676/J

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Motter, Firlinger und Partner/innen haben am 23.  Mai 1996 unter der Nr. 650/J an mich beiliegende schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Creutzfeldt-Jakob-Syndrom gerichtet.

 

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

 

Zu den in der Präambel der gegenständlichen Anfrage enthaltenen Ausführungen ist zu bemerken, daß weder in Deutschland noch in Österreich Fleisch deutscher Rinder, bei denen BSE diagnostiziert wurde, vermerktet wurde.  Bei den insgesamt vier Rindern in der Bundesrepublik, bei denen BSE diagnostiziert wurde, handelte es sich um Rinder, die im Vereinigten König­reich geboren wurden; nach der BSE-Diagnose wurden die vier --Tierkörper vernichtet.

 

 

zu den Fragen 1, 9 und 10:

 

Durch die Verordnung BGBl.  Nr. 156/1996 wurden Todesfälle subakuter spongiformer Enzephalopathien in die Anzeigepflicht nach dem Epidemiegesetz 1950 einbezogen.  Die Formulierung

 

"Subakute spongiforme Enzephalopathien" umfaßt auch das Creutzfeldt-Jakob Syndrom.

 

Wenngleich bereits vor der Einführung dieser gesetzlichen Meldepflicht durch enge Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher Ebene ein guter Überblick über das Auftreten solcher Krankheitsfälle in Österreich bestand, gibt es derzeit keine Unterlagen, die eine Aufschlüsselung der Todesfälle nach einzelnen Bundesländern darstellen.  Die Erarbeitung einer "Landkarte" für Österreich, aus der das Auftreten von CJ-Erkrankungen in den einzelnen Bundesländern ersichtlich ist, wurde vor kurzem am Referenzzentrum für Prionen-Erkrankungen durch Prof.  Dr. Budka begonnen.

 

Zu Frage 2:

 

Der Oberste Sanitätsrat war im April 1994 mit der Thematik BSE bzw.  Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung befaßt.  Damals wurde vom Obersten Sanitätsrat der Status quo in Österreich diskutiert und die Empfehlung abgegeben, ein Creutzfeldt-Jakob-Register in Österreich bzw. im internationalen Verbund aufzubauen.  Im Rahmen des Forschungsprogrammes der EU "BIOMED I" wurde ein österreichisches Projekt, welches unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Herbert Budka steht, finanziert.  Dieses Projekt hat die europaweite Erforschung von Prionenkrankheiten zum Ziel.  Am Klinischen Institut für Neurologie der Universität Wien werden daher im Rahmen dieses Projektes die europaweiten --Daten über chronische spongiforme Enzephalopathien bei Menschen gesammelt und wissenschaftlich evaluiert.

 

Zu den Fragen 3 und 4:

 

Am Klinischen Institut für Neurologie der Universität Wien wurde ein österreichisches Referenzzentrum für

Prionenkrankheiten etabliert, dessen laufender Betrieb aus Mitteln meines Ressorts finanziert wird.  Da dieses Referenzzentrum im Rahmen des oben angeführten BIOMED-Projektes federführend in die europäischen Forschungsaktivitäten eingebunden ist, erscheint eine neuerliche Befassung des Obersten Sanitätsrates derzeit nicht erforderlich.

 

Zu Frage 5:

 

Zur Überwachung eines möglichen Anstiegs der

 

Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen in Österreich wurde mit dem fahrenden Experten in Österreich, Univ.-Prof. Dr. Budka, ein Werkvertrag geschlossen, der die laufende Information meines Ressorts über die Zahl der Erkrankungen inkludiert.  Dieser Vertrag ist vorerst für drei Jahre befristet.  Im einzelnen ist auch auf die Beantwortungen der Fragen 2 und 3 zu verweisen.  Die angesprochenen budgetären Vorgaben haben daher im gegebenen Zusammenhang keine Auswirkungen.

 

Im übrigen ist anzumerken, daß Grundlagenforschung in bezug auf den möglichen Zusammenhang zwischen BSE und

Creutzfeldt-Jakob-Syndrom in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst fällt.

 

Zu Frage 6:

 

Im Rahmen der Konferenz der Sanitätsdirektoren und im Rahmen der Dienstbesprechungen mit den Leitern der Bundesstaatlichen Institute für bakteriologisch serologische Untersuchungen in Wien, Linz, Klagenfurt, Graz, Salzburg und Innsbruck wurden schon ab 1994 verschiedene Fragen betreffend BSE diskutiert.

 

Die Gesamtproblematik BSE wurde am 11.  April 1996 im Hinblick auf die veterinärpolizeilichen Erfordernisse in einer Sondersitzung der Landesveterinärdirektoren unter Beiziehung. von Vertretern des BMLF behandelt.  Grundsätzlich dienen die von der EU und von der österreichischen Veterinärverwaltung getroffenen Maßnahmen für den Fall, daß eine Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen (sei es in Form des Creutzfeldt-Jakob­Syndroms oder anderen Krankheitserscheinungen) nicht ausgeschlossen werden kann, auch einer entsprechenden Minimierung des Gesundheitsrisikos für den Menschen.

 

Zu Frage 7:

 

Epidemiologische und klinische Studien kommen zu dem Ergebnis, daß subakute spongiforme Enzephalopathien beim Menschen sporadisch auftreten, aber auch infektiös oder genetisch bedingt vorkommen können.  Die in Großbritannien in jüngster Zeit beobachtete Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit hat einen Zusammenhang mit der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) nahegelegt.  Dieser Zusammenhang kann jedoch derzeit wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden, eine Übertragung vom Rind auf den Menschen ist aber andererseits derzeit nicht auszuschließen.  Die österreichische Ärzteschaft wurde von meinem Ressort in diesem Sinne informiert.

