816/AB
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 761/J-NR/1996
betreffend Nachbarschutz gegen Lärmbelästigung von seiten
religiöser Vereinigungen, die die Abgeordneten Anschober und
FreundInnen am 13 . Juni 1996 an mich richteten, wird wie folgt
beantwortet :
1 . Ist Ihnen der Fall der Probleme rund um die Jedidja-Vereini-
gung in Wels bekannt?
Antwort :
Die Probleme rund um die Jedidja-Vereinigung in Wels wurden mir
erst durch die vorliegende Anfrage bekannt .
2 . Teilen Sie die Rechtsmeinung der Welser Gewerbebehörde, daß
religiöse Vereinigungen weder dem Vereinsgesetz noch dem
Gewerbegesetz unterliegen und es daher keinerlei Handhabe
gäbe.
Antwort :
Es trifft zu, daß Kirchen und Religionsgesellschaften als
solche weder dem Vereinsgesetz noch der Gewerbeordnung unter-
liegen.
3. Welche Schutzmöglichkeit für betroffene Anrainer sehen Sie
in derartig gelagerten Fällen?
Antwort:
Die Meinung, daß sich die Anrainer wegen des ungeklärten recht-
lichen Status der Vereinigung nicht gegen die Lärmbelästigung
wehren können, ist schon deshalb unzutreffend, weil sie diese
Immissionen auch durch eine Klage nach §§ 364 ff AGBG gegen den
Grundstückeigentümer zivilrechtlich bekämpfen, ihre Abstellung
und allenfalls auch Schadenersatz verlangen können. Die Anfrage
betrifft jedoch keinen Gegenstand der Vollziehung (i.S. des
§ 30 GOG) im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Unter-
richt und kulturelle Angelegenheiten. Allfällige verwaltungs-
strafrechtliche Maßnahmen hätte das Land Oberösterreich (bzw.
der Magistrat Wels als Bezirksverwaltungsbehörde) auf Grund des
oberösterreichischen Polizeistrafgesetzes zu treffen (unge-
bührliche Lärmerregung) ; in dieser Hinsicht handelt es sich
daher um eine Angelegenheit der Landesvollziehung.
4 . Wird von Ihrem Ressort eine konkrete Rechtsänderung ange-
strebt, um den Schutz von Anrainern auch im Fall von
religiösen Vereinigungen ermöglichen zu können? Wenn ja, wie
sollen derartige Regelungen aussehen? Wenn nein, warum
nicht?
Antwort:
Für die vorgeschlagenen Rechtsänderungen besteht keine Zustän-
digkeit meines Ressorts. Es ist zu bemerken, daß in Öster-
reich die Freiheit der öffentlichen und privaten Religions-
ausübung besteht, wobei jedoch allgemeine staatliche Gesetze
Anwendung finden. Entsprechend dem Art. 9 Abs. 2 der Konven-
tion zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
BGBl.Nr. 210/1958, darf die Religions- und Bekenntnisfreiheit
''nicht Gegenstand anderer als von Gesetz vorgesehener Beschrän-
kungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwen-
dige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der
öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz
der Rechte und Freiheiten anderer sind'' .