6038/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 20. Mai 1999
unter der Nr. 6356/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
"Einrichtung eines Menschenrechtsbeirates" gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Der Vorschlag, einen Menschenrechtsbeirat als unabhängiges Gremium zur Überprüfung und
Beobachtung der Tätigkeit der Sicherheitsbehörden unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der
Menschenrechte einzurichten, war bereits in der dem Nationalrat seit Oktober 1998
vorgelegenen Regierungsvorlage einer Sicherheitspolizeigesetz - Novelle 1998 (1479 der
Beilagen zu den Sten.Prot. XX.GP) enthalten.
Auf die Notwendigkeit von raschen Verbesserungen im Menschenrechtsbereich habe ich
zuletzt - nicht nur als Reaktion auf den Tod eines Menschen während seiner Abschiebung -
vielfach öffentlich hingewiesen. Um rechtzeitig eine noch intensivere Auseinandersetzung der
Sicherheitsexekutive mit den Menschenrechten und eine laufende Überprüfung der exekutiven
Tätigkeit aus dem Blickwinkel der Menschenrechte zu sichern, habe ich die Schaffung der
gesetzlichen Regelung zur Einrichtung des Menschenrechtsbeirates nicht abwarten wollen,
sondern die Menschenrechtsbeirat - Verordnung, BGBI. II Nr. 202/1999, erlassen. Den Text
dieser Verordnung habe ich sämtlichen Fraktionen des Nationalrates bereits vor dessen
Publikation im Bundesgesetzblatt zugeleitet.
Wie ich in der Sondersitzung des Nationalrates vom 10. Mai 1999 ausgeführt habe, sehe ich
meine politische Aufgabe und moralische Verpflichtung auch darin, alles in meiner Macht
Stehende zu tun, rasch geeignete Maßnahmen zu setzen, die nicht nur helfen, die Umstände
dieses Falles vollständig aufzuklären, sondern auch eine Wiederholung zu verhindern.
Nach Inkrafttreten der Verordnung wurden daher am 5. Juli 1999 die Mitglieder und
Ersatzmitglieder des Menschenrechtsbeirates für die erste Funktionsperiode von drei Jahren
bestellt; der Beirat hat sich noch am selben Tag konstituiert. Mit Schreiben vom 9. Juli 1999
habe ich den Menschenrechtsbeirat ersucht, die im Zusammenhang mit dem Tode des Marcus
Omofuma gegen die Sicherheitsexekutive erhobenen Vorwürfe unter dem Gesichtspunkt der
Wahrung der Menschenrechte zu überprüfen. Die Empfehlungen samt deren Begründung, die
der Menschenrechtsbeirat im Zusammenhang mit dieser Überprüfung erstattet, sowie eine
Darstellung der in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen, werden jedenfalls im
Sicherheitsbericht veröffentlicht werden.
Diese Verordnung kann freilich nur als Zwischenstufe bis zum Inkrafttreten der vom
Nationalrat am 16. Juli 1999 beschlossenen SPG - Novelle 1999 gesehen werden. Die nunmehr
getroffene Regelung (§§ 15a ff) spiegelt die mittlerweile in dieser Frage geführte Diskussion
wieder und geht dabei über den Vorschlag des European Committee for the Prevention of
Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) in doppelter Hinsicht
hinaus: Zum einen wird die Tätigkeit des Menschenrechtsbeirates inhaltlich nicht auf die
Prüfung der Situation angehaltener Menschen unter dem Aspekt ihrer menschenwürdigen
Behandlung (Art. 3 EMRK) beschränkt sein, sondern - nach vom Beirat festgelegten
Prioritäten - alle Aspekte der Menschenrechte im Kontext der gesamten Tätigkeit der
Sicherheitsexekutive umfassen können.
Zum anderen ist der Menschenrechtsbeirat nicht auf die Funktion beschränkt, Kontrollen
durchzuführen und Mißstände aufzuzeigen, sondern wird darüber hinaus eine inhaltlich -
konzeptive Arbeit entfalten, um mir auf Grundlage dieser Arbeit Verbesserungsvorschläge
erstatten zu können, die sowohl Aspekte der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben als auch
organisatorische Rahmenbedingungen der Tätigkeit der Sicherheitsexekutive aus der Sicht der
Menschenrechte betreffen werden.
