6261/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6625/J - NR/1999, betreffend einheitliches Flugsi -
cherungssystem in Europa, die die Abgeordneten Dr. König und Kollegen am 15. Juli 1999 an
mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1:
Ich teile die Auffassung, dass ein einheitliches Flugsicherungssystem einen wesentlichen Anteil
an der Effizienz - und Sicherheitssteigerung der Luftfahrt in Europa bilden würde. Ich verstehe
hierbei Flugsicherungssystem in einem weiteren Kontext, welches neben technisch identen bzw.
kompatiblen Flugsicherungseinrichtungen sich auch auf einheitliche operationelle Verfahren
(insbesondere im Zusammenspiel mit der jeweiligen militärischen Luftfahrt), einheitliche
Qualifikation des Luftfahrtpersonals und der einheitlichen Umsetzung und Einhaltung hierzu
vorgegebener Standards stützt. Vereinheitlichung sollte sich auch hierbei nicht nur im Bereich
Flugsicherungseinheiten beschränken, sondern alle Luftfahrtteilnehmer umfassen. In diesem
Zusammenhang möchte ich auch festhalten, daß in den vergangenen Monaten die eingeschränk -
te Benutzbarkeit des europäischen Luftraumes durch die NATO Operationen von/nach Kosovo
zu einem Drittel für die Verspätungen verantwortlich zu machen ist und somit teilweise eine
graduelle Entspannung der Situation erwartet
werden kann.
Zu den Fragen 2 und 3:
Die Schwierigkeiten in der Realisierung einer Vereinheitlichung der Flugsicherung liegen vor
allem in der Tatsache begründet, dass sich Luftfahrt und somit Flugsicherung in nahezu aus -
schließlicher Staatenkompetenz befindet und somit der jeweilige Staat die letztendliche Ent -
scheidung hinsichtlich der Umsetzung von „europaweiten Flugsicherungsplänen“, wie sie von
der Europäischen Organisation für die Sicherheit der Luftfahrt - EUROCONTROL erstellt
werden, trifft. Österreich als Mitglied der EU (und der EUROCONTROL) sowie die anderen
Mitgliedstaaten haben erst in Teilbereichen Kompetenzen im Bereich der Luftfahrt an die
Gemeinschaft abgegeben, so dass die Vereinheitlichung der europäischen Flugsicherung erst am
Anfang steht. Es ist jedoch zu erwarten, dass durch den Beitritt der EG zur EUROCONTROL
eine Verbesserung in der gegenwärtigen Situation erwartet werden kann. Unbeschadet meiner
Bereitschaft zur Mitarbeit bei der Verbesserung der gegenwärtigen Situation kann erwartet
werden, dass die neue EU Kommissarin eigeninitiativ das Problem der Verspätungen im
europäischen Luftraum aufgreifen wird. Ich darf hierzu berichten, dass der neue Kommissions -
präsident Prodi in seiner Rede vor dem europäischen Parlament im Juni 1999 bereits erkennen
ließ, dass die Verspätungssituation einen hohen Prioritätsgrad seiner unmittelbaren Bemühun -
gen bilden wird.
Zu Frage 4:
In Europa ein einheitliches, gemeinsames Flugsicherungssystem herzustellen, halte ich für
politisch nicht machbar und für wenig zweckmäßig, da die europäischen Verhältnisse mit denen
in den USA nicht vergleichbar sind (im zentraleuropäischen Raum ist der Flugverkehr wesent -
lich dichter als in den USA; der Ausfall einer einzigen Flugsicherungszentrale würde den
Flugverkehr gefährden etc.). Ziel könnte daher sein, regionale Flugsicherungszentralen auf -
zubauen, so dass der obere Luftraum mehrerer Staaten sinnvoll zusammengefasst würde.
Ich sehe die Möglichkeit einer graduellen Ausdehnung der Vereinheitlichung als mögliche und
teilweise bereits praktizierte Variante. Seitens EUROCONTROL wurde bereits zu Beginn der
90er Jahre ein Plan zur Harmonisierung der europäischen Flugsicherungen im technischen und
operationellen Bereich erstellt, welcher bis
1998 einer Umsetzung zugeführt sein sollte. Öster -
reich ist hierbei seiner Verpflichtung nachgekommen, gesamteuropäisch wurden erst ca. 65 %
des Planes realisiert. Aufbauend auf diesem Plan obliegt es nunmehr dem jeweiligen Staat, eine
weiterreichende Zusammenarbeit im Bereich der Flugsicherung zu ergreifen. Österreich hat
diese Möglichkeit zusammen mit sechs angrenzenden Staaten ergriffen und wird seine Flugsi -
cherungsdienste im oberen Luftraum im Rahmen des Projektes CEATS (Central Buropean Air
Traffic Services) ab ca. 2006 von Wien aus durch die EUROCONTROL betreiben lassen. Eine
ähnliche Lösung gibt es bereits seit langem für die Beneluxstaaten und den Nordwesten
Deutschlands im Rahmen der Flugsicherungszentrale Maastricht. Ferner prüfen sowohl die
skandinavischen Staaten als auch Frankreich und die Schweiz Möglichkeiten einer Zusammen -
fassung der jeweiligen nationalen Flugsicherungen, so dass mittelfristig die bestehenden 55
nationalen Flugsicherungszentralen sinnvoll reduziert werden und so der Weg zu einer ein -
heitlichen europäischen Flugsicherung geebnet sein sollte.
Zu Frage 5:
Soweit die in Betracht kommenden Beitrittsländer betroffen sind, so sind diese ausnahmslos
bereits jetzt Mitglieder der EUROCONTROL und der Europäischen Zivilluftfahrtskonferenz
(ECAC), und haben somit Kenntnis der europäischen Harmonisierungs - und Vereinheitli -
chungspläne. Es wird Aufgabe der EU sein, geplante Maßnahmen im Bereich der Flugsicherung
bereits vorab auf eine breite Basis zu stellen und für die rechtzeitige Einbeziehung der Beitritts -
länder Sorge zu tragen. Die tschechische und slowakische Republik, Ungarn, Kroatien und
Slowenien (als EU Beitrittswerber) nehmen am Projekt CEATS teil und leisten somit bereits
jetzt einen wesentlichen Beitrag zur Vereinheitlichung der europäischen Flugsicherung.