 

Zu Frage 8:

 

Die österreichischen Ärzte, insbesondere die relevanten Abteilungen von Krankenanstalten, wurden aufgefordert, sich ab sofort bei Verdachtsfällen von subakuten spongiformen Enzephalopathien zur eingehenden Abklärung mit dem Klinischen Institut für Neurologie der Universität Wien in Verbindung zu setzen.

 

In diesem Zusammenhang wurde die Ärzteschaft auch über die Meldepflicht für Todesfälle an subakuten spongiformen Enzephalopathien informiert.

 

--Zu Frage 11:

 

Seitens der EU ist vorgesehen, europaweit epidemiologische Daten über Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen zu sammeln, diese zu evaluieren und das Auftreten von Prionenerkrankungen bei Menschen verstärkt zu erforschen.  Die Einführung einer entsprechenden gesetzlichen Meldepflicht für

Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen obliegt den einzelnen europäischen Staaten.

 

Zu Frage 12:

 

1994 hat mein Ressort in einem Erlaß detailliert festgelegt, welche Sicherheitskriterien zur Vermeidung eines BSE-Risikos für in Österreich in Verkehr befindliche Arzneimittel einzuhalten sind.  Neben vielen anderen Parametern zur Risikoverminderung ist dort u.a. festgelegt, daß Rinder aus dem Vereinigten Königreich nicht zur Arzneimittelherstellung verwendet werden dürfen.  Eine Gefährdung von Patienten durch Arzneimittel ist damit nach menschlichem Ermessen auszuschließen.

 

Zu Frage 13

 

In wissenschaftlichen Versuchen wurde die Möglichkeit der Übertragung von BSE auf andere Tierspezies überprüft.  Neben einer Dosisabhängigkeit wurde auch festgestellt, daß die Erregerübertragung ausschließlich über bestimmte Organsysteme, in denen der Erreger Oberhaupt vorhanden ist, erfolgte.  Insbesonders sind dies Gehirn und Rückenmark sowie gewisse Darmabschnitte und innere Organe.  Mit Muskelfleisch ist eine Erregerübertragung noch nie nachgewiesen worden.

 

Diese potentiell gefährlichen Organe werden im Vereinigten Königreich im Zuge der Schlachtung gesunder Tiere entfernt und gelangen bei korrekter Schlachttechnik nicht in die Nahrungskette.  Italienisches Sugo aus britischem oder anderem Rindfleisch zählt nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand nicht zu den potentiell gefährlichen Lebensmitteln.  Darüber hinaus ist aufgrund der Entscheidung der Kommission vom 27. März 1996 (E 96/239/EG), geändert durch die Entscheidung der Kommission vom 11.  Juni 1996 (E 96/362/EG), unter anderem auch das Verbringen von Fleisch von im Vereinigten Königreich geschlachteten Rindern nach den anderen Mitgliedstaaten und der Export in Drittländer verboten.

 

Die COLIPA (Internationaler Fachverband der

 

Kosmetikahersteller) hat bereits 1991 ihre Mitglieder angewiesen, Stoffe aus tierischem Material nur von BSE-freien Tieren zu verwenden.  Die Generaldirektion XXIV der EU

 

(zuständig unter anderem für Kosmetika) sieht daher aufgrund dieser Festlegung keinen diesbezüglichen Handlungsbedarf.  Es besteht daher kein Anlaß, bestimmte dem Lebensmittelgesetz unterliegende Waren als "potentiell gefährlich" einzustufen und in einer Liste zu veröffentlichen.

 

Zu den Fragen 14 und 15:

 

Die Scrapie, eine spongiforme Encephalopathie bei Schafen, ist seit mehr als 200 Jahren wissenschaftlich bekannt; sie kommt unter anderem auch im Vereinigten Königreich vor.  Diese Krankheit war Ursache für das Auftreten von BSE in der britischen Rinderpopulation, da das Vereinigte Königreich die Temperaturen bei der Verarbeitung verendeter oder getöteter Tiere zu Tierkörpermehl unzulässig reduziert und diese kontaminierten Eiweißfuttermittel zur Leistungssteigerung bei Rindern massiv eingesetzt hat.  Eine Rückübertragung von BSE über die Verfütterung - der derzeit einzige wissenschaftlich vorstellbare Weg einer allfälligen Übertragung des Erregers von Rind zum Schaf - in die Schafpopulation ist aufgrund des Verbotes der Verfütterung solcher Futtermittel an alle Wiederkäuer im Vereinigten Königreich auszuschließen.

 

Ein Importverbot britischer Schafe würde demnach jeder wissenschaftlich haltbaren Grundlage entbehren.  Eine Forderung dieses Verbotes bei der EU wäre ein österreichischer Alleingang und somit auch nicht zielführend.

 

Zu Frage 16:

 

Die Einfuhr von Rindern aus der Schweiz nach Österreich ist gemäß Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 26.  März 1996 verboten.

 

Zu Frage 17:

 

Die Experten der Veterinärverwaltung stehen seit Jahren und insbesondere in den letzten Monaten der Öffentlichkeit mit Informationen im Zusammenhang mit BSE zur Verfügung.

 

Diese Möglichkeit der direkten Fragestellung wird seitens der Bevölkerung auch intensiv genutzt.  Darüberhinaus wurden interessierten Medien zahlreiche Informationen zur Verfügung gestellt, deren Inhalt jedoch nicht immer zur objektiven Berichterstattung, sondern teilweise auch zur Publikation von negativen 'Schlagzeilenmeldungen" verwendet wurde.

 

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen meines Ressorts sind jedoch weiterhin gerne bereit, sämtliche Auskünfte zu Fragen in Zusammenhang mit BSE zu erteilen.