Die nunmehr für den Menschenrechtsbeirat maßgeblichen Bestimmungen, die §§ 15a bis c und
93 Abs. 2 des Sicherheitspolizeigesetzes in der Fassung der SPG - Novelle 1999 lauten:
§ 15a. (Verfassungsbestimmung) (1) Der Bundesminister für Inneres wird in Fragen der
Wahrung der Menschenrechte vom Menschenrechtsbeirat beraten. Hiezu obliegt es dem
Menschenrechtsbeirat, die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden, der sonst dem
Bundesminister für Inneres nachgeordneten Behörden und der zur Ausübung unmittelbarer
verwaltungsbehördlicher Befehls - und Zwangsgewalt ermächtigten Organe unter dem
Gesichtspunkt der Wahrung der Menschenrechte zu beobachten und begleitend zu
überprüfen. Der Menschenrechtsbeirat wird hiezu aus eigenem oder über Ersuchen des
Bundesministers für Inneres tätig und hat diesem Verbesserungen vorzuschlagen.
(2) Dem Menschenrechtsbeirat gehören elf Mitglieder und ebenso viele Ersatzmitglieder
an, die bei Besorgung ihrer Aufgaben an keine Weisungen gebunden sind. Für die
Vorsitzende oder den Vorsitzenden und den Vertreter oder die Vertreterin des oder der
Vorsitzenden kommt dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes das Vorschlagsrecht
zu; sie sind aus dem Kreis der Mitglieder des Verfassungs - und Verwaltungsgerichtshofs
sowie jener Menschen auszuwählen, denen an einer österreichischen Universität die
Lehrbefugnis für Verfassungsrecht zukommt.
§ 15b. (1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Menschenrechtsbeirates werden mit deren
Zustimmung vom Bundesminister für Inneres für eine Funktionsperiode von drei Jahren
bestellt, sie üben ihre Funktion ehrenamtlich aus. Diese endet durch Ablauf der
Funktionsperiode, durch Abberufung seitens des Bundesministers für Inneres oder durch
Verzicht oder Tod des Mitglieds.
(2) Für je ein Mitglied und Ersatzmitglied kommt dem Bundeskanzler und dem Bundesminister
für Justiz, für je ein Mitglied und Ersatzmitglied kommt jeweils einer von fünf vom
Bundesminister für Inneres bestimmten privaten gemeinnützigen Einrichtungen, die sich der
Wahrung der Menschenrechte widmen, das
Vorschlagsrecht zu; die Abberufung dieser
Mitglieder und Ersatzmitglieder sowie der oder des Vorsitzenden und des Vertreters oder der
Vertreterin des oder der Vorsitzenden erfolgt schriftlich und begründet.
§ 15c. (1) Der Menschenrechtsbeirat ist ermächtigt, jede Dienststelle der Sicherheitsexekutive
und jeden Ort der Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls - und Zwangsgewalt durch die
Sicherheitsexekutive durch eine Delegation oder eine Kommission zu besuchen. Die
begleitende Überprüfung der Anhaltung von Menschen an Dienststellen der
Sicherheitsexekutive erfolgt durch Kommissionen; diese sind nach regionalen Gesichtspunkten
in solcher Anzahl einzurichten, daß die Aufgabenerfüllung gewährleistet ist.
(2) Eine Delegation besteht aus vom Beirat bestimmten und nicht vertretbaren Mitgliedern
oder Ersatzmitgliedern. Eine Kommission besteht aus Experten unter der Leitung einer auf
dem Gebiet der Menschenrechte anerkannten Persönlichkeit, die vom Beirat beigezogen und
im voraus oder aus bestimmtem Anlaß benannt worden sind. Experten, die der
Sicherheitsexekutive angehören, sind als Mitglieder solcher Kommissionen ausgeschlossen, die
Dienststellen der Sicherheitsexekutive besuchen sollen, an denen Menschen angehalten werden
können.
