1977, 71; 19.9.1994, WB1. 1995, 67; 31.1.1995, WB1. 1995, 250).

 

In der zuletzt zitierten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof anläßlich der Beurteilung der Frage der Beweislast für die Unrichtigkeit einer Werbeaussage u.a. folgendes ausgeführt: "Die Beweislast für die Unrichtigkeit einer Werbeaussage trifft grundsätzlich den Kläger.  Wenn der Kläger jedoch mangels genauer Kenntnisse der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben, hat der Beklagte ­nicht nur bei der Alleinstellungswerbung - die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen.  Diese Rechtsprechung steht mit Art. 6 lit. a der Richtlinie des Rates vom 10.9.1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (84/450/EWG) im Einklang."

Damit erscheint die entsprechende Umsetzung durch die jahrelange ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 2 UWG gewährleistet, sodaß im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richt­linie betreffend irreführende Werbung im Hinblick auf Art. 6 kein weiterer Anpassungsbedarf des UWG besteht.

 

Antwort zu den Punkten 3 und 4 der Anfrage:

 

Zunächst wird darauf hingewiesen, daß die federführende Zuständigkeit zur Vertretung Österreichs in dieser Angelegenheit bei der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz liegt, die daher die österreichische Auffassung im EU-Ministerrat vertritt.

 

Darüber hinaus wird festgehalten, daß die Diskussionen über eine Änderung der RL 84/450/EWG über irreführende Werbung - basierend auf einem aus dem Jahr 1991 stammenden Richtlinienvorschlag über vergleichende Werbung - im September 1995 unter spanischem Vorsitz in der Ratsarbeitsgruppe "Schutz und Information der Verbraucher" fortgesetzt wurden.  Zu diesem Zeitpunkt bestanden grundsätzliche Vorbehalte von drei Mitgliedstaaten (Belgien, Luxemburg, Deutschland) gegen den Richtlinienvorschlag, und die Mehrheit der Delegationen - darunter auch Österreich - hatte sich aufgrund der bestehenden Auffassungsunterschiede auf der vorangegangenen Sitzung dafür ausgesprochen, die Beratungen in diesem Stadium nicht fortzusetzen.

Der Text des Vorschlages wurde dennoch im Hinblick auf den für 9.11.1995 anberaumten Verbraucherministerrat in Behandlung genommen.

Von seiten Belgiens, Luxemburgs und vor allem Deutschlands wurde die grundsätzliche Ablehnung auch in der folgenden Diskussion im COREPER am 4.10.1995 bekräftigt.  Die österreichische Vertretung hat sich in dieser Sitzung der Meinung Großbritanniens und Frank­reichs angeschlossen, daß gegen den Vorschlag keine grundlegenden Bedenken bestanden, dieser jedoch auch keine Priorität genieße.

Nach einer weiteren Behandlung im COREPER am 25.10.1995 wurde der geänderte Vorschlag für eine RL des Europäischen Parlaments und des Rates über vergleichende Werbung an den Rat zur Entscheidung weitergeleitet und für den Verbraucherministerrat am 9.11.1995 auf die Tagesordnung genommen.

Die innerstaatliche Koordination auch zu diesem Thema erfolgte aufgrund der thematischen Ansiedlung im Bereich "Konsumentenschutz" im Rahmen der Vorbereitung des Verbraucherministerrates durch eine interministerielle Besprechung im Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz.

Von seiten der Österreichischen Vertreterin.' Frau BM Dr. Christa Krammer, wurden im Verbraucherministerrat am 9.11.1995 keine Bedenken gegen den Richtlinienvorschlag vorgebracht, dieser jedoch auch nicht aktiv unterstützt.

Der Rat erzielte in Folge mit qualifizierter Mehrheit - bei Gegenstimmen der deutschen, finnischen und der schwedischen Delegation - politisches Einvernehmen über den gemeinsamen Standpunkt zur vergleichenden Werbung.  Eine endgültige Festlegung des Textes ist noch nicht abgeschlossen, sodaß bislang auch keine formelle Annahme im Ministerrat erfolgt ist.  Nach Annahme des gemeinsamen Standpunktes wird diese im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens dem Europäischen Parlament zugeleitet.

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Durch den neuen Richtlinienvorschlag wurden Detailbestimmungen über vergleichende Werbung in die bestehenden Regelungen der RL 84/450/EWG über irreführende Werbung integriert.  Diese in Aus­sicht genommenen Ergänzungen bewirken jedoch keine Änderung der grundlegenden Bestimmungen, daß Personen oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse am Verbot irreführender oder vergleichender Werbung haben, die Möglichkeit eingeräumt werden soll, gerichtlich gegen eine solche Werbung vorzugehen und/oder eine solche Werbung vor eine Verwaltungsbehörde zu bringen, die zuständig ist, über Beschwerden zu entscheiden oder geeignete gerichtliche Schritte einzuleiten.

 

Eine Verpflichtung des nationalen Gesetzgebers, Einzelpersonen in jedem Fall eine Klagslegitimation einzuräumen, ist daher auch nach der geänderten Rechtslage nicht gegeben.

 

Die Konsumenteninteressen werden daher auch im Hinblick auf den geänderten Text richtlinienkonform durch die bereits bestehenden Klagsberechtigungen nach § 14 UWG U.a. auch für die Bundesarbeitskammer, berücksichtigt.

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Angesichts der rasanten Entwicklung der sogenannten Neuen Medien wird es für die Zukunftt eingehender Untersuchungen, insbesondere auch im Rahmen der Gemeinschaft bedürfen, um beurteilen zu kön­nen, ob mit dem derzeitigen Regelungsinstrumentarium diesbezüglich das Auslangen gefunden werden kann.

 

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