803/AB

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Blindenführhunde in Geschäf-

ten, Restaurants und öffentlichen Einrichtungen, gerichtet und folgende Fragen ge-

stellt:

 

''1. In weIchen Gesetzestexten ist die Mitnahme von Blindenführhunden in Ge-

schäfte, Restaurants, öffentliche Einrichtungen, Dienstleistungsbetriebe etc.

geregelt?

 

2. Werden Sie eine bundesweite gesetzIiche Regelung für die Mitnahme von Blin-

denführhunden in Geschäfte, Restaurants, öffentIiche Einrichtungen, Dienstlei-

stungsbetreibe etc. schaffen?

Wenn nein, warum nicht?

 

3. Sind Sie der Meinung, daß ein Antidiskriminierungsgesetz für behinderte Men-

schen den oben beschriebenen Mißstand beseitigen könnte?''

 

 

lch beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1 :

Eine ausdrückliche Regelung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Mitnah-

me von Blindenführhunden in private oder öffentliche Einrichtungen findet sich we-

der im ZiviIrecht noch im gerichtlichen Strafrecht noch in dem ebenfalls im Vollzugs-

bereich des Bundesministers für Justiz liegenden Justizverwaltungsrecht. Soweit die

Anfrage andere verwaltungsrechtliche Materien anspricht, muß ich auf die Zustän-

digkeit der jeweils in Betracht kommenden Ressortleiter sowie auch auf die Kompe-

tenz der Länder verweisen.

 

Mittelbar können allerdings für das der Anfrage zugrunde liegende Anliegen unter

Umständen auch die Bestimmungen des Zivilrechts nutzbar gemacht werden. Der

Oberste Gerichtshof hat nämlich - in anderem Zusammenhang - in seinem Erkennt-

nis vom 24. Oktober 1990, SZ 63/190, ausgesprochen, daß selbst außerhalb des

eigentlichen ''Kontrahierungszwangs'' jeder diffamierende Ausschluß von der lnan-

spruchnahme einer Leistung unzulässig sei, sofern nicht eine hinreichende sachIi-

che Rechtfertigung gegeben sei. Das Höchstgericht hat diese Ausführungen mit der

''mittelbaren Drittwirkung'' des Grundrechts auf Ehre und dem Gebot der verfas-

sungskonformen Auslegung ziviIrechtIicher Bestimmungen begründet.

 

Demnach kann ein unbegründeter und diffamierender (also diskriminierender) Aus-

schluß behinderter und insbesondere auch blinder Menschen von Leistungen -

selbstverständlich unvorgreiflich der unabhängigen Rechtsprechung - den guten Sit-

ten im Sinn des § 879 Abs. 1 ABGB widersprechen. Bei einer solchen Beurteilung

der Sittenwidrigkeit eines aIIfälIigen ''Lokalverbots'' wird entscheidend auf die Um-

stände des EinzelfaIls abzustellen sein.

 

Zu 2:

Soweit die Anfrage hier auf die in die Zuständigkeit des Bundesministers für Justiz

fallenden Wirkungsbereiche abstellt, darf auf die oben dargestellte Rechtsprechung

verwiesen werden. Die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen scheinen für die

legitimen AnIiegen behinderter und insbesondere auch blinder Menschen einen aus-

reichenden Schutz zu bieten. Die Vorbereitung allfälliger weiterer - verwaltungs-

rechtlicher - Regelungen fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich meines Ressorts.

Zu 3:

Vor dem Hintergrund der erwähnten Rechtsprechung halte ich es für fraglich, ob

und inwieweit ein ''Antidiskriminierungsgesetz'' dem in der Anfrage behaupteten Miß-

stand abhelfen kann. Auch ein ''Antidiskriminierungsgesetz'' wird nämlich nicht um-

hin können, diejenigen Fälle ausdrücklich oder zumindest erschließbar zu umschrei-

ben, in denen ein Verbot der Mitnahme von Hunden (und damit auch von Blinden-

führhunden) sachlich gerechtfertigt ist.