(3) Die Mitglieder des Menschenrechtsbeirates und die beigezogenen Experten unterliegen der
Verpflichtung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses und sind nicht verpflichtet, die Identität
einer Auskunftsperson preiszugeben oder gerichtlich strafbares Verhalten anzuzeigen.
(4) Die Sicherheitsexekutive ist verpflichtet, den Menschenrechtsbeirat bei seiner Tätigkeit zu
unterstützen. Der Leiter einer besuchten Dienststelle ist verpflichtet, Einsicht in Unterlagen zu
gewähren und Auskünfte zu erteilen und unterliegt hiebei nicht der Verpflichtung zur Wahrung
des Amtsgeheimnisses. Außerdem hat er der Delegation oder Kommission Zutritt zu
sämtlichen Räumlichkeiten zu gewähren und dem Wunsch der Delegation oder Kommission
nach Kontakt mit bestimmten Angehaltenen ohne Anwesenheit Dritter zu entsprechen.
(5) Zur Bewältigung der Aufgaben stellt der Bundesminister für Inneres dem
Menschenrechtsbeirat die notwendigen Mittel
zur Verfügung.
(6) Der Bundesminister für Inneres hat nach Anhörung des Beirates mit Verordnung eine
Geschäftsordnung des Menschenrechtsbeirates zu erlassen und hiebei vorzusehen, daß bei
Stimmengleichheit dem Vorsitz die entscheidende Stimme zukommt; im übrigen regelt die
Geschäftsordnung insbesondere die Einberufung, den Ablauf und die Protokollierung von
Sitzungen, die Willensbildung bei der Erstattung von Empfehlungen, die Kriterien für das
Vorliegen einer qualifizierten Mindermeinung und die Durchführung von Besuchen bei
Dienststellen durch Delegationen und Kommissionen.
§ 93 (1) ....
(2)...
Schließlich enthält der Sicherheitsbericht die in diesem Jahr vom Menschenrechtsbeirat
erstatteten Empfehlungen samt den zugehörigen qualifizierten Mindermeinungen und den in
diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen.
Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Ich verweise auf die Einleitung.
Zu den Fragen 2 und 4:
Ich verweise auf die in der Einleitung wiedergegebenen §§ 15a Abs. 1 und 15c Abs. 1 SPG in
der Fassung der vom Nationalrat am 16. Juli 1999 beschlossenen SPG - Novelle 1999.
Zur Frage 3:
Ich verweise auf die in der Einleitung wiedergegebenen §§ 15b Abs. 1 sowie 15c Abs. 1 und 5
SPG in der Fassung der vom Nationalrat am 16. Juli 1999 beschlossenen SPG - Novelle 1999.
Derzeit verfügt der Menschenrechtsbeirat über eine Geschäftsstelle, die mit zwei
Mitarbeiterinnen besetzt ist. Dabei handelt es sich selbstverständlich nicht um den
"Endausbau"; dieser soll jedoch
entsprechend den sich aus dem Gesetz (§ 15c) ergebenden
Anforderungen im Einvernehmen mit dem Menschenrechtsbeirat sowie im Rahmen der
budgetären Möglichkeiten verwirklicht werden.
Zu Frage 5:
Ich verweise auf den in der Einleitung wiedergegebenen § 1 Sb SPG in der Fassung der vom
Nationalrat am 16. Juli 1999 beschlossenen SPG - Novelle 1999.
Zu Frage 6:
Ich verweise auf den in der Einleitung wiedergegebenen § 15a Abs. 1 SPG in der Fassung der
vom Nationalrat am 16. Juli 1999 beschlossenen SPG - Novelle 1999.
Zu Frage 7:
Die oben wiedergegebene Struktur des Menschenrechtsbeirates und seiner Kommissionen
bedarf zu ihrer Verwirklichung selbstverständlich budgetärer Vorsorge. Diese wird im Rahmen
des Budgets für das Jahr 2000 getroffen werden; die noch heuer benötigten Mittel stehen
jedenfalls zur Verfügung. Im übrigen verweise ich auf § 4 Abs. 2 und 3 der
Menschenrechtsbeirats - Verordnung, BGBl II Nr. 202/1999.